Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
liberal
2. Hälfte des 16. Jahrhunderts < lat. liberalis; ursprünglich und bis ins 18. Jahrhundert1.1 ›freigebig, großzügig‹: lieberal und costfrey (Zimmerische Chronik; L081 FWb), seit spätem 18. Jahrhundert allgemeiner
1.2 ›humanistisch, tolerant‹: liberale Bildung des Geistes (1792; L086 GG3,746), liberaler Weltbürger (A222 Friedrich Schiller, Ästhetische Erziehung; 20,312), Liberal ist, wer… in seiner ganzen Menschheit wirkt (F.A223 Friedrich Schlegel, SW 2,253); seit frühem 19. Jahrhundert nach ⇓ "S204" span. liberales (1812 im Cortes; L181 Otto Ladendorf 194) und franz. libéral
2 ⇓ "S175" programmatischer Begriff der Demokratisierung (nie losgelöst von [1], insofern immer unscharf), häufig in der Verbindung liberale Ideen, vorbereitet im späten 18. Jahrhundert, auf französische Revolutionäre bezogen im spottenden Kompositum liberale Ideenleutchen (1795; L081 FWb); seit etwa 1830 bis ins spätere 19. Jahrhundert zunehmend radikalisiert: die Bezeichnung liberal jetzt zum Schimpfwort und zur Anklage… hieß soviel als unruhig, intrigant, subversiv, gefährlich (1842; L086 GG3,768), daher häufig durch ↑ "freisinnig" ersetzt; daneben zunehmend differenziert, deshalb häufig in Verbindungen national-liberal u.ä. (ebenda 780f.); zur Gegenwart hin wieder häufiger gebraucht zur Vermittlung zwischen ↑ "konservativ" und ↑ "sozialistisch", daneben auch abwertend ›politisch berechnend, unentschieden‹; als Personenbezeichnung Daß man eine Verfassung haben muß… , ist eine… Übereinkunft… , woran… weder die Liberalen noch die Servilen zweifeln (1820; L086 GG3,757), die Liberalen… Schulphilosophen und Theologen und es ist immer dieselbe Idee der Freiheit wofür sie kämpfen(1835 A118 Heinrich Heine, Romantische Schule; 8,25); W.Sucharowski, ›Liberal‹ im gegenwärtigen Sprachgebrauch, 1975; der Bedeutungsentwicklung von liberal folgend
Liberalität (1557; L081 FWb) < lat. liberalitas;
Liberalismus (1822 Görres): einen Strich ziehen zwischen Liberalismus und Servilismus, Republikanismus und Autokratie (1828 A118 Heinrich Heine, Die deutsche Literatur von Wolfgang Menzel, 4,244);
liberalisieren (1877; L081 FWb) ›freizügiger gestalten‹: Zeit, mit dem Liberalisieren einzuhalten. Er habe viele Konzessionen gemacht (1877; L081 FWb); im öffentlich-politischen Bereich auf Gesetze und Verordnungen bezogen im Sinne von ›lockern‹.
2. Hälfte des 16. Jahrhunderts < lat. liberalis; ursprünglich und bis ins 18. Jahrhundert1.1 ›freigebig, großzügig‹: lieberal und costfrey (Zimmerische Chronik; L081 FWb), seit spätem 18. Jahrhundert allgemeiner
1.2 ›humanistisch, tolerant‹: liberale Bildung des Geistes (1792; L086 GG3,746), liberaler Weltbürger (A222 Friedrich Schiller, Ästhetische Erziehung; 20,312), Liberal ist, wer… in seiner ganzen Menschheit wirkt (F.A223 Friedrich Schlegel, SW 2,253); seit frühem 19. Jahrhundert nach ⇓ "S204" span. liberales (1812 im Cortes; L181 Otto Ladendorf 194) und franz. libéral
2 ⇓ "S175" programmatischer Begriff der Demokratisierung (nie losgelöst von [1], insofern immer unscharf), häufig in der Verbindung liberale Ideen, vorbereitet im späten 18. Jahrhundert, auf französische Revolutionäre bezogen im spottenden Kompositum liberale Ideenleutchen (1795; L081 FWb); seit etwa 1830 bis ins spätere 19. Jahrhundert zunehmend radikalisiert: die Bezeichnung liberal jetzt zum Schimpfwort und zur Anklage… hieß soviel als unruhig, intrigant, subversiv, gefährlich (1842; L086 GG3,768), daher häufig durch ↑ "freisinnig" ersetzt; daneben zunehmend differenziert, deshalb häufig in Verbindungen national-liberal u.ä. (ebenda 780f.); zur Gegenwart hin wieder häufiger gebraucht zur Vermittlung zwischen ↑ "konservativ" und ↑ "sozialistisch", daneben auch abwertend ›politisch berechnend, unentschieden‹; als Personenbezeichnung Daß man eine Verfassung haben muß… , ist eine… Übereinkunft… , woran… weder die Liberalen noch die Servilen zweifeln (1820; L086 GG3,757), die Liberalen… Schulphilosophen und Theologen und es ist immer dieselbe Idee der Freiheit wofür sie kämpfen(1835 A118 Heinrich Heine, Romantische Schule; 8,25); W.Sucharowski, ›Liberal‹ im gegenwärtigen Sprachgebrauch, 1975; der Bedeutungsentwicklung von liberal folgend
Liberalität (1557; L081 FWb) < lat. liberalitas;
Liberalismus (1822 Görres): einen Strich ziehen zwischen Liberalismus und Servilismus, Republikanismus und Autokratie (1828 A118 Heinrich Heine, Die deutsche Literatur von Wolfgang Menzel, 4,244);
liberalisieren (1877; L081 FWb) ›freizügiger gestalten‹: Zeit, mit dem Liberalisieren einzuhalten. Er habe viele Konzessionen gemacht (1877; L081 FWb); im öffentlich-politischen Bereich auf Gesetze und Verordnungen bezogen im Sinne von ›lockern‹.