Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
reif
ahd. rifi, mhd. rife, westgermanisch (engl. ripe), gehört zu einem altenglischen Verb ripan(engl. reap) ›ernten‹. Ursprünglich nur auf Früchte bezogen, die so weit sind, daß sie eingeerntet werden können, wird es auf alles übertragen, was zum Abschluß einer Entwicklung gelangt ist: reifes Mädchen, Geschwür, reifer Mann, Wein (flaschenreif), Verstand, Plan; Oh Zarathustra, deine Früchte sind reif, aber du bist nicht reif für deine Früchte! (1883 A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 189). In welcher Hinsicht der Abschluß erreicht ist, wird durch zu ausgedrückt: reif zur Ausführung; literarisch, durch Klopstock eingeführt, der bloße Dativ: dem ernsten Gerichte, dem Tode reif; das Jahrhundert ist meinem Ideal nicht reif(Schiller). Ungenaue Verknüpfung bei reifere Jahre statt Jahre, worin man reifer ist u.dgl. Als Adverb wirdreiflich (1495; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) verwendet, das nur in übertragenem Sinn vorkommen kann (reiflich erwägen); ungewöhnlich reif zu überlegen (Schiller). Auch als Adjektiv wird reiflich verwendet, aber nur neben Tätigkeitsbezeichnungen (reifliche Überlegung). Die Bedeutung der Ableitungen
Reife (ahd. rifi, aber mhd. rifecheit),
reifen (ahd. rifen, rifen) entsprechen der des Adjektivs, allgemein ist reifennur als Intransitivum, transitiv ist es fast nur literarisch: die Sonne reifte das Getreide (Brockes). Das Partizip gereift häufig rein adjektivisch.
Reifeprüfung,
ReifezeugnisAbiturprüfung‹ bzw. ›Abiturzeugnis‹ (L273 Otto Sarrazin 21889), vorher schon Zeugnis der Reife (L111 Johann Christian August Heyse 1853) als Lehnübersetzung von Maturitäts-Examen.
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