Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Riß
ahd. rizBuchstabe‹, ›Furche‹, mhd. riz zu "reißen";1 gewöhnlich zu reißen(4) und (7) ›eine durch Bersten entstandene Spalte, wobei die Teile nicht vollständig getrennt werden‹: Riß in der Haut, in einem Gefäß, in einem Felsen, in einer Holz- oder Steinwand, in einem Kleid. A180 Martin Luther gebraucht Riß für ein hereinbrechendes Unheil, z. B. er wollte sie vertilgen, wo nicht Mose, sein Auserwählter, den Riß aufgehalten hätte; so ist auch Hesekiel 22,30 zu fassen: Ob jemand sich eine Maur machete / und wider den Riss stünde gegen mir fur das Land / das ichs nicht verderbete. Auf diesem biblischen Gebrauch beruht wohl auch die bis ins 18. Jahrhundert übliche Wendung vor den Riß treten/ stehenschützend für etwas Bedrohtes eintreten‹: Moses… ist vor den schweren Riß getreten (Opitz, nach Psalm 106,23); sie wurde aber umgedeutet, indem man Riß als Bresche in einer Festungsmauer gefaßt hat, wonach dann auch vor anders gefaßt werden mußte. Seit dem 19. Jahrhundert in diesem Sinn »in die Bresche treten, springen« (L019 Wilhelm Borchardt 84); übertragen ›Spaltung einer menschlichen Verbindung, Zerwürfnis‹;
2 im Anschluß an reißen(2) veraltet ›Zeichnung‹, besonders ›Entwurf für ein Gebäude‹, noch in den Zusammensetzungen "Abriß", "Aufriß", "Grundriß", "Umriß".
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