Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
lieb
ahd. liob, mhd. liep (liebes), gemeingermanisches Adjektiv (engl. lief); urverwandt altslaw. ljubu, lat. libet (lubet), libenter, libido; wurzelverwandt sind engl. love(got. lubo), ferner ⇑ "erlauben", "glauben", "Lob".1 In der älteren Sprache allgemeiner ›angenehm, erfreulich‹: So wol dir, valke, daz du bist! Du fliugest, swar dir liep ist (Minnesangs Frühling; L320 Trübner); jetzt noch in mir ist es lieb, daß du gekommen bist, ferner in ↑ "vorlieb" (fürlieb) nehmen; dazu das (heute veraltete) Adjektiv liebsam sowie das Antonym unliebsam; vgl. auch -liebig in ↑ "mißliebig".
2 Jetzt denken wir bei lieb immer an die Neigung zu einem lebenden Wesen: Swie liep si mir von herzen si (Walther v. d.Vogelweide; L320 Trübner); wo es auf Unlebendiges bezogen wird, scheint es von dorther übertragen: beginnt das liebe Leben von neuem (A131 Friedrich Hölderlin, Stutgard). Prädikativ in enger Verbindung mit einem Verb steht lieb in liebhaben, liebgewinnen, liebbehalten (v. a. in Briefschlüssen: behalte lieb deinen treuen Bruder Jacob(Jacob an Ferdinand Grimm). Mit gewissen Substantiven erscheint liebformelhaft verbunden in abgeblaßtem Sinn: der liebe Gott, das liebe Geld, die liebe Seele (besonders nun hat die liebe Seele Ruh), manchen lieben Tag, manche liebe Nacht, manches liebe Mal, den lieben langen Tag, um des lieben Friedens willen, man hat mit ihm seine liebe Not; formelhaft sind Ausrufe wie ach du lieber Gott/ Himmel; ach du liebe Güte/ Zeit. Abgeblaßt erscheint liebauch in Anreden, mitunter sogar mit ironischer Färbung Ihr lieben Leute bleibt dabey… (Goethe; Ch.L042 Christa Dill); vgl. auch die lieben Verwandten. In der Bibel erscheint Lieber auch, wo ein weibliches Wesen oder mehrere Personen angeredet werden; schwerlich ist darin ein Komparativ zu sehen; unsere liebe Frau ›Jungfrau Maria‹ (katholischer Sprachgebrauch). ⇓ "S234" Liebfrauenmilch Name einer bekannten Weinsorte. Für den substantivierten Superlativ die bzw. der Liebste hat sich die Bedeutung ›Geliebte(r)‹ entwickelt (in der älteren Sprache auch auf Ehegatten bezogen).
3 Wenn lieb die Beziehung auf eine bestimmte Person verliert, wird es ›liebenswert‹, auch ›artig, brav, gehorsam‹ (besonders bei Kindern, ↑ "artig"): erzählten… dem lieben wirth und wirthin viel hundert ebentheuer (Hölty; L059 DWb), auch ironisch: die liebe dienerschaft (Goethe; ebenda); dazu die Wendung
⊚ sich lieb Kind machen ›sich einschmeicheln‹ (L320 Trübner). Hierher gehört auch ↑ "allerliebst". Adverb lieber, am liebsten muß zudem den verlorengegangenen Komparativ und Superlativ von ↑ "gerne" vertreten. Die ältere und die neuere mundartliche Sprache kennt auch eine entsprechende Verwendung des Positivs mit so: warum Sie nicht eben so lieb mich, als eine andere heurathen wollen (Rabener), ich hätte eben so lieb einen ganzen Brief verloren (Schiller), mer ließ' sich mit en leibhaftigen Gottseibeiuns grad so lieb ein(Anzengruber).
Liebhaber mhd. liephaber, ursprünglich ganz allgemein ›wer eine Person oder Sache lieb hat‹: du Liebhaber des Lebens (Luther; auch bei Schuppius; L059 DWb). Dazu mehrere spezielle Bedeutungen:
1 Der Liebhaber als Geduldeter im Gegensatz zum Geliebten, dessen Liebe erwidert wird (vgl. L059 DWb), ihr geliebter entfernte sich, ein unbequemer liebhaber drohte zu kommen (Goethe; ebenda);
2 (Anfang des 14. Jahrhunderts Köditz; L059 DWb) ein Liebhaber von gutem Essen u.dgl.;
3 (Goethe; L059 DWb) ›Verehrer‹, v. a. ›(an den schönen Künsten und Wissenschaften) Interessierter, der nicht selbst ausübend tätig ist‹ (im Gegensatz zum ↑ {{link}}Dilettanten{{/link}});
4 (Goethe; L059 DWb) ⇓ "S040" Rollenfach (eines Schauspielers).
