Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Rat
ahd. / mhd. rat, altgermanisch (altnord. rað, altengl. ræd). Ursprünglich das, was jmdm. an Mitteln zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zu Gebote steht, so noch in "Vorrat", "Hausrat"; ⇑ "Heirat", "Unrat", "Gerät". Weiterhin bedeutete Rat die Beschaffung von solchen Mitteln, daher ›Fürsorge, Ausweg, Abhilfe‹, davon haben sich Reste erhalten, die dann aber vom jetzigen Sprachgefühl zu Rat in der gewöhnlichen Bedeutung ›Vorschlag, Empfehlung, wie zu helfen, was zu tun ist‹ gezogen werden. ⇓ "S243" Formelhaft Rat und Tat (1624; L059 DWb), hier wird die Reflexion der Handlung gegenübergestellt. Andere formelhafte Wendungen: Rat schaffen, Rat wissen; dazu kann Rat werden ›dazu kann verholfen werden‹; kommt Zeit, kommt Rat, da bleibt kein (anderer) Rat ›da bleibt nichts übrig‹; was Rats? was ist zu tun? (Wieland) (beide Wendungen synonym). Frühneuhochdeutsch des ist/ wird Rat wie im Mittelhochdeutschen ›dafür gibt es Abhilfe‹: ihrer Plage ist kein Rat (Luther), altertümelnd bei Uhland deß mag noch werden Rat; Rat im Sinne von ›Beratung‹ ist nur in bestimmten Verbindungen üblich: Rat halten, Rat pflegen, zu Rate sitzen/ ziehen, mit sich zu Rate gehen; selten sonst, z. B. laßt mich aus eurem Rat (Schiller). Veraltet für das Endergebnis einer Beratung oder Überlegung: habt ihr noch nicht besseren Rat erwählt? (Schiller); zu Rate werden ›sich entschließen‹, noch bei Goethe mit sich selbst zu Rat; dafür bei Luther Rats werden, dazu Ratschlag (s. unten), Ratschluß. Aus der Bedeutung ›Beratung‹ entspringt ›beratende Versammlung, Behörde‹: der große, kleine Rat, Stadtrat, Reichsrat usw., vgl. Rathaus, Ratsherr, heute auch Ratsfrau. Endlich wird Rat zur Bezeichnung eines einzelnen Mitgliedes einer solchen Behörde und zum (Amts-)Titel, nach 1917 als Lehnbedeutung zu russ. Sowjet im kommunistischen Sprachgebrauch: Rätedemokratie, Arbeiterrat und Soldatenrat sowohl auf Institutionen als auch auf Mitglieder bezogen. Nur in der letzten Bedeutung ist jetzt der Plural Räte üblich, früher auch sonst (er findet sich z. B. noch bei Haller), man gebraucht dafür Ratschläge.Ratschlag (1462: ratslag, 1495: radtschlag; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), jetzt nur in dem gewöhnlichen Sinn von Rat, früher auch ›Beratung‹ (daher ratschlagen), auch ›Beschluß‹ (höret nun den Ratschlag des Herrn, den er über Edom hat Luther), und ›Anschlag‹ (daß die Syrer wider dich einen bösen Ratschlag gemacht haben Luther);
ratschlagen ahd. ratslagon (ursprünglich den Beratungskreis schlagen, vgl. L059 DWb), daher schwach flektiert; doch auch zu einer Zusammensetzung umgedeutet, z. B. um Rat zu schlagen (Platen) statt zu ratschlagen; daher auch zuweilen starke Flexion: während man ratschlägt (Goethe), ratschlug (Luther) u. a.;
beratschlagen frühneuhochdeutsch ›beschließen‹, vgl. solches ist im Rat der Wächter beschlossen und im Gespräch der Heiligen beratschlagt (Luther). Daneben schon bei Luther und bis in die neuere Zeit sich beratschlagen ›sich beraten‹. Dafür auch transitiv beratschlagen, auch schon bei Luther.
