Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
nein
ahd. / mhd. nein(zuerst um 830 Tatian; frühnhd. L327 Voc.Teut.-Lat. 1482 neyn), ⇓ "S242" schon althochdeutsch zusammengezogen aus ni ein, ne ein (L308 Kaspar Stieler 1691) ›nicht eins‹ (⇑ "nicht", "nie", "niemals"), daher wohl ursprünglich gebraucht als Antwort auf Fragen wie sind die Räder fertig? hast du die Räder?; in der gesprochenen Sprache heute oft ↑ "nee"; zunächst nur1 ⇓ "S209" Sprechhandlungspartikel mit der allgemeinen Bedeutung des Ablehnens (zur Verstärkung häufig verdoppelt)
1.1 als Antwort auf eine Entscheidungsfrage ›Sprecher hält den Frageinhalt oder die der Frage zugrundeliegende Vermutung für falsch‹: Bistu ein Prophet? Vnd er antwortet / Nein (A180 Martin Luther, Johannes 1,19); Daja. … Wo habt Ihr denn / Die ganze Zeit gesteckt? – Ihr seyd doch wohl / Nicht krank gewesen? Tempelherr. Nein (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Nathan 1,6); althochdeutsch und mittelhochdeutsch, aber gelegentlich auch noch frühneuhochdeutsch mit Wiederholung des Hauptbegriffs der Frage durch ein Pronomen mit demselben Bezugsobjekt: wiltu nicht anders? nain ich (Geiler von Kaisersberg; L059 DWb); oft verkürzt anstelle eines negierten daß-Satzes nach Verben des Meinens und Denkens: Fiesko. Merkt Verrina keine Veränderung an seinem Freunde?… Verrina ohne ihn anzusehen Ich hoffe nein (A222 Friedrich Schiller, Fiesko 5,16); »Oder glauben Sie wirklich, daß der Odem Gottes im Spezialdienste des Protestantismus oder gar Preußens und seiner Armee steht?« »Ich hoffe ja.« »Und ich fürchte, nein… « (A060 Theodor Fontane, Schach; 1,596f.); in der Literatur auch in erlebter Rede: War Hans Castorp noch ein ›Sorgenkind des Lebens‹ in Herrn Settembrini's Augen? Nein, er war wohl ein Aufgegebener (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 498);
1.2 als Reaktion auf eine Aussage ›Sprecher widerspricht dem ausgesagten Inhalt‹: Bischoff. Vielleicht seh' ich dich noch einmal, als Feind vor meinen Mauern… Weislingen. Nein, gnadiger Herr (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 8,62 LH); emphatisch als Ausdruck der Verblüffung: »Joachim?« sagte er, »das ist mein Bruder.« »Nein!« sagte ich (M.A064 Max Frisch, Homo Faber 4,25); auch vorwärtsverweisend zur Bekräftigung der nachfolgenden Negation (schon Luther): nein, dem rath folgen wir mit nichten(Sachs; L059 DWb); »Nein! nein!« rief er aus… : »nein! es ist nicht moglich!.,.« (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 21,127 LH); »Nein! Mit euch fahr ich nie wieder!«(B.A254 Botho Strauß, Paare 85); (schon mhd. ) oft verbunden mit einer nachträglichen Erläuterung: du wilt mich verfuren. ›nein nit, das ist nit myn meinung, das ich dich verfuren woll, nein nit überall.‹(Geiler von Kaisersberg; L059 DWb); in diesem Sinn jmdm. nein sprechen ›trotzen‹: da kamen auch die stet zusamen und ward… beschlossen, dem Ludwig nein zu sprechen (Meisterlin; L059 DWb); hierzu (veraltet) nein schwören ›schwören, daß etwas nicht der Fall ist‹;
1.3 als Antwort auf eine Aufforderung (Befehl, Bitte) oder ein Angebot ›Sprecher lehnt die Ausführung der geforderten bzw. angebotenen Handlung ab‹: »Aber ich machs gern«, sagte er. »Nein«, sagte ich, »danke… « (A018 Heinrich Böll, Ansichten 179); hierher auch ablehnendes nein, danke (↑ "danke"[2]); dazu nein sagen ›ablehnen‹ (L200 Josua Maaler 1561): Für einen anständigen Menschen gibt es in bezug auf seine Kriegshaltung überhaupt nur einen Vorwurf: daß er nicht den Mut aufgebracht hat, Nein zu sagen (A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2,390); Sag Ja zu den Europa-Beatles / Sag nicht Nein, sondern Ja! (A073 Max Goldt, Ungeduscht 78), dafür frühneuhochdeutsch noch nein sprechen (L308 Kaspar Stieler 1691);
