Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Partei
"S175" mhd. partieaus ⇓ "S070" altfranz. partie wird frühneuhochdeutsch lautgesetzlich zu Partei(↑ "Melodie"). Daneben steht das auf ⇓ "S133" neuer Entlehnung im 17. Jahrhundert beruhendePartie. Auf den Gebrauch hat nicht nur franz. partie, sondern auch franz. parti ›Heirat(spartie)‹ eingewirkt. ⇓ "S052" Der gegenwärtige Unterschied im Gebrauch der beiden Formen hat sich erst nach längerem Schwanken herausgebildet. Parteihat sich namentlich in dem Sinn ›abgesonderte Gruppe von Personen‹ festgesetzt mit verschiedenen Spezialisierungen: ›kleiner Heerhaufe, der einen Streifzug unternimmt‹: von einer Parthey Kaiserl. Reuter… gefangen (A091 Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Simplizissimus 65); eine Partei des Landsturms (A047 Joseph von Eichendorff, Ahnung und Gegenwart, 232), dazu Parteigänger; ›Familie oder sonstige Gruppe von Personen, die gemeinsam ein Haus bewohnenim Hause wohnen drei Parteien; Die Küche wurde benutzt von drei Mietparteien (A143 Uwe Johnson, Jakob 302); ›Gruppe, die bei einem Rechtsgeschäft zusammengehört‹: Ihr nicht heimlich vor der Sitzung sollt / Mit den Parteien zweideutige Sprache führen (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 542). Bei der üblichsten Bedeutung des Wortes tritt die Vorstellung der verschiedenen Meinungen in den Vordergrund: politische, religiöse, literarische Partei; (für jmdn. , jmds. ) Partei nehmen, ergreifen; dazu (s. unten) parteilich, parteiisch, Parteiung. In diesem Sinn wurde aber auch Partiebis ins 19. Jahrhundert verwendet, vgl. daß Sie meine Partie gegen Schurken nehmen würden (Lessing); die Partie, die gegen Sie arbeitet(Iffland); wofür nahmen Sie Partie? (W.Alexis); besonders häufig ist es bei Schiller, z. B. eine Partie der Mißvergnügten, die sich zum Unterschiede von der religiösen Partie der Protestanten die Politiker nannten. Partie steht jetzt für eine bestimmte Quantität einer Ware; für einen Teil einer Landschaft, eines Gemäldes u.dgl.; für die jmdm. zugeteilte Leistung bei einer Aufführung, insbesondere einer musikalischen; für einen Gang im Spiel; für ein gesellschaftliches Unternehmen (vgl. er ist (mit) von der Partie), namentlich für einen Ausflug, auch für den eines einzelnen (Landpartie, Kahnpartie usw.); aber für eine zwanglose gesellschaftliche Zusammenkunft seit etwa 1930 in der ⇓ "S133" neu entlehnten englischen Form
Party; ferner für eine Heirat. ⇓ "S052" In dem letzten Sinn reicht Parteinoch bis ins 19. Jahrhundert hinein, vgl. so viel Parteien abzuweisen, die mir vorgeschlagen worden sind (Frau Gottsched, besser bekannt als Gottschedin); die Partei konveniert ihr (Schiller); ich mußte fürchten, daß ich noch einmal zu einer recht widerwärtigen Partei gezwungen würde (Tieck). Im 18. Jahrhundert erscheint Partieoder Partei nehmen oder ergreifen als ⇓ "S124" Lehnübersetzung von franz. prendre parti ›einen Entschluß fassen‹: meine Partie war auf einmal genommen(Wieland); der die einzige Partie ergreift, die ihn aus der Schwierigkeit ziehen kann (Wieland) (noch bei Schiller); daß dieser eine sehr staatskluge Partei zu nehmen glaubte (Wieland); hören ist immer die klügste Partie(Claudius).
Parteigenosse (Parteigenoß L033 Joachim Heinrich Campe), in der Sozialdemokratie seit den 1870er Jahren kurz ↑ "Genosse" (L217 MuSpra 76,148ff.), im ⇓ "S145" Nationalsozialismus Parteigenosse, ⇓ "S094" kurz Pg.: uniformierte Parteigenossen, hinter dem Rednerpult gleichfalls Pg's (A083 Günter Grass, Blechtrommel 136); für weitere Zusammensetzungen vgl. L081 FWb, z. B. Arbeiterpartei (1865 Engels), Einheitspartei (1849), Volkspartei (1791 bzw. 1851).  
parteiisch »einer Partey zugethan.. [auch] durch außerwesentliche Umstände« (L004 Johann Christoph Adelung) und
unparteiisch schon 15. Jahrhundert, ebenso
parteilich wie parteiisch, im 20. Jahrhundert auch ›im Interesse der kommunistischen Ideologieeine parteiliche Wissenschaft, dazu
Parteilichkeit (L081 FWb).
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