Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Ration
entlehnt aus mittellat. ratio ›berechneter, abgemessener Anteil‹ (aus lat. ratio›Rechnung, Berechnung‹). Im Deutschen vereinzelt seit dem 16. Jahrhundert (L081 FWb)1 ›vernünftiger Grund, Ursache‹ (gebucht L330 Johann Christian Wächtler 1709): was können sie mir vor eine ration geben (ebenda), veraltet;
2 ›zugeteilte Menge, Portion‹, in dieser Bedeutung schon im 16. Jahrhundert (»Ractzion«, Köhler 1534; L081 FWb), unter Einfluß von franz. ration ›berechneter Anteil‹ im 18. Jahrhundert häufiger, zuerst in der Heeressprache als »Krieg-Wort« (gebucht L297 Sperander 1727) ›für einen Tag zugeteilte Menge an Lebensmitteln‹, dabei in Konkurrenz zu ↑ "Portion": Bey den Landtruppen… führet nur das Maß an Futter, welches zum Behuf der Pferde ausgetheilet wird, den Namen der Ration; im Unterschiede von der Portion (L004 Johann Christoph Adelung), Mitte des 19. Jahrhunderts (L245 2W.Pfeifer) verallgemeinert zu ›Maß, Portion‹, im 20. Jahrhundert (ebenda) vor allem ›die dem Einzelnen in Not- und Kriegszeiten zukommende Menge an Lebensmitteln und Verbrauchsgütern‹ wir.. sind beinahe in der Lage des Soldaten im Kampf, der seine Tagesration auf einmal aufißt (Süddeutsche Zeitung 22.12.1950; L081 FWb), auch z. B. auf Liebe und Glück übertragen; dazu redensartlich
⊚ eiserne Ration im Sinne von ›Proviant für Notfälle‹;
rational < lat. rationalis (zu ratio ›Berechnung, Vernunft‹),
1.1 ›von Vernunft bestimmt‹ (s. unten Rationalismus), in der ⇓ "S130" Mathematik ›berechenbar‹, Gegensatz irrational (beides 1525; L276 Alfred Schirmer, Mathematik), im 20. Jahrhundert auch ökonomisch
1.2 ›zweckmäßig, effizient‹; anfangs gleichbedeutend
rationell (1798; L081 FWb) < franz. rationnel, über ökonomisch ›zweckmäßig‹ erst im 20. Jahrhundert zu ›gewinnbringend‹ (Gegensatz unrationell) entwickelt, vgl. rationalisieren (s. unten).
Rationalismus ⇓ "S061" (1711; L081 FWb) < lat. rationalismus, engl. franz. rationalism(e), als ⇓ "S168" philosophische Lehrmeinung, nach der die Vernunft die primäre Quelle der Erkenntnis ist, oft dem Sensualismus und "Empirismus" gegenübergestellt, in der Theologie seit ca. 1790 als »Vernunftglaube« (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.) dem Offenbarungsglauben bzw. Supranaturalismus gegenübergestellt (3L252 RGG); entsprechend
Rationalist (1736; L081 FWb), unter Einfluß von engl. rationalist (L083 Peter F. Ganz) < lat. rationalista, als »Vernunftgläubiger« den »Supernaturalisten« gegenübergestellt (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.).
Rationalität (vereinzelt mathematisch 1553; L081 FWb), ›Vernünftigkeit‹ gebucht 1838 (L011 Eduard Beer, L111 Johann Christian August Heyse), älter Rationabilität; in modernen Handlungstheorien etwa ›Verstehbarkeit, Erklärbarkeit‹, vgl. M.Webers Begriff Zweckrationalität.
rationalisieren wohl < franz. rationaliser;
1 »rationalistisch denken« (L111 Johann Christian August Heyse 51829), auch allgemein ›philosophieren‹, dann im Kontext ökonomischer Theorien der 1920er Jahre (M.Weber u.a) verändert zu
2 ›den Produktionsprozeß möglichst kostensparend gestalten‹; entsprechend
Rationalisierung »Einstellung der Wirtschaft auf möglichste Einheitlichkeit« (L056 Duden 101929), heute v. a. mit der Idee der Automation verbunden.
