Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Orden
(ahd. ordenaFem. zu ordinon < lat. ordinare) mhd. orden Mask. < lat. ordo. Es bedeutet zunächst ›Ordnung, Reihenfolge‹, vgl. noch nach dem Orden ihres Alters(Luther); hauptsächlich aber ⇓ "S110"Regel, nach der eine Genossenschaft, speziell eine Klostergemeinschaft lebt‹, und ist von da aus Bezeichnung für eine solche Genossenschaft selbst geworden: Orden der Benediktiner, Franziskaner usw. Von den Mönchsorden ist das Wort auf die geistlichen Ritterorden übergegangen, weiterhin auf andere Verbrüderungen; im 17. Jahrhundert bezeichnen sich zum Teil die Sprachgesellschaften so: Palmenorden, Elbschwanenorden; in neuerer Zeit Verbindungen wie die Illuminaten und Freimaurer, vgl. auch die Ordensburgen u.ä. des Nationalsozialismus. Daneben wird Ordenmittelhochdeutsch und neuhochdeutsch in freierer Weise gebraucht, vom philosophischen Orden (Lessing), vom Schmeichler Orden(Rückert). Dabei wurde Orden seit dem 15. Jahrhundert auch auf das dabei verliehene äußere Zeichen der Zugehörigkeit übertragen: Orden sind… öffentliche Societäten oder öffentliche Ehrenzeichen. Der Studentenorden aber ist eine geheime Gesellschaft (A172 Friedrich Laukhard I,160).ordentlich ahd. ordenlich(o), mhd. ordenlich, mit sekundärem t (↑ "eigentlich") zu Orden in der Bedeutung ›Ordnung, Reihenfolge‹ an ordnen, Ordnung"S022" angelehnt. Es bedeutet zunächst ›in der gehörigen Reihenfolge‹: daß ich es zu dir mit Fleiß ordentlich schriebe (Luther); so nicht mehr üblich. Weiterhin ›nach einer festen (normalen) Ordnung eingerichtet, bestehend‹, Gegensatz "außerordentlich": ordentliches Gericht, ordentliches Mitglied einer Gesellschaft, ordentlicher Professor. Ferner ›in gehöriger Weise geordnet‹, Gegensatz unordentlich: es geht in seinem Hause ordentlich zu, ordentliche Kleidung, Wirtschaft, Buchführung usw. Von Personen ›auf Ordnung haltend‹. Jünger die Bedeutung ›konventionell, bürgerlichen Normen entsprechend‹: er will sich bloß rumtreiben, statt einen ordentlichen Beruf zu lernen(1973 A208 Ulrich Plenzdorf, Leiden 41). Es wird zu einer ⇓ "S229" Verstärkung wie "gehörig" (↑ "gehören"): er trinkt ordentlich.
ordnen ahd. ordinon, mhd. ord(e)nen < lat. ordinare, zu ordo (s. oben). Frühneuhochdeutsch auch in der Bedeutung ›verfügen, Anweisung geben‹: und ordnete die Feiertage herrlich zu halten (Luther); ⇑ "anordnen", "verordnen"; ferner ›jmdn. zu etwas bestimmen‹: daß ich dich ordne zum Diener und Zeugen (Luther). Dazu das ⇓ "S154" Nomen agentis
Ordner mhd. ordenære, ›Aufsichtsperson mit Leistungsvollmacht‹, Saalordner, auch ›Person mit Leistungsvollmacht‹, daher literarisch oft für "Gott": ordner der welt, Zeus! (Voß; L059 DWb), übertragen als ⇓ "S156" Nomen instrumenti »Gegenstand, wodurch etw. in Ordnung gehalten wird« (L344 Wessely-Schmidt 1925), besonders zur geordneten Aufbewahrung von Schriftstücken: Briefordner, ®Leitzordner, danach, wohl unter Lehneinfluß von engl. directory, in der ⇓ "S043" EDV ›Gruppe zusammengehöriger Anwendungs- oder Programmdateien‹ (L306 Josef Steiner 1985, 63).
Ordnung ahd. ordinunga, allgemein ›Handlung des Ordnens‹ und ›Zustand des Geordnetseins‹. Früher auch ›schriftliche Festsetzung‹: nicht tote Bücher, alte Ordnungen soll er fragen(Schiller); verwandt ist auch der Sinn in Hausordnung, Bibliotheksordnung u.dgl. Es erscheint auch in der Bedeutung ›Abteilung‹, so in naturwissenschaftlicher Sprache, ⇓ "S130" mathematisch Kurven zweiter Ordnung, im Schulwesen. Umgangssprachlich in Ordnungnicht zu beanstanden‹, ›nicht verwerflich‹: Frl. Doktor: Entschuldigen Sie, Voß. Meine Nerven.Inspektor: Schon in Ordnung (1962 A045 Friedrich Dürrenmatt, Physiker 328f.), von Personen ›sympathisch‹: Du bist in Ordnung, Willi. Du kannst so bleiben (1973 A208 Ulrich Plenzdorf, Leiden 28).
in Ordnung!einverstanden‹.
Ordnungsliebe zuerst bei Lavater und A075 Johann Wolfgang von Goethe: verzeihen Sie diesen Verstoß meiner Ordnungsliebe (Brief vom 21.4.12, ferner Brief vom 19.4.19).
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