Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Ritus
(1595; L081 FWb) < lat. ritus;1.1 ›Brauch, nach dem eine kultische Handlung, v. a. der Gottesdienst, abläuft‹, ↑ "Liturgie";
1.2 früh auch im Sinne von Ritual(1.2) (s. unten), inzwischen über die Anthropologie erweitert in Zusammensetzungen wie Initiationsritus, Übergangsritus, heute auch abgeblaßt zur Bezeichnung alltäglicher Gewohnheiten: wenn sie hörte, daß ihr Mann das Gartentor schloß, trat sie ans Fenster, hob lächelnd die Hand, das war Ritus (Loest; L098 2GWb), daher abwertend eingefahrener Ritus.
Ritual (1701; L081 FWb) < lat. rituale (Adjektiv Neutr. zu ritus s. oben; vgl. Rituale Romanum 1614);
1.1 wie Rituel ( < franz. rituel) ›Kirchenbuch, das die religiösen Bräuche enthält‹ (heute veraltet) bzw. ›Gesamtheit dieser Bräuche‹; zum kultischen Bereich auch Ritualbad, Ritualhandlung, Ritualmord; seit dem 18. Jahrhundert, z. B. bei den Freimaurern, auch weltlich
1.2 ›Festbrauch, Zeremoniell‹ (Aufnahmeritual); im 20. Jahrhundert über ⇓ "S180" Psychologie und Verhaltensforschung ⇓ "S037" bildungssprachlich
1.3 ›stereotypes Handlungs- bzw. Verhaltensmuster‹ wie er mit letzter Präzision den Federhalter putzt – und dieses Ritual auch noch erläutert(Hochhuth; L097 GWb); z. B. auch Grußritual; ferner auf Tiere bezogen (Kampfritual, Werberitual); dazu im 19. Jahrhundert
Ritualist (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Kenner, Anhänger des Rituals(1.1)‹,
Ritualistik (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Lehre vom Ritual(1.1)‹;
Ritualismus (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Festhalten am Ritual(1.1)‹, besonders in der anglikanischen ⇓ "S110" Kirche des 19. Jahrhunderts, entsprechend dem Englischen; ⇓ "S149" jüngst
ritualisieren (1970; L081 FWb) < ⇓ "S059" engl. ritualize, fachsprachlich in Psychologie und Verhaltensforschung, allgemeiner ⇓ "S037" bildungssprachlich ›zum Ritual(1.3) stilisieren‹;
rituell (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.) < franz. rituel, zunächst ›dem Ritus(1.1) bzw. Ritual(1.1) gemäß‹, seit der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts entsprechend Ritual(1.3).
1.2 früh auch im Sinne von Ritual(1.2) (s. unten), inzwischen über die Anthropologie erweitert in Zusammensetzungen wie Initiationsritus, Übergangsritus, heute auch abgeblaßt zur Bezeichnung alltäglicher Gewohnheiten: wenn sie hörte, daß ihr Mann das Gartentor schloß, trat sie ans Fenster, hob lächelnd die Hand, das war Ritus (Loest; L098 2GWb), daher abwertend eingefahrener Ritus.
Ritual (1701; L081 FWb) < lat. rituale (Adjektiv Neutr. zu ritus s. oben; vgl. Rituale Romanum 1614);
1.1 wie Rituel ( < franz. rituel) ›Kirchenbuch, das die religiösen Bräuche enthält‹ (heute veraltet) bzw. ›Gesamtheit dieser Bräuche‹; zum kultischen Bereich auch Ritualbad, Ritualhandlung, Ritualmord; seit dem 18. Jahrhundert, z. B. bei den Freimaurern, auch weltlich
1.2 ›Festbrauch, Zeremoniell‹ (Aufnahmeritual); im 20. Jahrhundert über ⇓ "S180" Psychologie und Verhaltensforschung ⇓ "S037" bildungssprachlich
1.3 ›stereotypes Handlungs- bzw. Verhaltensmuster‹ wie er mit letzter Präzision den Federhalter putzt – und dieses Ritual auch noch erläutert(Hochhuth; L097 GWb); z. B. auch Grußritual; ferner auf Tiere bezogen (Kampfritual, Werberitual); dazu im 19. Jahrhundert
Ritualist (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Kenner, Anhänger des Rituals(1.1)‹,
Ritualistik (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Lehre vom Ritual(1.1)‹;
Ritualismus (L272 W. F. Salzmann 1847) ›Festhalten am Ritual(1.1)‹, besonders in der anglikanischen ⇓ "S110" Kirche des 19. Jahrhunderts, entsprechend dem Englischen; ⇓ "S149" jüngst
ritualisieren (1970; L081 FWb) < ⇓ "S059" engl. ritualize, fachsprachlich in Psychologie und Verhaltensforschung, allgemeiner ⇓ "S037" bildungssprachlich ›zum Ritual(1.3) stilisieren‹;
rituell (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.) < franz. rituel, zunächst ›dem Ritus(1.1) bzw. Ritual(1.1) gemäß‹, seit der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts entsprechend Ritual(1.3).