Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
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auch oh, ⇓ "S057" Empfindungswort, lat. o, mhd. o, nach dem Vorbild des Griechischen und Lateinischen (vgl. z. B. noch O tempora, o mores! bei A082 Christian Dietrich Grabbe, Scherz 1,3) seit Anfang des 12. Jahrhunderts, häufiger erst seit dem 14. Jahrhundert, zuerst gebucht bei L292 Joannes Serranus (1539);1 als höfliche Einleitung bei Anrede bzw. Anruf: o neider, was suchstu? (1488 Meisterlin; L059 DWb); Ein guten abndt O Vatter mein (1551 A218 Hans Sachs, Fastnachtsspiele 24); O Kaiser! Kaiser! Rauber beschutzen deine Kinder (A074 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 8,151 LH); O einer, o keiner, o niemand, o du(A035 Paul Celan, Es war Erde in ihnen), verblaßt in oh Gott!: O Gott, wenn nur alles gut geht (O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,170), oder vor Imperativ: O fleuch wolgelerter Doctor / Das Venus kumb auff dein gspor (1517 A218 Hans Sachs, Fastnachtsspiele 3);
2 emphatische Verstärkung bejahender und verneinender Ausrufe: o doch, halt mal! (O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,180); O gewiß! das Allerbeste / Blieb mir nicht verhehlt (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 5,71 LH), o ja, o nein, oder vor anderen Interjektionen: o pfui, und pfui, und wieder pfui / den elenden (Schiller; L059 DWb), vgl. auch oje, o jemine (↑ "jemine"), ↑ "oha", ↑ "oho", o weh (⇑ "au", "weh"); im 11. Jahrhundert belegt nur o wi (Owe owy, L327 Voc.Teut.-Lat. 1482; O wee / Weye wee bei L200 Josua Maaler 1561);
3 Ausdruck von Emphase, und zwar in rhetorischen Fragen und rhetorischen Ausrufen in Frageform: o wer gibt meiner asch ein leichtes häuflein sand! (Gryphius; L059 DWb); o wie sint ir nun so rich (15. Jahrhundert Kirchenlied; L059 DWb), in Wunschsätzen: o das ich wer vor Troya todt (Sachs; L059 DWb); o trug ich doch ein mannlich Herz in mir! (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 9,76 LH) oder in elliptischen Ausrufen, wobei der Gegenstand des Ausrufs stehen kann im Nominativ (schon gotisch; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt): das Kind… sprach [vor Schmerzen] zu seinem Vater / O mein heubt / mein heubt! (A180 Martin Luther, 2.Könige 4,19); O ich ellender mensch (L200 Josua Maaler); O dieser Stopfkuchen! (A210 Wilhelm Raabe, Stopfkuchen 18,205); O diese Wege, galaktisch, / o diese Stunde, die uns / die Nächte herüberwog in / die Last unsrer Namen (A035 Paul Celan, Soviel Gestirne), im Genitiv (im 15. Jahrhundert Tristrant und Isalde 67,23, hg. F.Pfaff): o des höllischen Gaukelspiels (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti 5,7), im Dativ: o dem verhängnis (1626 Opitz; L059 DWb); o den trefflichen menschen! (Goethe; L059 DWb) oder im Akkusativ (1620 in den Schauspielen der englischen Komödianten; L059 DWb): O mich Vergeßlichen! (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Nathan 3,2), üblich auch Akkusativ mit der Präposition über: O über euch Pharisäer (A222 Friedrich Schiller, Räuber 2,3);
4 Ausdruck von Verwunderung, Klage oder (spöttischer) Kritik, v. a. in satzunabhängiger Stellung: Odoardo. O, meine Tochter! – Emilia. O, mein Vater (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti 5,7); O des Jammers! Weh mir! O Thusnelda! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 5,18); »Sie haben sich gar nicht verändert.« »Oh!« sagte Herr K. und erbleichte (B.A024 Bertolt Brecht, Keuner 12,383); Den Ton, oh, / den Oh-Ton, ah, / Das A und das O, / das Oh-diese-Galgen-schon-wieder, das Ah-es-gedeiht (A035 Paul Celan, Huhediblu); insbesondere nachgestellt in mehrfacher Reihung: O heilige Naivität! süße Unschuld! Du hast den Luxus der Städte verlassen und bist in die Hütte des Landmanns gefloh'n! Tobies läßt sich die Zähne ausziehn, weil er es umsonst hat! O! O! O! (A082 Christian Dietrich Grabbe, Scherz 2,3); hierher auch Erschrecken anzeigendes oh Gott!, auch reduplizierend: Ogottogott (A040 Alfred Döblin, Alexanderplatz 147);
ONeutrum: lieber läszt er sich beschämen, / als sein o und ach sich nehmen (J.A.Schlegel; L059 DWb); ein großer Vogel in weinroter Seide, der von den Gästen mit vielen Ahs und Ohs gewürdigt wurde (M.A268 Martin Walser, Ehen in Philippsburg [1957] 90);
oh, là, là"S057" Empfindungswort, aus dem Französischen, Ausdruck der Verwunderung oder Anerkennung: Ohlala! (A.A226 Arno Schmidt, Trommler 226).
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