Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Lein
ahd. / mhd. lin, gemeingermanisch (außergermanisch vergleicht sich lat. linum, griech. línon, wohl nicht urverwandt; vgl. L175 Friedrich Kluge/ L175 Elmar Seebold), ursprünglich Neutr. , seit mittelhochdeutscher Zeit Mask. (L059 DWb). Lein bezeichnet die Pflanze, den Flachs (so auch in Leinsamen, Leinsamenöl, Leinkuchen), sowie vereinzelt und fast nur literarisch den aus dem Flachs gewonnenen Faden: glänzend umwickelt der goldene Lein die tanzende Spindel (Schiller) oder das Gewebe (s. unten Leinwand): die schimmernde Wolle, den schneeigten Lein (Schiller), jetzt noch botanisch und landschaftlich. Das abgeleitete Adjektivleinen dagegen wird bereits althochdeutsch auf das aus dem Lein (s. oben) Bereitete bezogen: einem… Wagen mit rundem leinenem Verdeck (Jahnn; L097 GWb). Substantivierung des Adjektivs ist
Leinen (Luther; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt). In Leineweber, Leinwand, Leinewand (s. unten) ist n ausgestoßen. Die Nebenform Linnen ist eigentlich ⇓ "S150" niederdeutsch (mittelniederdt. linnen, altsächs. linin) und dringt im 18. Jahrhundert (Möser; L059 DWb) in die Schriftsprache ein; »gilt später gegen leinen… als das gewähltere wort« (L059 DWb), heute aber nur vereinzelt literarisch (vgl. L337 WdG) und sonst veraltet (L097 GWb). Vgl. noch ↑ {{link}}Leilach{{/link}}.
Leine ahd. lina, mhd. line, eigentlich ›aus Flachs hergestelltes Seil‹, ⇓ "S196" seemannssprachlich (ahd. ; W.L244 Wolfgang Pfeifer) ›dünnes Tau‹, hierher
zieh Leine!verschwinde‹ (Leine ziehen eigentlich von Binnenschiffen, die vom Ufer aus mit Zugleinen fortbewegt wurden; 1907; L320 Trübner); daneben allgemein auch für ein dünnes Seil (Wäscheleine); schließlich ebenso für Seile aus Leder (Pferdeleine, Hundeleine), hierher
⊚⊚ jmdm. Leine lassen umgangssprachlich ›Handlungsspielraum lassen‹, Gegensatz jmdn. an die Leine legen (beide L097 GWb). Dazu
Leinpfad mhd. linepfatgebahnter Weg am Ufer von Flüssen zum Fortziehen der Binnenschiffe mittels Leinen‹ (↑ "treideln").
Leinwand (älter Leinewand), ahd. / mhd. linwat (leinwaht noch bei Weckherlin [L059 DWb]; zu im Neuhochdeutschen untergegangenem WatGewand‹), unter Anlehnung an mittelniederdt. wantGewand‹ in frühneuhochdeutscher Zeit umgebildet zu Leinwand (bei Luther noch linwad neben seltenerem linwand; vgl. L059 DWb); spezialisiert Leinwand des Kunstmalers (Lessing; L059 DWb). ⇓ "S230" Nach heutigem Sprachempfinden wird das Grundwort von Leinwand als zu "Wand" gehörig empfunden, vgl. LeinwandProjektionswand (für Dias und Filme)‹ (1913 Leinewand; A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 1,85); dazu übertragen einen Roman auf die Leinwand bringenverfilmen‹ (L097 GWb).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Lein