Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
rechnen
ahd. rechanon, westgermanisch (engl. reckon). ⇓ "S130" Ursprüngliche Bedeutung ›in Ordnung bringen‹, verwandt mit dem mittelhochdeutschen Adjektiv gerech, mittelniederdt. rekenin Ordnung‹. Übertragen ›zählen, kalkulieren, planen‹: Wie hatte Herakles damit rechnen können,… wie hatte er glauben… können, daß eine vereinzelte Tat als Beispiel genüge (P.A276 Peter Weiss, Ästhetik I,22). In Verbindung mit Präpositionen mit etwas rechnen, auf etwas rechnen, auch als Partikelverben: "abrechnen", nachrechnen, ausrechnen. Dazuausgerechnet »gerade, durchaus« (L242 Richard Pekrun 1933): die Menschen fliehen… ausgerechnet ineinander, wo immer schon einer ist (A140 Elfriede Jelinek, Lust 238).
Rechenschaft rechinschaft (Ende des 14. Jahrhunderts; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) ›Berechnung, Abrechnung‹, bei Luther der heutige Gebrauch ›Rechtfertigung des eigenen Handelns‹.
Rechner"S043"elektronische Rechenanlage‹ (L238 Gerhard Paulin 1967, s. v. Analogrecher, Digitalrechner, Prozeßrechner), dafür älter
Rechenmaschine (18. Jahrhundert; L337 WdG): mit den neuen Rechenmaschinen zu arbeiten, die nur für Kriegsprojekte freigegeben waren (A159 Heinar Kipphardt, Oppenheimer 262), als Verdeutschung für ↑ "Computer" hat sich Rechner außerhalb der Fachsprache nicht durchgesetzt, weil (Personal-)Computer eben nicht zum Rechnen, sondern zur Texterfassung genutzt werden; dazu ⇓ "S043" rechnergesteuert (Die Zeit 26.7.1985, 21), rechnergestützt (L098 2GWb).
Rechnung ahd. rechenunga, früher nicht selten ›Rechenschaft‹: wir sind euch davon keine Rechnung schuldig (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 8,123,18), seit dem 16. Jahrhundert (L277 Alfred Schirmer, Kaufmannssprache) in der ⇓ "S106" Kaufmannsprache nach ital. conto, vor allem ›Verzeichnis von etwas Geliefertem oder Geleistetem mit Preisangabe‹: Ein Mann hatte einmal die Stromrechnung nicht bezahlt, so daß ihm die Stadt das Licht abdrehte (R.A289 Ror Wolf, Männer 60), dazu
die Rechnung ohne den Wirt machen (L308 Kaspar Stieler 1691), jedoch schon zuvor Wie der Papst on seinen Wirt gerechnet gehabt (Fischart; L258 Lutz Röhrich),
auf seine Rechnung kommenzufriedengestellt werden‹: Hier wird nicht dem Theater gegeben, was des Theaters ist. Hier kommen sie nicht auf ihre Rechnung (A104 Peter Handke, Publikumsbeschimpfung 18);
unzurechnungsfähig (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts; L059 DWb) ⇓ "S124" Lehnübersetzung von niederländ. ontoerekenbar, zunächst auch ›was nicht zugerechnet werden kann‹, heute nur ›geistig gestört oder zurückgeblieben‹ und insofern nicht rechtsfähig. Seltener
zurechnungsfähig (19. Jahrhundert; L059 DWb) wer nicht zurechnungsfähig ist, gilt als geistig gestört (Hebbel; ebenda).
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