Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Lektion
im 13. Jahrhundert < lat. lectio, Genitiv lectionis ›das Lesen, Vorlesen‹, zuvor bereits daraus (vgl. auch got. laíktjo) ahd. lekz(i)a, mhd. lecze, bei Fischart noch nebeneinander 1575 lezund 1590 lection (L081 FWb);1 (wie bereits im Althochdeutschen) ›biblische Textstelle‹ bzw. ›Lesung eines Bibelabschnitts‹ so noch bei Luther: nach der Lektion des Gesetzes und der Propheten;
2 pädagogisch ›Lehr-, Unterrichtsstunde‹ (1529; L081 FWb): Hierauff repetiert… man die Lection des vorigen tags (Fischart; ebenda), auch ›Behandlung eines bestimmten Abschnitts, Pensum‹, heute u. a. sportsprachlich stumme Lektion beim Fechten, was sich herleitet aus dem Fechtunterricht lectiones auff den Degen (1684;ebenda); aus (2)
3 jmdm. eine Lektion geben/ lesen, jünger erteilen »ironisch für ›ausschelten‹ und ›züchtigen‹« (1587; L081 FWb); abgeschwächt ›Belehrung‹ (bittere Lektion geben, jünger erteilen).
Lektor (1418; L081 FWb) < lat. lector ›Leser‹
1kirchlicher Vorleser‹ (so noch heute in evangelischer und katholischer Kirche für einen Laien, der in Vertretung des Pfarrers Lesegottesdienste hält bzw. während der Messe liturgische Texte vorliest),
2Lehrer (an Klosterschulen)‹ (veraltet), daraus
2.1 (1418; L081 FWb) ›Universitätslehrer‹ (noch 1636; ebenda),
2.2 (1688; ebenda) ›(ausländischer) Sprachlehrer für moderne Sprachen (an einer Ritterakademie)‹,
2.3 (1770; ebenda) ›Lehrer für praktische Übungen und neuere Sprachen an einer Hochschule‹;
3(wissenschaftlicher) Mitarbeiter eines Verlages zur Begutachtung und Bearbeitung der Manuskripte‹ (L025 Brockhaus 151932).
Lektorin (1797 Jean Paul Kaffe-Lectorin im Sinne von ›Kaffeesatz-Leserin‹, d. h. ›eine, die aus dem Kaffeesatz die Zukunft lesen zu können vorgibt‹; L081 FWb); folgt den Bedeutungen Lektor(2.3) u. (3).
Lektüre (1719, anfangs noch in französischer Form; L081 FWb) < gleichbedeutend franz. lecture (jedoch schon 1557 und noch 1807 Goethe Lectur< lat. lectura; ebenda);
1das Gelesene, Lesestoff‹: zur Lecture wird vornemlich die Historie empfohlen (1766 Allg. Dt. Bibl.; ebenda), anderthalb Stunden freilich, die mir unter der Lektüre… wie im Nu verstrichen waren (A189 Klaus Modick, Weg 156f.);
2 im 18. Jahrhundert auch ›Belesenheit‹: Diese Person hat sehr vielen Verstand, eine schöne Lektüre (Möser; L081 FWb).
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