Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Nagel
ahd. nagal, nagil, mhd. nagel, gemeingermanisch (engl. nail) mit Verwandten in den anderen indogermanischen Sprachen (griech. ónyx, lat. unguis, lett. nags, russ. noga ›Fuß‹). Von den beiden Hauptbedeutungen1Nagel am Finger oder an der Zehe‹ und
2spitzer Metallstift zum Einschlagen in einen Gegenstand‹ ist die erste die ältere (ursprünglich wurde es auch von der tierischen Klaue gebraucht), die zweite aber ist schon so alt, daß wir ihre Entstehung nicht verfolgen können. Übertragene Wendungen zu (1):
⊚⊚ die Nägel/ an den Nägeln beißen/ kauen Ausdruck von Verdruß oder Verlegenheit (L308 Kaspar Stieler 1691); jmdm. brennt das (Feuer) auf den Nägelnjmd. befindet sich in äußerster Bedrängnis‹, ursprünglich von der Kerze, die in der Hand gehalten wurde und bis auf die Nägel herunterbrannte (1649; L258 Lutz Röhrich); sich etwas unter den Nagel reißenstibitzen, fortnehmen‹: Und dann haut er ab und reißt sich die Sore [›Ware, Beute‹] allein unter den Nagel (1956/ 71 H.A195 Heiner Müller, Texte 5,51). Zu (2):
⊚⊚ den Nagel auf den Kopf treffen auch übertragen »das richtige genau treffen« (L059 DWb), auch bezogen auf das Zentrum der Zielschiebe (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch); an den Nagel hängen wie einen Gegenstand, den man nicht mehr benutzt, früher ›vernachlässigen‹ (Fischart; L059 DWb), seit dem 16. Jahrhundert ›eine Tätigkeit aufgeben‹, in vielen Beispielen ist die sinnliche Vorstellung noch lebendig, doch schon 1602 das Studieren an den Nagel hängen, (Kirchhof; L059 DWb), bei Logau (ebenda): die Jungfernschaft an den Nagel hängen, wobei das Wortspiel mit NagelPenis‹ (16. Jahrhundert in der deutschen Übersetzung von Boccaccio; L059 DWb) beabsichtigt sein könnte; er ist ein Nagel zu meinem Sarg(Klinger; L059 DWb) ›er macht mir so viel Kummer, daß er meinen Tod beschleunigt‹, vgl. "Sargnagel"; Nägel mit Köpfen machen(niederdt. Köppen) ›eine Sache gründlich und sicher machen‹ (19. Jahrhundert; L059 DWb).
nageln ahd. negelen, negilen, mhd. nagelen, negelen, die Varianten mit i und e noch bei Luther; ⇓ "S047" derb, v. a. in männlicher Sicht ›Geschlechtsverkehr treiben‹, zuerst bairisch im 19. Jahrhundert (L279 Johann Andreas Schmeller); jmdn. festnagelndie Äußerung eines Gegners gegen ihn selbst verwenden‹ (1881; L201 Lutz Mackensen): dann hat der Moderator… geglaubt, nun könne er unbesorgt einen der beiden Herren auf die Aussage festnageln(Ch.A286 Christa Wolf, Störfall 112);
nagelneu 15. Jahrhundert nagelniuwe. Der erste Bestandteil ist zu bloßer ⇓ "S228" Verstärkung geworden. Es ist wohl zunächst von Gegenständen gebraucht, in die eben frisch die Nägel eingeschlagen sind. Eine andere Erklärung ›neu wie ein geschmiedeter Nagel‹ leidet an dem Mangel, daß das ›eben geschmiedet‹ erst hinzugesetzt ist. Weitere Verstärkung "funkelnagelneu" (↑ "Funke") (L003 Johann Christoph Adelung 1777).
Nagelprobe eigentlich ›Probe, ob ein Glas vollständig geleert ist, die man dadurch anstellt, daß man es über den Nagel des Daumens umstülpt‹, ausführliche Beschreibung 1494 bei S.Brant, Narrenschiff (L258 Lutz Röhrich), um 1600 in der Hoftrinkordnung des sächsischen Kurfürsten Christian II. (L004 Johann Christoph Adelung).
Nagler (1519; L059 DWb), dafür Nagelschmied (L169 Matthias Kramer 1678).
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