Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Punkt
mhd. punkt, aus mittellat. punctus, ist nach seinem Ursprung zunächst ein durch einen Stich gemachtes Zeichen, dann ein ähnlicher kleiner runder Fleck, der sich von seiner Umgebung abhebt. Durch wissenschaftliche Abstraktion ist der Begriff des Punktes als etwas ganz Ausdehnungsloses entstanden. Punktim ⇓ "S130" mathematischen Sinn Anfang des 15. Jahrhunderts (L276 Alfred Schirmer, Mathematik); in der ⇓ "S189" Zeichensetzung als Abschluß einer Sinneinheit (Niklas von Wyle 1462; L059 DWb). Im alltäglichen Leben gebraucht man Punktohne solche Genauigkeit für einen bestimmten kleinen Teil des Raumes. Der springende Punkt (im 18. Jahrhundert der hüpfende Punkt), ⇓ "S124" ⇓ "S124" Lehnübersetzung von punctum saliens, ist eigentlich im Embryo die Grundlage, aus der sich das Herz entwickelt; danach übertragen ›das Wesentliche, auf das es ankommt‹ (vgl. L027 Büchmann; z. B. Th.A183 Thomas Mann, Tagebücher 16.10.1918), auf dem Punkt sein, stehen ›im Begriff sein‹ (aus dem Französischen; L004 Johann Christoph Adelung). Es wird auf die Zeit übertragen (↑ "Zeitpunkt"). Schon aus dem Lateinischen stammt der Sinn ›Abschnitt eines Schriftstückes‹. Danach bezeichnet dann Punktüberhaupt die ›Einzelheit innerhalb eines Komplexes von Angelegenheiten‹, vgl. über einen Punkt im Streit sein; etwas Punkt für Punkt beantworten, widerlegen; im Punkt der Liebe. Die volle lateinische Form ist allgemein üblich in damit Punktum, Bekräftigungsformel (Wieland; L059 DWb); auch einfach Punktum (Gotthelf; L059 DWb). Zusammensetzung ↑ "Standpunkt", meist übertragen wie auch ↑ "Gesichtspunkt";punkten
1.1 ›Punkte sammeln‹ bzw.
1.2 ›mit Punkten bewerten‹ (beides im ⇓ "S205" Sport; L099 3GWb); dazu fachlich in der Wörterbucharbeit
2 ›Teilbedeutungen durch ein Punktsystem (Ziffern oder Buchstaben) ausgrenzen‹ (üblich auch in der Paul-Wörterbuchwerkstatt); dazu Punktung (Bedeutung 2); im 15. Jahrhundert
pünktlich, jetzt nur üblich in bezug auf genaue Beobachtung der Zeit, früher in allgemeinerem Sinn; allzu pünktliche Treue macht jede Übersetzung steif (Lessing), er ist der pünktlichste Narr(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,91,14), die Kunst… gewissenhaft und pünktlich auszuüben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1059), wir halten sie [die Schwüre] pünktlich dem Teufel (Schiller).
Pünktlichkeit mhd. puntlicheit ›Sorgfalt‹ (⇓ "S142" Mystik), zeitlich zuerst A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 19.1.73.
1.1 ›Punkte sammeln‹ bzw.
1.2 ›mit Punkten bewerten‹ (beides im ⇓ "S205" Sport; L099 3GWb); dazu fachlich in der Wörterbucharbeit
2 ›Teilbedeutungen durch ein Punktsystem (Ziffern oder Buchstaben) ausgrenzen‹ (üblich auch in der Paul-Wörterbuchwerkstatt); dazu Punktung (Bedeutung 2); im 15. Jahrhundert
pünktlich, jetzt nur üblich in bezug auf genaue Beobachtung der Zeit, früher in allgemeinerem Sinn; allzu pünktliche Treue macht jede Übersetzung steif (Lessing), er ist der pünktlichste Narr(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,91,14), die Kunst… gewissenhaft und pünktlich auszuüben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1059), wir halten sie [die Schwüre] pünktlich dem Teufel (Schiller).
Pünktlichkeit mhd. puntlicheit ›Sorgfalt‹ (⇓ "S142" Mystik), zeitlich zuerst A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 19.1.73.