Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
man
1 Indefinitpronomen, ahd. / mhd. man ›irgendein (beliebiger) Mensch oder eine Gruppe von Menschen‹; wie im Französischen (vgl. homme– on) aus dem Nominativ Singular des althochdeutschen Substantivs man (↑ "Mann") entstanden, das laut L004 Johann Christoph Adelung seit dem 16. Jahrhundert mit Doppel-n geschrieben wird; in den übrigen Kasus statt dessen Formen von einer, -e, -es; je nach Kontext durch alle, viele, manche, jeder (einzelne), irgendeiner oder die Personalpronomen zu ersetzen: seufzen wir, indem wir leben; / so umarmt man [›wir‹] die von uns stets gescholtne welt von neuen (Brockes; L059 DWb); Da sieht man [›jeder Beobachter‹] kein Auge thränenleer, / Und zum Könige bringt man [›irgendjmd.‹] die Wundermähr (A222 Friedrich Schiller, Die Bürgschaft); Man [›irgendjmd.‹] pocht. Sieh, wer es ist (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 1,1); Schweig Er, bis man [›ich‹] Ihn fragen wird (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug, 7.Auftritt); Mein Seel, wenn man [›Dorfrichter Adam‹] zu Wort mich kommen ließe (ebenda); Man [›jeder‹] kennt diesen Geist, und man [›jeder‹] bedankt sich (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 538); Oder soll man [›alle, irgendjmd., irgendwelche Leute‹] die Kelten verurteilen, / weil sie den massilischen Stock / tauschweise nach Gallien trugen – / damit würde man [›alle, irgendjmd., irgendwelche Leute‹] ja den zeitlichen Verlauf und die ganze Kulturausbreitung verdammen(A010 Gottfried Benn, Außenminister); frühneuhochdeutsch auch üblich, »wenn man einen anderen nicht du, er oder sie nennen will. Man komme her. Man schweige doch« (L004 Johann Christoph Adelung), so noch 1802 Goethe im Weimarer Theater während der Aufführung von F.Schlegels Tragödie Alarcos, an die Zuschauer gewandt Man lache nicht! (nach dem Bericht von Genast, vgl. A077 Johann Wolfgang von Goethe, Gespräche 1,855); heute als weibliche Entsprechung zuweilen frau (↑ "Frau"); Anspielung auf die maskuline Herkunft: Und meine Teufelin brachte dabei die Brust so vor, daß Mann gleich hätte unsinnig werden mögen (A.A226 Arno Schmidt, Trommler 85).2 mittelniederdt. man, men (zu mittelniederdt. newan, mhd. niuwan ›nur, ausgenommen‹), frühneuhochdeutsch auch mant (mit sekundärem -t);
1 Konjunktion ›aber‹: Ich weiß es wohl, man [›aber‹] ich sage es nicht (L004 Johann Christoph Adelung).
2 Was im Gegensatz zu etwas anderem der Fall ist, mag später als etwas aufgefaßt worden sein, das entgegen der Erwartung Wirklichkeit ist, daher der Gebrauch als ⇓ "S002" Abtönungspartikel mit der allgemeinen Bedeutung ›im Gegensatz zur unterstellten Hörererwartung‹, wohl im 16. Jahrhundert aus dem Niederdeutschen, daher von L169 Matthias Kramer (1702) als »niedersächsisch« und von L004 Johann Christoph Adelung als »nur im Niederdeutschen und den nördlichern Sprachen gangbar« bezeichnet: Örlege unde krich dat is eyn wrich / nim man hen unde swich! [›Krieg und Streit, das ist ein Unrecht / nimm man hin und schweig!‹] (1520 H.Bote, Köker 2); auch heute noch vornehmlich norddeutsch
2.1 in Aufforderungen, insbesondere Erlaubnissen und Ratschlägen, ›Sprecher gibt zu verstehen, daß es keine Probleme bzw. Gründe (mehr) gibt, den Aufforderungsinhalt nicht zu verwirklichen‹: Laß mich mant mit frieden (L308 Kaspar Stieler 1691); Komm man her (L004 Johann Christoph Adelung); laß es man gut sein (L033 Joachim Heinrich Campe); »Laß man, Stinechen«, sagte die Schwester (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,518); Na denn man los, Jungens (A296 Carl Zuckmayer, General 516); Na, denn man zu (A.Zweig; L337 WdG); Heul man nicht, ich bin gleich wieder da (Ch.A286 Christa Wolf, Störfall 44), ⇑ "nur", "bloß";
