Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
nähren
ahd. nerian, ner(r)en, mhd. ner(e)n, altgermanisch, ist das ⇓ "S107" Kausativum zu dem in ↑ "genesen" erhaltenen Verb (r aus s entstanden), dementsprechend hat es im Mittelhochdeutschen noch die allgemeine Bedeutung ›am Leben erhalten‹. Jetzt ist der Zusammenhang zwischen beiden verdunkelt, weil ihre Bedeutung sich nach verschiedenen Richtungen hin spezialisiert hat; nähren ist dadurch zu Nahrung und nahrhaft (s. unten), mit denen es auf die gleiche Grundlage zurückgeht, in eine unmittelbare Beziehung gebracht, daher auch die Schreibung mit ä. Transitives nähren häufig übertragen: hochmütigen Familienstolz, den sie unablässig nährte (A034 Elias Canetti, Zunge 14). Sich nähren statt des jetzigen von(seit dem 16. Jahrhundert, Luther) früher auch wie nicht reflexiv nähren mit mit verbunden (mhd. , noch Lessing: ich nähre mich bloß mit toten Schafen), vom 15. bis 17. Jahrhundert auch mit dem Genitiv: du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit (A180 Martin Luther, Psalm 128,2). Wenig verschiedenernähren, ahd. irnerien, irnerren, mhd. ernern, das heute allgemein das üblichere ist, dazu das heute gleichfalls üblichere
Ernährung (L004 Johann Christoph Adelung).
Nährboden (19. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt),
Nährmittel (Jean Paul; L059 DWb),
Nährstand (1562; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt),
Nährwert 31872 Klencke (L264 Daniel Sanders 1885).
nahrhaft (L169 Matthias Kramer 1678) zu mhd. nar Fem. , das durch das gleichbedeutende Nahrung verdrängt ist. Früher ist nahrhaft auch ›Unterhalt, Auskommen gewährend‹: das gute nahrhafte Haustier, die alte Ziege (Musäus), eines volkreichen und nahrhaften Städtchens (Goethe). Längere Zeit haben sich auch nahrsam (noch bei L033 Joachim Heinrich Campe), nahrlos (noch bei Brentano; L059 DWb) erhalten.
Nahrung mhd. narunge, siehe nahrhaft. Es bedeutet ›Mittel zum Nähren‹, nur vereinzelt wird es für die Handlung des Nährens gebraucht, öfters bei Herder: der trieb der nahrung und fortpflanzung (L059 DWb). Dafür sonst Nährung (Stieler) und Ernährung (s. oben). Als indirektes Mittel zur Ernährung wurde nicht selten das Einkommen, das jmd. von seinem Gewerbe hat, als Nahrung bezeichnet, z. B. eine gute Nahrung haben, in Nahrung setzen; dann auch das Gewerbe selbst: Was ist ewr narung? Sie antworten / Deine knehte sind Viehhirten (1.Mose 47,3). Im ⇓ "S160" Nordosten kam Nahrung als Bezeichnung für einen Ackerhof vor.
Nahrungsmittel (L284 Justus Georg Schottelius 1641) ›Speise und Trank‹, auch übertragen geistige Nahrungsmittel (L109 Moriz Heyne).
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