Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
leise
ahd. liso(Adverb), mhd. lise (überwiegend Adverb), Herkunft unsicher (vgl. W.L244 Wolfgang Pfeifer, L175 Friedrich Kluge/ L175 Elmar Seebold);1 leise bezeichnet ursprünglich das Sanfte, nicht Heftige einer Bewegung (nicht prädikativ): und um die leiseste Bewegung, wie die Biene um die schwanken Zweige, meine Seele schweift' und flog (A131 Friedrich Hölderlin, Hyperion 61);
2 seit dem 17. Jahrhundert (jedoch zuvor schon bei Luther; L320 Trübner) ist die Beziehung auf den Gehöreindruck in den Vordergrund getreten (⇓ "S012" Gegensatz ↑ 1"laut"); vgl. den ähnlichen Übergang bei ↑ "sacht": das Reizwort der Sterbenden ist / leise (P.Handke, Die Reizwörter);
⊚ auf leisen Sohlen (1879 Raabe; L320 Trübner). Andere Verwendungen scheinen von hier übertragen;
3 leise wird auf alles bezogen, was keinen starken Eindruck auf die Sinne und die Empfindung macht, so daß es sich mit ↑ "leicht", unbedeutend berührt (Goethe; L059 DWb), z. B. leiser Nebel, Regen, Spott, Schlaf, leise Ahnung: und an dem Horizonte löst der Schnee der Berge sich in leisen Duft (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 39);
4 bereits mittelhochdeutsch (L059 DWb) ist leise auch auf die Wahrnehmungsfähigkeit für leise Geräusche im Sinne von ›scharfes Gehör‹ übertragen (heute veraltet): mein leiseres Ohr (Klopstock), leise hören (Lessing) u. a.; auf andere Wahrnehmungen übertragen: das leiseste Gefühl im Prüfen und im Wählen(Wieland), Herr Friedrich fühlte dennoch zu leise(H. v.Kleist); mit dem Nebensinn des Heimlichen, Verstohlenen: diz tribens also lise / daz nieman dervan / deheinen arcwan gewan (Tristan; L059 DWb), daher auch
Leisetreter (15. Jahrhundert Fastnachtsspiele leistreter, Leisetreter bei Münzer; L059 DWb),
1 ⇓ "S191" Schimpfwort für einen Menschen, der in seinem Benehmen feige Vorsicht zeigt; vielleicht ursprünglich von der Katze übertragen: Frau Leisetritt sein wollen (Luther, L284 Justus Georg Schottelius); ⇓ "S147" neuerdings
2 (scherzhaft) ›Schuh mit weichen Sohlen (in denen man kaum hörbar geht)‹: Herbert warf sich in Schale und zwängte sich in seine Leisetreter (1959 A083 Günter Grass, Blechtrommel 222).
ahd. liso(Adverb), mhd. lise (überwiegend Adverb), Herkunft unsicher (vgl. W.L244 Wolfgang Pfeifer, L175 Friedrich Kluge/ L175 Elmar Seebold);1 leise bezeichnet ursprünglich das Sanfte, nicht Heftige einer Bewegung (nicht prädikativ): und um die leiseste Bewegung, wie die Biene um die schwanken Zweige, meine Seele schweift' und flog (A131 Friedrich Hölderlin, Hyperion 61);
2 seit dem 17. Jahrhundert (jedoch zuvor schon bei Luther; L320 Trübner) ist die Beziehung auf den Gehöreindruck in den Vordergrund getreten (⇓ "S012" Gegensatz ↑ 1"laut"); vgl. den ähnlichen Übergang bei ↑ "sacht": das Reizwort der Sterbenden ist / leise (P.Handke, Die Reizwörter);
⊚ auf leisen Sohlen (1879 Raabe; L320 Trübner). Andere Verwendungen scheinen von hier übertragen;
3 leise wird auf alles bezogen, was keinen starken Eindruck auf die Sinne und die Empfindung macht, so daß es sich mit ↑ "leicht", unbedeutend berührt (Goethe; L059 DWb), z. B. leiser Nebel, Regen, Spott, Schlaf, leise Ahnung: und an dem Horizonte löst der Schnee der Berge sich in leisen Duft (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 39);
4 bereits mittelhochdeutsch (L059 DWb) ist leise auch auf die Wahrnehmungsfähigkeit für leise Geräusche im Sinne von ›scharfes Gehör‹ übertragen (heute veraltet): mein leiseres Ohr (Klopstock), leise hören (Lessing) u. a.; auf andere Wahrnehmungen übertragen: das leiseste Gefühl im Prüfen und im Wählen(Wieland), Herr Friedrich fühlte dennoch zu leise(H. v.Kleist); mit dem Nebensinn des Heimlichen, Verstohlenen: diz tribens also lise / daz nieman dervan / deheinen arcwan gewan (Tristan; L059 DWb), daher auch
Leisetreter (15. Jahrhundert Fastnachtsspiele leistreter, Leisetreter bei Münzer; L059 DWb),
1 ⇓ "S191" Schimpfwort für einen Menschen, der in seinem Benehmen feige Vorsicht zeigt; vielleicht ursprünglich von der Katze übertragen: Frau Leisetritt sein wollen (Luther, L284 Justus Georg Schottelius); ⇓ "S147" neuerdings
2 (scherzhaft) ›Schuh mit weichen Sohlen (in denen man kaum hörbar geht)‹: Herbert warf sich in Schale und zwängte sich in seine Leisetreter (1959 A083 Günter Grass, Blechtrommel 222).