Liebhaberin (1482 liebhaberinne; L059 DWb), älter (Anfang des 14. Jahrhunderts; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) liebheberinne, ⇓ "S140" zunächst an die allgemeine Bedeutung von Liebhaber angeschlossen, dann wohl auch, bis auf (1), an die Spezialisierungen (vgl. L059 DWb).
Liebhaberei (L003 Johann Christoph Adelung 1777).
liebäugeln (1563 Kirchhof; L059 DWb), eigentlich ›mit den Augen (durch Äugeln) etwas Liebes ausdrücken‹, früher auch mit Dativ oder Akkusativ sie liebäugelt ihm (Agricola; ebenda), einen liebäugeln (Hederich; ebenda); im eigentlichen Sinn heute gehoben: er liebäugelt mit der Laborantin (L097 GWb), jetzt meist auf Unpersönliches bezogen: sie liebäugelt mit dem roten Sportwagen; eine Zusammenrückung wie auch "liebkosen" ↑ "kosen";
lieblich ahd. liublih, mhd. lieplih, hat in der älteren Sprache auch den Sinn ›liebevoll, freundlich‹: Ein weiser Man machet sein Geschenck werd / mit lieblichen worten (A180 Martin Luther, Sirach 20,13); noch bei Goethe sie tat alles, was er befahl, aber auf die unlieblichste Weise von der Welt.
Liebling (1648 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); ⇓ "S118" vgl. ↑ "Günstling".
Lieblingin ⇓ "S140" bei Lessing, Hölty, Voß, Hölderlin.
Liebschaft mhd. lieb(e)-, liepschaft, ›Zustand der Liebe‹ auch noch im Neuhochdeutschen: absurde Liebschaft wandelt / Den ausgepichten Teufel an (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,11838); dann v. a. ›Liebesverhältnis‹ zu Personen eine liebschaft mit frau Anna haben(A. v.Arnim; DWb) und Sachen schönes wasser ist eine meiner besten liebschaften (Seume; ebenda).
LiebNeutr. ahd. liob, mhd. liep, Substantivierung des Adjektivs lieb(s. oben), früher sehr üblich, in der neueren Sprache nur noch in geringen Resten: in der Formel in Lieb und Leid; jmdm. zu Liebe gehört eigentlich hierher, kann aber auch zu LiebeFem. gezogen werden. Häufig ist Lieb früher auch ›Geliebter, Geliebte‹; so noch zuweilen bei neueren Dichtern im Anschluß an ein älteres Volkslied: er nahm sein Lieb (G.A.Bürger), feins Lieb (Heine). Im allgemeinen Gebrauch geblieben ist das ⇓ "S050" Diminutiv
Liebchen (1445; L059 DWb), in der Regel aber nur auf die Geliebte bezogen, heute oft abwertend: sie ist das Liebchen eines Geschäftsmannes.
Liebe ⇓ "S075" ahd. liubi, liupa, mhd. liebe, zu lieb wie "Güte" zu ↑ "gut", daher zunächst ›das Liebsein‹, erhielt im Mittelhochdeutschen allmählich den jetzigen Sinn und verdrängte dann das früher dafür übliche ↑ "Minne". Statt Liebe zu steht in der älteren Sprache auch der Genitiv, der daher zweideutig war: so jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters (Luther), die Liebe Gottes (auch noch später), aus Liebe des zeitlichen Lebens (Luther), des Lebens weiche Liebe (Klopstock), von der Liebe des Vaterlandes(Lessing). Häufig hat diesen Sinn noch der Genitiv in Zusammensetzungen ↑ "Vaterlandsliebe" usw. Auch für eine einzelne Betätigung der Liebe steht das Wort: tue mir die Liebe. Im sexuellen Sinn umgangssprachlich Liebe machen als Lehnübersetzung von engl.-amerik. make love (1954 Th.Mann). In der Zusammensetzung mit Substantiven hat die Form Liebes- die ältere Liebe- fast ganz zurückgedrängt (nur noch in veraltet abwertend Liebediener); ein Zusammenhang mit dem Neutrum Liebscheint dabei nicht vorhanden. Seit dem 19. Jahrhundert ist das Fugen-sauch in die Zusammensetzungen mit Adjektiven fast völlig eingedrungen, vgl. liebeskrank (Wieland, Platen), liebessiech (Wieland), liebestrunken (Wieland, Schiller), liebesvoll (Wieland) (ohne s nur liebeleer, liebevoll, aber A075 Johann Wolfgang von Goethe z. B. noch liebefähig I,20,1, liebekrank Tasso 193).
