Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Leute
ahd. liuti, mhd. liute. Im Althochdeutschen gab es einen Singular liut›Volk‹ entsprechend altslaw. ljudu, ferner verwandt griech. eleútheros, lat. liber ›frei‹, eigentlich also wohl ›freie Männer‹ (im Gegensatz zu Unterworfenen oder Verschleppten); ⇓ "S172" der pluralische Sinn des Wortes ließ auch formell den Plural eintreten, zu dem nun kein Singular existiert (so schon L393 Voc.inc.teut. um 1485; L059 DWb; später noch mundartlich, vgl. L279 Johann Andreas Schmeller 1,1537f.); heute veraltend (L097 GWb) ist der Plural "Frauensleute", Mannsleute (bei L320 Trübner 1943 noch »allgemein verbreitet«). Die singularische Form noch in leutselig (s. unten); dazu veraltet Leutpriester ›Weltgeistlicher‹ (im Gegensatz zum Ordensgeistlichen); süddt. das Leut ›(weibliche) Person‹ (L097 GWb); redensartlich⊚ Land und Leute (↑ "Land"). Der ursprünglich politische Sinn des Wortes kann sich so verallgemeinern und verengen, daß umgangssprachlich meine Leute ›meine Angehörigen‹ (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741, vgl. auch A180 Martin Luther, 1.Mose 10,5: nach irer Sprach, Geschlecht und Leute) bedeutet oder auch ›die unter jmds. Leitung Arbeitenden‹: Er(der Chef) trommelt nach und nach… seine besten Leute zusammen(Seghers; L337 WdG), ›Soldaten als Untergebene‹: zusammen mit sieben Leuten ein Spähtruppunternehmen auszuführen (Jens; L097 GWb); unter Leutenot verstanden die ostelbischen Grundbesitzer den Mangel an Arbeitskräften. Umgekehrt erfährt Leuteeine Bedeutungserweiterung zu ›Mensch‹: Behüte mich für den freuelen Leuten(Luther; L320 Trübner), zuweilen mit dem Nebensinn ›Menschenmenge, Öffentlichkeit‹: ich hau' ihn zusammen vor allen Leuten (M.Frisch; L337 WdG); hierher
⊚⊚ zum Gespött (älter Spott) der Leute werden (nach Psalm 27,7), Geld / ein Gerücht unter die Leute bringen (L320 Trübner). In Zusammensetzungen steht -leute als Plural zu "Mann", vgl. Amtleute (dafür jetzt meist Amtmänner), Handwerksleute (dafür heute ↑ "Handwerker"), Hauptleute, Kaufleute, Landsleute, Seeleute. Die von L109 Moriz Heyne 1885 vorgenommene Unterscheidung »›leute‹ faszt zusammen, ›männer‹ wahrt dem einzelnen seine bedeutung« (L059 DWb) gilt heute kaum noch. ↑ "Leutnant".
Leuteschinder, früher auch Leutsschinder ›jmd. , der seine Untergebenen übermäßig beansprucht, insbesondere roh behandelt‹ (1562 Mathesius; L059 DWb).
leutselig mhd. liutsælic ›den Leuten wohlgefällig, artig, anmutig‹ (↑ "selig"), seit dem 16. Jahrhundert (L059 DWb) ›den einfachen Leuten wohlgesonnen‹, daher heute oft spöttisch ›herablassend freundlich‹: Hergenröther hatte ihm leutselig auf die Schulter geklopft (Zuchardt; L337 WdG).
⊚⊚ zum Gespött (älter Spott) der Leute werden (nach Psalm 27,7), Geld / ein Gerücht unter die Leute bringen (L320 Trübner). In Zusammensetzungen steht -leute als Plural zu "Mann", vgl. Amtleute (dafür jetzt meist Amtmänner), Handwerksleute (dafür heute ↑ "Handwerker"), Hauptleute, Kaufleute, Landsleute, Seeleute. Die von L109 Moriz Heyne 1885 vorgenommene Unterscheidung »›leute‹ faszt zusammen, ›männer‹ wahrt dem einzelnen seine bedeutung« (L059 DWb) gilt heute kaum noch. ↑ "Leutnant".
Leuteschinder, früher auch Leutsschinder ›jmd. , der seine Untergebenen übermäßig beansprucht, insbesondere roh behandelt‹ (1562 Mathesius; L059 DWb).
leutselig mhd. liutsælic ›den Leuten wohlgefällig, artig, anmutig‹ (↑ "selig"), seit dem 16. Jahrhundert (L059 DWb) ›den einfachen Leuten wohlgesonnen‹, daher heute oft spöttisch ›herablassend freundlich‹: Hergenröther hatte ihm leutselig auf die Schulter geklopft (Zuchardt; L337 WdG).