raten ahd. ratan, mhd. raten, gemeingermanisches starkes Verb (engl. read›lesen‹, worin nur eine Spezialisierung der Bedeutung erhalten ist). ⇓ "S026" Es bezeichnet, Rat entsprechend, früher auch das tätliche Helfen: in allen meinen Taten laß ich den Höchsten raten (Fleming); einer Sache raten ›sie fördern‹ oder ›gegen etwas Abhilfe schaffen‹. Das heutige Sprachgefühl scheidet das Raten streng von dem tätigen Eingreifen: wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen. Wenig üblich ist raten im Sinne von ›Beratung halten‹, abgesehen von der reimenden Zusammenstellung raten und taten (↑ "beraten"), daraus aber entwickelt ist die Bedeutung ›nachdenken über etwas Verborgenes, Vermutungen über etwas aufstellen, es durch Vermutung finden‹: auf etwas raten, etwas raten ›erraten‹, daher ↑ "Rätsel". Eigentümliche Bedeutungsentfaltung zeigen ↑ "geraten" und ↑ "entraten". Adjektivischer Gebrauch des Partizips geraten (1384; L059 DWb), v. a. ›ratsam, rätlich‹: ich halte es nicht für geratenu.dgl.
rätlich mhd. rætlich ›empfehlenswert‹, früher auch
1 ›Rat erteilend‹: ich werde rätlich und tätig mitwirken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 29.8.03).
2 ›zu Rate haltend, haushälterisch‹: mit ihren Wünschen rätlich umzugehen (Musäus), der Hahn, der spärlich und rätlich alle Körner aufliest (Iffland), damit man mit den guten rätlicher umgehen könne (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 19.2.82).
ratlos (L200 Josua Maaler 1561),
ratsam (16. Jahrhundert), früher auch ›Rat erteilend‹, vgl. ein ratsames Wort (Voß), sonst ›empfehlenswert‹.
ratschlagen ahd. ratslagon (ursprünglich den Beratungskreis schlagen, vgl. L059 DWb), daher schwach flektiert; doch auch zu einer Zusammensetzung umgedeutet, z. B. um Rat zu schlagen (Platen) statt zu ratschlagen; daher auch zuweilen starke Flexion: während man ratschlägt (Goethe), ratschlug (Luther) u. a.;
beratschlagen frühneuhochdeutsch ›beschließen‹, vgl. solches ist im Rat der Wächter beschlossen und im Gespräch der Heiligen beratschlagt (Luther). Daneben schon bei Luther und bis in die neuere Zeit sich beratschlagen ›sich beraten‹. Dafür auch transitiv beratschlagen, auch schon bei Luther.
raten ahd. ratan, mhd. raten, gemeingermanisches starkes Verb (engl. read›lesen‹, worin nur eine Spezialisierung der Bedeutung erhalten ist). ⇓ "S026" Es bezeichnet, Rat entsprechend, früher auch das tätliche Helfen: in allen meinen Taten laß ich den Höchsten raten (Fleming); einer Sache raten ›sie fördern‹ oder ›gegen etwas Abhilfe schaffen‹. Das heutige Sprachgefühl scheidet das Raten streng von dem tätigen Eingreifen: wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen. Wenig üblich ist raten im Sinne von ›Beratung halten‹, abgesehen von der reimenden Zusammenstellung raten und taten (↑ "beraten"), daraus aber entwickelt ist die Bedeutung ›nachdenken über etwas Verborgenes, Vermutungen über etwas aufstellen, es durch Vermutung finden‹: auf etwas raten, etwas raten ›erraten‹, daher ↑ "Rätsel". Eigentümliche Bedeutungsentfaltung zeigen ↑ "geraten" und ↑ "entraten". Adjektivischer Gebrauch des Partizips geraten (1384; L059 DWb), v. a. ›ratsam, rätlich‹: ich halte es nicht für geratenu.dgl.
rätlich mhd. rætlich ›empfehlenswert‹, früher auch
1 ›Rat erteilend‹: ich werde rätlich und tätig mitwirken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 29.8.03).
2 ›zu Rate haltend, haushälterisch‹: mit ihren Wünschen rätlich umzugehen (Musäus), der Hahn, der spärlich und rätlich alle Körner aufliest (Iffland), damit man mit den guten rätlicher umgehen könne (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 19.2.82).
ratlos (L200 Josua Maaler 1561),
ratsam (16. Jahrhundert), früher auch ›Rat erteilend‹, vgl. ein ratsames Wort (Voß), sonst ›empfehlenswert‹.