Liebesapfel (Nemnich; L059 DWb)
1 (veraltet) ›Tomate‹, wohl in bezug auf rot als die Farbe der Liebe und wegen der Ähnlichkeit mit dem Apfel als Symbol des Liebeszaubers, daran angelehnt
2 ›(auf Jahrmärkten o.ä. verkaufter) Apfel mit roter Zuckerglasur‹.
Liebesbrief (1648 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
Liebeserklärung (Lessing; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
Liebesgott (Opitz; ebenda).
Liebeslied (Rädlein 1711; ebenda).
Liebestrank (Opitz; ebenda).
Liebelei ›Flirt‹ (A. v.Arnim, Schnitzler, zuvor L033 Joachim Heinrich Campe 1809 ⇓ "S166" abwertend: »Wenn man verächtlich von der Liebe und besonders von einer tändelnden Liebe spricht«).
Liebde (1443; L059 DWb), Verhochdeutschung des niederdt. Liefte, das sich zu Liebe verhält wie ↑ "Gemeinde" zu Gemeine; es hat sich in Ew. Liebde(n) als Anrede zwischen Personen fürstlichen Standes bis in die neuere Zeit erhalten (früher dafür Liebe). Dann auch ironisch: Es sollte eigentlich ein Geheimnis sein… , aber Dero Liebden dürfen es schon wissen (Fallada; L097 GWb).
lieben ahd. liuben, liubon, liuben, mhd. lieben, hat als Ableitung aus lieb in der älteren Sprache die Bedeutungen ›lieb machen‹ und ›lieb werden‹; in der letzteren gebraucht es A180 Martin Luther, Sirach 7,28: Hastu ein Weib / das dir [neuere Ausgaben: dich] liebet; sie setzt sich fort in ↑ "belieben". In der jetzigen Bedeutung ist lieben an Liebe angelehnt und hat, wie dieses das ältere Minne, so ↑ "minnen" zurückgedrängt. Bei Goethe besonders beliebt ist lieben mit einem reflexiven Dativ: am meisten lieb' ich mir die vollen frischen Wangen. Mit zu und Infinitiv ist es ›gern tun‹. Zusammensetzungen liebenswert, ⇓ "S124" liebenswürdig (bei ⇓ "S071" Opitz Liebens würdig als Lehnübersetzung von niederländ. liefwaardig); Weiterbildung liebeln, wovon wieder "Liebelei". In der älteren Sprache ist liebeln auch ›schmeicheln‹ (mit Akkusativ oder Dativ), vgl. noch »du trauerst«, liebelt er (Goethe) ↑ "verlieben".
2 Jetzt denken wir bei lieb immer an die Neigung zu einem lebenden Wesen: Swie liep si mir von herzen si (Walther v. d.Vogelweide; L320 Trübner); wo es auf Unlebendiges bezogen wird, scheint es von dorther übertragen: beginnt das liebe Leben von neuem (A131 Friedrich Hölderlin, Stutgard). Prädikativ in enger Verbindung mit einem Verb steht lieb in liebhaben, liebgewinnen, liebbehalten (v. a. in Briefschlüssen: behalte lieb deinen treuen Bruder Jacob(Jacob an Ferdinand Grimm). Mit gewissen Substantiven erscheint liebformelhaft verbunden in abgeblaßtem Sinn: der liebe Gott, das liebe Geld, die liebe Seele (besonders nun hat die liebe Seele Ruh), manchen lieben Tag, manche liebe Nacht, manches liebe Mal, den lieben langen Tag, um des lieben Friedens willen, man hat mit ihm seine liebe Not; formelhaft sind Ausrufe wie ach du lieber Gott/ Himmel; ach du liebe Güte/ Zeit. Abgeblaßt erscheint liebauch in Anreden, mitunter sogar mit ironischer Färbung Ihr lieben Leute bleibt dabey… (Goethe; Ch.L042 Christa Dill); vgl. auch die lieben Verwandten. In der Bibel erscheint Lieber auch, wo ein weibliches Wesen oder mehrere Personen angeredet werden; schwerlich ist darin ein Komparativ zu sehen; unsere liebe Frau ›Jungfrau Maria‹ (katholischer Sprachgebrauch). ⇓ "S234" Liebfrauenmilch Name einer bekannten Weinsorte. Für den substantivierten Superlativ die bzw. der Liebste hat sich die Bedeutung ›Geliebte(r)‹ entwickelt (in der älteren Sprache auch auf Ehegatten bezogen).