2 ›zugeteilte Menge, Portion‹, in dieser Bedeutung schon im 16. Jahrhundert (»Ractzion«, Köhler 1534; L081 FWb), unter Einfluß von franz. ration ›berechneter Anteil‹ im 18. Jahrhundert häufiger, zuerst in der Heeressprache als »Krieg-Wort« (gebucht L297 Sperander 1727) ›für einen Tag zugeteilte Menge an Lebensmitteln‹, dabei in Konkurrenz zu ↑ "Portion": Bey den Landtruppen… führet nur das Maß an Futter, welches zum Behuf der Pferde ausgetheilet wird, den Namen der Ration; im Unterschiede von der Portion (L004 Johann Christoph Adelung), Mitte des 19. Jahrhunderts (L245 2W.Pfeifer) verallgemeinert zu ›Maß, Portion‹, im 20. Jahrhundert (ebenda) vor allem ›die dem Einzelnen in Not- und Kriegszeiten zukommende Menge an Lebensmitteln und Verbrauchsgütern‹ wir.. sind beinahe in der Lage des Soldaten im Kampf, der seine Tagesration auf einmal aufißt (Süddeutsche Zeitung 22.12.1950; L081 FWb), auch z. B. auf Liebe und Glück übertragen; dazu redensartlich
⊚ eiserne Ration im Sinne von ›Proviant für Notfälle‹;
rational < lat. rationalis (zu ratio ›Berechnung, Vernunft‹),
1.1 ›von Vernunft bestimmt‹ (s. unten Rationalismus), in der ⇓ "S130" Mathematik ›berechenbar‹, Gegensatz irrational (beides 1525; L276 Alfred Schirmer, Mathematik), im 20. Jahrhundert auch ökonomisch
1.2 ›zweckmäßig, effizient‹; anfangs gleichbedeutend
rationell (1798; L081 FWb) < franz. rationnel, über ökonomisch ›zweckmäßig‹ erst im 20. Jahrhundert zu ›gewinnbringend‹ (Gegensatz unrationell) entwickelt, vgl. rationalisieren (s. unten).
Rationalismus ⇓ "S061" (1711; L081 FWb) < lat. rationalismus, engl. franz. rationalism(e), als ⇓ "S168" philosophische Lehrmeinung, nach der die Vernunft die primäre Quelle der Erkenntnis ist, oft dem Sensualismus und "Empirismus" gegenübergestellt, in der Theologie seit ca. 1790 als »Vernunftglaube« (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.) dem Offenbarungsglauben bzw. Supranaturalismus gegenübergestellt (3L252 RGG); entsprechend
Rationalist (1736; L081 FWb), unter Einfluß von engl. rationalist (L083 Peter F. Ganz) < lat. rationalista, als »Vernunftgläubiger« den »Supernaturalisten« gegenübergestellt (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.).
Rationalität (vereinzelt mathematisch 1553; L081 FWb), ›Vernünftigkeit‹ gebucht 1838 (L011 Eduard Beer, L111 Johann Christian August Heyse), älter Rationabilität; in modernen Handlungstheorien etwa ›Verstehbarkeit, Erklärbarkeit‹, vgl. M.Webers Begriff Zweckrationalität.
rationalisieren wohl < franz. rationaliser;
1 »rationalistisch denken« (L111 Johann Christian August Heyse 51829), auch allgemein ›philosophieren‹, dann im Kontext ökonomischer Theorien der 1920er Jahre (M.Weber u.a) verändert zu
2 ›den Produktionsprozeß möglichst kostensparend gestalten‹; entsprechend
Rationalisierung »Einstellung der Wirtschaft auf möglichste Einheitlichkeit« (L056 Duden 101929), heute v. a. mit der Idee der Automation verbunden.