Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
reizen
ahd. reizzen, mhd. reizen, Faktitivum zu ↑ "reißen". Es bezeichnet allgemein eine auf ein lebendes Wesen ausgeübte Erregung, die Bewegung, Tätigkeit hervorbringt. Es kann damit eine Unlustempfindung verknüpft sein (Zorn, Verdruß); auch im Sinne von ›locken‹: mich reizt deine schöne Gestalt(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Erlkönig). Beim Skat ohne Objekt: ich reize; der Nebensinn von Unlust erhalten in dem adjektivisch gebrauchten Partizipgereizt »namentl. von Personen« (L267 Daniel Sanders HWb.) in gereiztem Ton antworten(ebenda) ⇓ "S075" ; »das mittelwort« (L004 Johann Christoph Adelung)
reizend (L169 Matthias Kramer 1678) ⇓ "S028" mit positiver Konnotation v. a. »in neuerer Sprache.. in ganz adjectiv. gebrauch« (L059 DWb) ›anmutig, anziehenddu bist reizend, o mond(Hölty; L059 DWb). Aus dem Verb abgeleitet ist
Reiz
1 (L305 Christoph Ernst Steinbach 1734) ›Vorgang des Reizens‹, so im ⇓ "S180" physiologisch-psychologischen Sinn (Nervenreiz, Hustenreiz u.dgl.); weiterhin
2 (Gellert, I.Kant; L059 DWb) ›Beschaffenheit eines Gegenstandes, die geeignet ist zu reizen‹. Dann immer mit Erzeugung einer Lustempfindung, so daß es sich zu reizend stellt, häufig im Plural, zusammengesetzt
Liebreiz (1648 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt). Im 18. Jahrhundert dafür noch häufiger
Reizung, schon mhd. reizunge, jetzt nur noch ⇓ "S132" medizinisch;
Reizwort »herausforderndes, unwillen erregendes wort« (L059 DWb), zuerst 1598 (ebenda): mein Reizwort ist / jedes Wort (P.Handke, Die Reizwörter);
reizbarleicht zu reizen‹ und zwar sowohl
1.1leicht erregbar‹: ergießungen einer allzu reizbaren galle (Wieland; L109 Moriz Heyne) wie
1.2empfindlich‹: reizbares mädchen (Goethe; L059 DWb), gebucht L003 Johann Christoph Adelung 1777;
reizlos »bildung der modernen sprache« (L059 DWb 1893), auch ⇓ "S132" medizinisch »frei von erregung« (ebenda);
reizvollverlockend‹: reizvoll klinget des ruhms lockender silberton / in das schlagende herz (Klopstock; ebenda).
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