1.4 als Mittel der Selbstkorrektur beim sprachlichen Formulieren (schon frühnhd.): fleuch mein geist! nein! bleib und säume (J.Ch.Günther; L059 DWb); Du liebst Julien, du bist mein Sohn –nein mehr als das, du bist ich selbst (1817 E.T.A.A127 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Das steinerne Herz; 10,50); nach mit nicht (,daß) eingeleiteten Nebensätzen fast wie eine Konjunktion ›sondern, vielmehr‹: Und nicht bloß um Worte zu machen, nein, auch mit dem Herzen (A060 Theodor Fontane, L'Adultera; 2,115); Zu alledem redete seine Freundin leise untendrunter mit. Nicht indem sie Einwürfe machte, etwas ergänzte oder infrage stellte, nein sie murmelte bei sich (B.A254 Botho Strauß, Paare 15); in all diesen Bedeutungen nicht selten in Verbindung mit anderen Partikeln, vgl. ach nein (↑ "ach"), doch nein (↑ "doch"), ei nein (↑ "ei"), o nein (↑ "o"); aus dem ablehnenden nein der Gebrauch als
2 ⇓ "S079" Gliederungspartikel, satzeinleitend: Nein, sage mir, was soll das werden? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2532); Licht. Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg' jeglicher -? Adam. Ja, in sich selbst! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 1.Auftritt); insbesondere in Reaktion auf Behauptungen nicht selten ja nein (↑ "ja"[3.2]);
3 ⇓ "S185" Rückmeldepartikel, (erstaunte) Rückfrage, ohne Übernahme des Rederechts ›ist das wirklich wahr?‹: sie könnten mir nichts empfindlicheres drohen. ›nein? im ernst?‹ (Lessing; L059 DWb); Ui. Ich weiß nichts von Kontrakten. O'Casey. Nein?(B.A024 Bertolt Brecht, Arturo Ui 7,44); dazu auch nein, so (et)was! (z. B. H.A182 Heinrich Mann, Untertan 237); in allen Bedeutungen auch substantivierbar (schon ahd. ): Mein Nein ist so gut als dein Ja (L308 Kaspar Stieler 1691); Stine, so wollen wir nicht scheiden. Ein ›Nein‹ soll nicht dein letztes Wort gewesen sein (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,554); dazu
Neinsager Mask. ›jmd. , der immer nein sagt‹: Frei zum Tode und frei im Tode, ein heiliger Nein-sager wenn es nicht Zeit mehr ist zum Ja: also versteht er sich auf Tod und Leben (1883 A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 95); Denn wir sind Neinsager. Aber wir sagen nicht nein aus Verzweiflung. Unser Nein ist Protest (A019 Wolfgang Borchert, Das ist unser Manifest 313); dafür frühneuhochdeutsch auch Neiner, Verneiner/ Verneinerinn (L308 Kaspar Stieler 1691) sowie Neinfrau, Neinherr; dazu ↑ "verneinen".
1.1 als Antwort auf eine Entscheidungsfrage ›Sprecher hält den Frageinhalt oder die der Frage zugrundeliegende Vermutung für falsch‹: Bistu ein Prophet? Vnd er antwortet / Nein (A180 Martin Luther, Johannes 1,19); Daja. … Wo habt Ihr denn / Die ganze Zeit gesteckt? – Ihr seyd doch wohl / Nicht krank gewesen? Tempelherr. Nein (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Nathan 1,6); althochdeutsch und mittelhochdeutsch, aber gelegentlich auch noch frühneuhochdeutsch mit Wiederholung des Hauptbegriffs der Frage durch ein Pronomen mit demselben Bezugsobjekt: wiltu nicht anders? nain ich (Geiler von Kaisersberg; L059 DWb); oft verkürzt anstelle eines negierten daß-Satzes nach Verben des Meinens und Denkens: Fiesko. Merkt Verrina keine Veränderung an seinem Freunde?… Verrina ohne ihn anzusehen Ich hoffe nein (A222 Friedrich Schiller, Fiesko 5,16); »Oder glauben Sie wirklich, daß der Odem Gottes im Spezialdienste des Protestantismus oder gar Preußens und seiner Armee steht?« »Ich hoffe ja.« »Und ich fürchte, nein… « (A060 Theodor Fontane, Schach; 1,596f.); in der Literatur auch in erlebter Rede: War Hans Castorp noch ein ›Sorgenkind des Lebens‹ in Herrn Settembrini's Augen? Nein, er war wohl ein Aufgegebener (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 498);
