Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
leihen
ahd. lihan, mhd. lihen, gemeingermanisches starkes Verb, lat. (re)linquere, griech. leípein ›zurücklassen, hinterlassen‹. Zuweilen erscheint schwaches Präteritum (leiheten A180 Martin Luther, 2.Mose 12,36). ⇓ "S101"1 Ursprünglich ›als Darlehen, auf Borg geben‹ (bereits gotisch; L059 DWb): so wirstu vielen Völckern leihen / vnd du wirst von niemand borgen (A180 Martin Luther, 5.Mose 15,6); dazu Leihbibliothek, Leihhaus s. unten; ⇑ "verleihen", "Darlehen", "Lehen".
2als Darlehen empfangen, auf Borg nehmen‹ (gotisch; L059 DWb): Der König von Polen soll von der Stadt Danzig haben drei Tonnen Goldes leihen wollen (E. v.Kleist; L320 Trübner); übertragen ich lieh das bild [den bildlichen Ausdruck] aus eines dichters munde (Gotter; L059 DWb); dazu leihweise, entleihen (↑ "entlehnen"); ↑ "Anleihe".
3 In der älteren ⇓ "S181" Rechtssprache auch ›zu Lehen geben‹ (mhd. ; frühnhd. veraltet; L059 DWb).
4 (zu [1]) verblaßt und übertragen (1677 Butschky; L059 DWb), wobei oft die Vorstellung zurücktritt, daß das Geliehene eigentlich zurückzuerstatten ist: du solltest dieser höchsten Schmeichelei nicht das Gewand vertrauter Freundschaft leihen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 96), Aber die Andacht leiht höheres Leben dem Stein (A222 Friedrich Schiller, Der Spaziergang); zur Formel erstarrt
⊚⊚ jmdm. den Arm leihen (Hebbel; L320 Trübner), jmdm. das Ohr leihenjmdn. anhören‹ (Klinger; L059 DWb).
Leihbibliothek (1786 ⇓ "S238" Jean Paul; L164 Friedrich Kluge) für älteres Lesebibliothek(private) Bibliothek, die gegen Entgelt Bücher verleiht‹; von der Sache her im Rückgang begriffen, seitdem öffentliche Büchereien und Bibliotheken kostenlos Bücher verleihen.  
Leihhaus (L284 Justus Georg Schottelius 1663) ›Pfandhaus‹.
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