3 Wenn lieb die Beziehung auf eine bestimmte Person verliert, wird es ›liebenswert‹, auch ›artig, brav, gehorsam‹ (besonders bei Kindern, ↑ "artig"): erzählten… dem lieben wirth und wirthin viel hundert ebentheuer (Hölty; L059 DWb), auch ironisch: die liebe dienerschaft (Goethe; ebenda); dazu die Wendung
⊚ sich lieb Kind machen ›sich einschmeicheln‹ (L320 Trübner). Hierher gehört auch ↑ "allerliebst". Adverb lieber, am liebsten muß zudem den verlorengegangenen Komparativ und Superlativ von ↑ "gerne" vertreten. Die ältere und die neuere mundartliche Sprache kennt auch eine entsprechende Verwendung des Positivs mit so: warum Sie nicht eben so lieb mich, als eine andere heurathen wollen (Rabener), ich hätte eben so lieb einen ganzen Brief verloren (Schiller), mer ließ' sich mit en leibhaftigen Gottseibeiuns grad so lieb ein(Anzengruber).
Liebhaber mhd. liephaber, ursprünglich ganz allgemein ›wer eine Person oder Sache lieb hat‹: du Liebhaber des Lebens (Luther; auch bei Schuppius; L059 DWb). Dazu mehrere spezielle Bedeutungen:
1 Der Liebhaber als Geduldeter im Gegensatz zum Geliebten, dessen Liebe erwidert wird (vgl. L059 DWb), ihr geliebter entfernte sich, ein unbequemer liebhaber drohte zu kommen (Goethe; ebenda);
2 (Anfang des 14. Jahrhunderts Köditz; L059 DWb) ein Liebhaber von gutem Essen u.dgl.;
3 (Goethe; L059 DWb) ›Verehrer‹, v. a. ›(an den schönen Künsten und Wissenschaften) Interessierter, der nicht selbst ausübend tätig ist‹ (im Gegensatz zum ↑ {{link}}Dilettanten{{/link}});
4 (Goethe; L059 DWb) ⇓ "S040" Rollenfach (eines Schauspielers).
Liebhaberin (1482 liebhaberinne; L059 DWb), älter (Anfang des 14. Jahrhunderts; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) liebheberinne, ⇓ "S140" zunächst an die allgemeine Bedeutung von Liebhaber angeschlossen, dann wohl auch, bis auf (1), an die Spezialisierungen (vgl. L059 DWb).
Liebhaberei (L003 Johann Christoph Adelung 1777).
liebäugeln (1563 Kirchhof; L059 DWb), eigentlich ›mit den Augen (durch Äugeln) etwas Liebes ausdrücken‹, früher auch mit Dativ oder Akkusativ sie liebäugelt ihm (Agricola; ebenda), einen liebäugeln (Hederich; ebenda); im eigentlichen Sinn heute gehoben: er liebäugelt mit der Laborantin (L097 GWb), jetzt meist auf Unpersönliches bezogen: sie liebäugelt mit dem roten Sportwagen; eine Zusammenrückung wie auch "liebkosen" ↑ "kosen";
lieblich ahd. liublih, mhd. lieplih, hat in der älteren Sprache auch den Sinn ›liebevoll, freundlich‹: Ein weiser Man machet sein Geschenck werd / mit lieblichen worten (A180 Martin Luther, Sirach 20,13); noch bei Goethe sie tat alles, was er befahl, aber auf die unlieblichste Weise von der Welt.
Liebling (1648 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); ⇓ "S118" vgl. ↑ "Günstling".
Lieblingin ⇓ "S140" bei Lessing, Hölty, Voß, Hölderlin.
Liebschaft mhd. lieb(e)-, liepschaft, ›Zustand der Liebe‹ auch noch im Neuhochdeutschen: absurde Liebschaft wandelt / Den ausgepichten Teufel an (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,11838); dann v. a. ›Liebesverhältnis‹ zu Personen eine liebschaft mit frau Anna haben(A. v.Arnim; DWb) und Sachen schönes wasser ist eine meiner besten liebschaften (Seume; ebenda).
LiebNeutr. ahd. liob, mhd. liep, Substantivierung des Adjektivs lieb(s. oben), früher sehr üblich, in der neueren Sprache nur noch in geringen Resten: in der Formel in Lieb und Leid; jmdm. zu Liebe gehört eigentlich hierher, kann aber auch zu LiebeFem. gezogen werden. Häufig ist Lieb früher auch ›Geliebter, Geliebte‹; so noch zuweilen bei neueren Dichtern im Anschluß an ein älteres Volkslied: er nahm sein Lieb (G.A.Bürger), feins Lieb (Heine). Im allgemeinen Gebrauch geblieben ist das ⇓ "S050" Diminutiv
Liebchen (1445; L059 DWb), in der Regel aber nur auf die Geliebte bezogen, heute oft abwertend: sie ist das Liebchen eines Geschäftsmannes.