1.2 als Reaktion auf eine Aussage ›Sprecher widerspricht dem ausgesagten Inhalt‹: Bischoff. Vielleicht seh' ich dich noch einmal, als Feind vor meinen Mauern… Weislingen. Nein, gnadiger Herr (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 8,62 LH); emphatisch als Ausdruck der Verblüffung: »Joachim?« sagte er, »das ist mein Bruder.« »Nein!« sagte ich (M.A064 Max Frisch, Homo Faber 4,25); auch vorwärtsverweisend zur Bekräftigung der nachfolgenden Negation (schon Luther): nein, dem rath folgen wir mit nichten(Sachs; L059 DWb); »Nein! nein!« rief er aus… : »nein! es ist nicht moglich!.,.« (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 21,127 LH); »Nein! Mit euch fahr ich nie wieder!«(B.A254 Botho Strauß, Paare 85); (schon mhd. ) oft verbunden mit einer nachträglichen Erläuterung: du wilt mich verfuren. ›nein nit, das ist nit myn meinung, das ich dich verfuren woll, nein nit überall.‹(Geiler von Kaisersberg; L059 DWb); in diesem Sinn jmdm. nein sprechen ›trotzen‹: da kamen auch die stet zusamen und ward… beschlossen, dem Ludwig nein zu sprechen (Meisterlin; L059 DWb); hierzu (veraltet) nein schwören ›schwören, daß etwas nicht der Fall ist‹;
1.3 als Antwort auf eine Aufforderung (Befehl, Bitte) oder ein Angebot ›Sprecher lehnt die Ausführung der geforderten bzw. angebotenen Handlung ab‹: »Aber ich machs gern«, sagte er. »Nein«, sagte ich, »danke… « (A018 Heinrich Böll, Ansichten 179); hierher auch ablehnendes nein, danke (↑ "danke"[2]); dazu nein sagen ›ablehnen‹ (L200 Josua Maaler 1561): Für einen anständigen Menschen gibt es in bezug auf seine Kriegshaltung überhaupt nur einen Vorwurf: daß er nicht den Mut aufgebracht hat, Nein zu sagen (A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2,390); Sag Ja zu den Europa-Beatles / Sag nicht Nein, sondern Ja! (A073 Max Goldt, Ungeduscht 78), dafür frühneuhochdeutsch noch nein sprechen (L308 Kaspar Stieler 1691);
1.4 als Mittel der Selbstkorrektur beim sprachlichen Formulieren (schon frühnhd.): fleuch mein geist! nein! bleib und säume (J.Ch.Günther; L059 DWb); Du liebst Julien, du bist mein Sohn –nein mehr als das, du bist ich selbst (1817 E.T.A.A127 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Das steinerne Herz; 10,50); nach mit nicht (,daß) eingeleiteten Nebensätzen fast wie eine Konjunktion ›sondern, vielmehr‹: Und nicht bloß um Worte zu machen, nein, auch mit dem Herzen (A060 Theodor Fontane, L'Adultera; 2,115); Zu alledem redete seine Freundin leise untendrunter mit. Nicht indem sie Einwürfe machte, etwas ergänzte oder infrage stellte, nein sie murmelte bei sich (B.A254 Botho Strauß, Paare 15); in all diesen Bedeutungen nicht selten in Verbindung mit anderen Partikeln, vgl. ach nein (↑ "ach"), doch nein (↑ "doch"), ei nein (↑ "ei"), o nein (↑ "o"); aus dem ablehnenden nein der Gebrauch als
2 ⇓ "S079" Gliederungspartikel, satzeinleitend: Nein, sage mir, was soll das werden? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2532); Licht. Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg' jeglicher -? Adam. Ja, in sich selbst! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 1.Auftritt); insbesondere in Reaktion auf Behauptungen nicht selten ja nein (↑ "ja"[3.2]);
3 ⇓ "S185" Rückmeldepartikel, (erstaunte) Rückfrage, ohne Übernahme des Rederechts ›ist das wirklich wahr?‹: sie könnten mir nichts empfindlicheres drohen. ›nein? im ernst?‹ (Lessing; L059 DWb); Ui. Ich weiß nichts von Kontrakten. O'Casey. Nein?(B.A024 Bertolt Brecht, Arturo Ui 7,44); dazu auch nein, so (et)was! (z. B. H.A182 Heinrich Mann, Untertan 237); in allen Bedeutungen auch substantivierbar (schon ahd. ): Mein Nein ist so gut als dein Ja (L308 Kaspar Stieler 1691); Stine, so wollen wir nicht scheiden. Ein ›Nein‹ soll nicht dein letztes Wort gewesen sein (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,554); dazu
Neinsager Mask. ›jmd. , der immer nein sagt‹: Frei zum Tode und frei im Tode, ein heiliger Nein-sager wenn es nicht Zeit mehr ist zum Ja: also versteht er sich auf Tod und Leben (1883 A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 95); Denn wir sind Neinsager. Aber wir sagen nicht nein aus Verzweiflung. Unser Nein ist Protest (A019 Wolfgang Borchert, Das ist unser Manifest 313); dafür frühneuhochdeutsch auch Neiner, Verneiner/ Verneinerinn (L308 Kaspar Stieler 1691) sowie Neinfrau, Neinherr; dazu ↑ "verneinen".