2.2 in Wunschsätzen und Ausrufen ›Sprecher zeigt an, daß er etwas anderes (oft das Gegenteil) wünscht, als tatsächlich der Fall ist‹: Wenn ich man Gelt hatte (L308 Kaspar Stieler 1691); Wie sie man bloß wieder dasteht und rackscht und rabatscht! (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,477);
2.3 in Aussagesätzen ›Sprecher zeigt an, daß der Inhalt des Gesagten im Gegensatz zu dem steht, was erwartbar oder wünschbar gewesen wäre‹: Das ist ja man ein Bißchen (L004 Johann Christoph Adelung); wo alles von der Faust ihr ging, / Und ihr das Heu man flog als wie gemaust (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 7.Auftritt); »Ja«, sagte Pauline, »das ist sie; man bloß so wichtig und zierig… « (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,505f.); Aber viel los war nich mit ihm; er war doch man miesig (ebenda 2,565), daher norddeutsch auch zum Ausdruck des (kindlichen) Triumphs, vgl. ätsch man, bätsch man. H.Blume, Die Partikel man im norddeutschen Hochdeutsch und im Niederdeutschen, in: L365 ZGL 16,168ff.
1 Konjunktion ›aber‹: Ich weiß es wohl, man [›aber‹] ich sage es nicht (L004 Johann Christoph Adelung).
2 Was im Gegensatz zu etwas anderem der Fall ist, mag später als etwas aufgefaßt worden sein, das entgegen der Erwartung Wirklichkeit ist, daher der Gebrauch als ⇓ "S002" Abtönungspartikel mit der allgemeinen Bedeutung ›im Gegensatz zur unterstellten Hörererwartung‹, wohl im 16. Jahrhundert aus dem Niederdeutschen, daher von L169 Matthias Kramer (1702) als »niedersächsisch« und von L004 Johann Christoph Adelung als »nur im Niederdeutschen und den nördlichern Sprachen gangbar« bezeichnet: Örlege unde krich dat is eyn wrich / nim man hen unde swich! [›Krieg und Streit, das ist ein Unrecht / nimm man hin und schweig!‹] (1520 H.Bote, Köker 2); auch heute noch vornehmlich norddeutsch
2.1 in Aufforderungen, insbesondere Erlaubnissen und Ratschlägen, ›Sprecher gibt zu verstehen, daß es keine Probleme bzw. Gründe (mehr) gibt, den Aufforderungsinhalt nicht zu verwirklichen‹: Laß mich mant mit frieden (L308 Kaspar Stieler 1691); Komm man her (L004 Johann Christoph Adelung); laß es man gut sein (L033 Joachim Heinrich Campe); »Laß man, Stinechen«, sagte die Schwester (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,518); Na denn man los, Jungens (A296 Carl Zuckmayer, General 516); Na, denn man zu (A.Zweig; L337 WdG); Heul man nicht, ich bin gleich wieder da (Ch.A286 Christa Wolf, Störfall 44), ⇑ "nur", "bloß";
2.2 in Wunschsätzen und Ausrufen ›Sprecher zeigt an, daß er etwas anderes (oft das Gegenteil) wünscht, als tatsächlich der Fall ist‹: Wenn ich man Gelt hatte (L308 Kaspar Stieler 1691); Wie sie man bloß wieder dasteht und rackscht und rabatscht! (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,477);
2.3 in Aussagesätzen ›Sprecher zeigt an, daß der Inhalt des Gesagten im Gegensatz zu dem steht, was erwartbar oder wünschbar gewesen wäre‹: Das ist ja man ein Bißchen (L004 Johann Christoph Adelung); wo alles von der Faust ihr ging, / Und ihr das Heu man flog als wie gemaust (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 7.Auftritt); »Ja«, sagte Pauline, »das ist sie; man bloß so wichtig und zierig… « (A060 Theodor Fontane, Stine; 2,505f.); Aber viel los war nich mit ihm; er war doch man miesig (ebenda 2,565), daher norddeutsch auch zum Ausdruck des (kindlichen) Triumphs, vgl. ätsch man, bätsch man. H.Blume, Die Partikel man im norddeutschen Hochdeutsch und im Niederdeutschen, in: L365 ZGL 16,168ff.