Liebe ⇓ "S075" ahd. liubi, liupa, mhd. liebe, zu lieb wie "Güte" zu ↑ "gut", daher zunächst ›das Liebsein‹, erhielt im Mittelhochdeutschen allmählich den jetzigen Sinn und verdrängte dann das früher dafür übliche ↑ "Minne". Statt Liebe zu steht in der älteren Sprache auch der Genitiv, der daher zweideutig war: so jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters (Luther), die Liebe Gottes (auch noch später), aus Liebe des zeitlichen Lebens (Luther), des Lebens weiche Liebe (Klopstock), von der Liebe des Vaterlandes(Lessing). Häufig hat diesen Sinn noch der Genitiv in Zusammensetzungen ↑ "Vaterlandsliebe" usw. Auch für eine einzelne Betätigung der Liebe steht das Wort: tue mir die Liebe. Im sexuellen Sinn umgangssprachlich Liebe machen als Lehnübersetzung von engl.-amerik. make love (1954 Th.Mann). In der Zusammensetzung mit Substantiven hat die Form Liebes- die ältere Liebe- fast ganz zurückgedrängt (nur noch in veraltet abwertend Liebediener); ein Zusammenhang mit dem Neutrum Liebscheint dabei nicht vorhanden. Seit dem 19. Jahrhundert ist das Fugen-sauch in die Zusammensetzungen mit Adjektiven fast völlig eingedrungen, vgl. liebeskrank (Wieland, Platen), liebessiech (Wieland), liebestrunken (Wieland, Schiller), liebesvoll (Wieland) (ohne s nur liebeleer, liebevoll, aber A075 Johann Wolfgang von Goethe z. B. noch liebefähig I,20,1, liebekrank Tasso 193).
Liebesapfel (Nemnich; L059 DWb)
1 (veraltet) ›Tomate‹, wohl in bezug auf rot als die Farbe der Liebe und wegen der Ähnlichkeit mit dem Apfel als Symbol des Liebeszaubers, daran angelehnt
2 ›(auf Jahrmärkten o.ä. verkaufter) Apfel mit roter Zuckerglasur‹.
Liebesbrief (1648 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
Liebeserklärung (Lessing; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
Liebesgott (Opitz; ebenda).
Liebeslied (Rädlein 1711; ebenda).
Liebestrank (Opitz; ebenda).
Liebelei ›Flirt‹ (A. v.Arnim, Schnitzler, zuvor L033 Joachim Heinrich Campe 1809 ⇓ "S166" abwertend: »Wenn man verächtlich von der Liebe und besonders von einer tändelnden Liebe spricht«).
Liebde (1443; L059 DWb), Verhochdeutschung des niederdt. Liefte, das sich zu Liebe verhält wie ↑ "Gemeinde" zu Gemeine; es hat sich in Ew. Liebde(n) als Anrede zwischen Personen fürstlichen Standes bis in die neuere Zeit erhalten (früher dafür Liebe). Dann auch ironisch: Es sollte eigentlich ein Geheimnis sein… , aber Dero Liebden dürfen es schon wissen (Fallada; L097 GWb).
lieben ahd. liuben, liubon, liuben, mhd. lieben, hat als Ableitung aus lieb in der älteren Sprache die Bedeutungen ›lieb machen‹ und ›lieb werden‹; in der letzteren gebraucht es A180 Martin Luther, Sirach 7,28: Hastu ein Weib / das dir [neuere Ausgaben: dich] liebet; sie setzt sich fort in ↑ "belieben". In der jetzigen Bedeutung ist lieben an Liebe angelehnt und hat, wie dieses das ältere Minne, so ↑ "minnen" zurückgedrängt. Bei Goethe besonders beliebt ist lieben mit einem reflexiven Dativ: am meisten lieb' ich mir die vollen frischen Wangen. Mit zu und Infinitiv ist es ›gern tun‹. Zusammensetzungen liebenswert, ⇓ "S124" liebenswürdig (bei ⇓ "S071" Opitz Liebens würdig als Lehnübersetzung von niederländ. liefwaardig); Weiterbildung liebeln, wovon wieder "Liebelei". In der älteren Sprache ist liebeln auch ›schmeicheln‹ (mit Akkusativ oder Dativ), vgl. noch »du trauerst«, liebelt er (Goethe) ↑ "verlieben".