Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Phantasie
(um 1300 Frauenlob, Minneleich 4,1 diner fantasien Dativ) < ⇓ "S082" griech.-lat. phantasia; bis ins 19. Jahrhundert häufig mit Endung -eiund F-Schreibung (vgl. franz. fantaisie).1.1Einbildung, Vorstellung‹,
1.2 auch negativ ›Trugbild, Wahnvorstellung‹ oft Plural: Schrullen, Phantasien und Gespensterimaginationen… machten ihn nur zu einem… Konfusionsrat (A210 Wilhelm Raabe, Hungerpastor 24), vgl. auch Fieberphantasien, Phantasiepreis u.dgl.;
2 gewöhnlich aber ›(schöpferische) Einbildungskraft‹, vgl. Kants Bestimmung: die einbildungskraft, sofern sie auch unwillkürliche einbildungen hervorbringt, heiszt phantasie (L059 DWb), seit Beginn besonders als ⇓ "S127" dichterische Fähigkeit, deren Sinnbild der geflügelte Pegasus ist: Die Phantasie, in ihrem höchsten Flug, / Sie strengt sich an und tut sich nie genug (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,6115); wen die natur zum dichter schuf, / … dem leiht sie phantasie und witz (Platen; L059 DWb).
3 Mit F- Schreibung für eine Art Musikstück (18. Jahrhundert) < ital. fantasia;
phantasieren (15. Jahrhundert) < mittellat. fantasiari, entsprechend Phantasie(1)-(3), doch im allgemeinen negativer, auch medizinisch: Ich glaube, du phantasierst schon (greift ihm an den Puls) (J.M.R.A174 Jakob Michael Reinhold Lenz, Soldaten 3,2). Gänzlich negativ
Phantast (um 1450 ein rechter fantast; L215 Paul Möller) < mittellat. fantasta; Ideologen, Utopisten, unverantwortliche Phantasten (M.Brod, Die erste Stunde nach dem Tode, in: A002 Ahnung und Aufbruch 298); so auch
Phantasterei (Paracelsus; L059 DWb);
phantastisch (um 1520 Paracelsus; L339 Karl-Heinz Weimann) < mittellat. fantasticus, später nach franz. fantastique;
1 entsprechend Phantasie(1)-(2),
2 seit dem 19. Jahrhundert mehr umgangssprachlich ›fabelhaft, großartigAch, phantastisch, der Klee duftet ganz phantastisch! (M.Hausmann; L337 WdG).
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