Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Morgen
ahd. morgan, mhd. morgen; gemeingermanisch (engl. morning ist eine Weiterbildung wie evening).1.1erster Teil des Tages‹, daher die Grußformel guten Morgen (mhd. ), verkürzt aus Gott gebe euch einen guten Morgen (L059 DWb); seit dem 15. Jahrhundert übertragen
1.2Himmelsrichtung der aufgehenden Sonne‹, dazu Morgenland (s. unten);
1.3 in neuerer Zeit auch übertragen ›Neubeginn, Aufbruch‹: Ihr kämpft für Recht, das macht euch frei von Bangen. / Dem Morgen zu! Der Völkerfreiheit Boten (1910 G.A125 Georg Heym, Marathon VI); daneben schon althochdeutsch
2 Bezeichnung eines Ackermaßes: ›so viel Land, wie ein Gespann an einem Morgen pflügen kann‹;
morgens (ursprünglich Genitiv zu Morgen) ›des Morgens‹;
morgen Adverb (ursprünglich Dativ zu Morgen) in dem speziellen Sinn ›am Morgen des folgenden Tages‹, dann überhaupt ›am folgenden Tag‹, daher auch morgen abend usw. (vgl. engl. tomorrow), früher auch von einem Standpunkt der Vergangenheit aus gebraucht: der Eremite, der die Nacht im Kerker durchgewacht, ward morgen ins Verhör gebracht (Lessing);
Morgengabe ahd. morgangeba (vgl. langobard. morgincap) (früher) ›Gabe, die der Mann der Frau am Morgen nach der Hochzeit gibt‹;
Morgenland (A180 Martin Luther, Matthäus 2,1 u.ö.), zu Morgen(1.2), Gegensatz "Abendland" (↑ "Abend");
Morgenluft ich wittere die Morgen-Luft 1766 Wieland in seiner Übersetzung von Shakespeare, Hamlet 1,5 I scent the morning air (L083 Peter F. Ganz 234); heute umgangssprachlich ⇓ "S074"
Morgenluft witternfür sich eine gute Chance sehen‹;
Morgenrot ahd. morganrot, oft übertragen: der zukunft morgenrot (Herder; L059 DWb); ebenso
Morgenröte ahd. morganrota/ morganroto: morgenröte des lebens (Klopstock; L059 DWb), morgenröte der jugend (Jean Paul; L059 DWb);
Morgenstern neben ›Venus am östlichen Himmel vor Sonnenaufgang‹ seit dem 16. Jahrhundert auch Bezeichnung für eine keulenartige Waffe, die strahlenförmig mit Nägeln besetzt war, also wohl nach der Ähnlichkeit mit einem Stern benannt;
Morgensprache früher bei den Handwerkern ›morgendliche Besprechung der Innungsangelegenheiten‹, daher noch um 1900 scherzhaft ›Zusammenkunft beim Frühschoppen‹;
morgendlich ahd. morganlih, mit sekundärem d, das wie das t in "eigentlich" usw. zu erklären ist (vgl. auch das frühere Adjektiv morgend).
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