Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
leicht
ahd. liht(i),mhd. liht(e), gemeingermanisches Adjektiv (engl. light, got. leihts), wurzelverwandt mit ⇑ "gelingen", "Lunge", "lungern". Der ⇓ "S012" Gegensatz zu ↑ "schwer" geht beinahe durch alle Schattierungen der Bedeutung. Nicht selten knüpft sich der Nebensinn des Leichtbeweglichen an: leichte Hand, leichter Fuß, leichte Pferde, leichter Wagen, Reiter, danach leichter Gang, Schritt. Es nähert sich der Bedeutung ›gering‹ (auch ↑ "gering" bedeutet ursprünglich ›leicht‹), ›unbedeutend‹: leichter Nebel, Regen; leichte Bedenken, Zweifel; leicht berühren, treffen, verwunden, mit dem Kopf nicken usw. Es wird nach der Analogie des Gefühlseindrucks auf Unkörperliches übertragen: leichte Arbeit, Schuld, Strafe; leichter Dienst, Kummer (neuerdings auch von Speisen u.ä. eine leichte Mahlzeit, auch leichte Zigarette usw.). Von hier aus Übergang in den Sinn ›nicht schwierig‹: die Ausführung ist leicht, der Spruch ist leicht zu behalten – es ist leicht, den Spruch zu behalten, es wird ihr leicht gemacht, sie hat es leicht, südostdeutsch sie tut sich leicht ›hat keine Schwierigkeiten‹; adverbial sie verschmerzt es leicht, ist leicht bestimmbar; sie wird leicht zornig ›es braucht nur einen geringen Anlaß, daß sie zornig wird‹.In der älteren Sprache hat leicht auch die Bedeutung von ↑ "vielleicht". Es kann auch dasjenige leicht genannt werden, was nicht bedrückt ist, vgl. mein Kopf ist leicht, ich fühle mich so leicht, mir ist leicht ums Herz, leichter Sinn. Von dort wiederum auf Architektur übertragen: Seitenkapelle von noch geistreicheren und leichteren Maßen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,20,209,11). Als Adverb im Sinne von ›ohne Schwierigkeit, auf unbedeutenden Anlaß hin‹ fungiert im 16./ 17. Jahrhundert häufig leichtlich (ahd. lihtlih), das auch im 18. Jahrhundert noch vereinzelt angewendet wird: Tränen… sie kamen ihr leichtlich ins Auge (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 4,112), darfst du nicht leichtlich ihm trauen (ebenda, 6,164);leichtfertig ⇓ "S075" mhd. lihtvertec, -tic (↑ "fertig"). Ursprünglich ›leicht, schnell in der Bewegung, im Entschluß‹: er fähret leichtfertig wie auf einem Wasser dahin (Luther), mit einem leichtfertigen Lächeln(von Lotte) (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,27,27); heute mit tadelndem Nebensinn: nachdem sie ihm einen leichtfertigen Blick zugeworfen (von Philine) (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 21,213,5);
leichtfüßig eigentlich ›einen leichten Fuß habend‹ (15. Jahrhundert; L059 DWb), daher ›flink, gewandt‹: Ein leichtfußiger Tanzer (L033 Joachim Heinrich Campe); bei diesem auch übertragen ›leichtsinnig, leichtfertig‹; dazu
Leichtfuß ⇓ "S027" übertragen ›leichtsinniger Mann‹ (L033 Joachim Heinrich Campe 1809, hier als »niedriges Wort« verzeichnet): er ist ein Bruder Leichtfuß, oft auch im Sinne von ›Frauenheld‹; ↑ "Fuß";
leichthin (Tieck; L059 DWb) eigentlich ›in leichter Art und Weise‹ jedoch das essen war schlecht. dieses erwähnte ich leichthin gegen meinen nachbar (Heine; L059 DWb);
leichtsinnig (1553 Sachs; L320 Trübner).
1 ›leichten Sinnes, unbeschwert, fröhlich‹; seit dem 17. Jahrhundert zunehmend und im 18. Jahrhundert schon (heute durchweg) negativ, einerseits moralisch wertend
2 ›leichtlebig‹, nahe an unbeständig (L311 Samuel Johann Ernst Stosch 1785) und "flatterhaft" (L063 Johann August Eberhard 1800), andererseits
3 die Neigung zum Spiel mit der Gefahr akzentuierend (»setzt das Wichtigste aufs Spiel« L063 Johann August Eberhard) ›unnötigerweise ein hohes persönliches Risiko eingehend‹ (↑ "mutig"): mit seiner Gesundheit, seinem Leben, Vermögen leichtsinnig umgehen, heute v. a. statt ↑ "verwegen"(2.2.1), anders als leichtfertig (s. oben) kaum auf sprachliche Äußerungen bezogen. Zu leichtsinnig(2 und 3)
Leichtsinn (L308 Kaspar Stieler 1691) »Zustand des Gemüthes, da man Dinge aus vorsetzlicher Unterlassung der gehörigen Überlegung geringer schätzet, für unwichtiger hält, als sie sind« (L003 Johann Christoph Adelung 1777); angeborne sorglosigkeit, die ziemlich nahe an leichtsinn gränzen mag(Wieland; L059 DWb); Goethe spielt noch mit der alten Bedeutung von leichtsinnig(1) und Leichtsinnigkeit (1541; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt): Nur das Leichtere trägt auf leichten Schultern der Leichtsinn, Aber der leichte Sinn trägt das Gewichtige leicht (L338 Friedrich Karl Ludwig Weigand), vgl. auch In der Jugend ist ihm ein froher Gefährte der Leichtsinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 1,93); phraseologisch jugendlicher Leichtsinn. Als Substantiv zu leicht (s. oben) ist
Leichtigkeit (mhd. lihtec[h]eit) häufiger als
Leichtheit (1787–91 W. F.v.Meyern; L059 DWb). Das Verb leichten ›leicht machen‹ frühneuhochdeutsch und literarisch (Klopstock, Voß), ↑ 2"lichten"; auch
leichtern (ahd. lihteron), Leichterung (mhd. lihterunge) in der neueren Zeit nur bei Dichtern, allgemein ↑ "erleichtern", "Erleichterung".
Leichter auch in niederdeutscher Form Lichter Mask. , ⇓ "S196" ›kleines Hafenfahrzeug, das zur Entladung größerer Schiffe verwendet wird‹ (1614 Pl. Leichtere; L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache) zu leichten (s. oben).
leichtfüßig eigentlich ›einen leichten Fuß habend‹ (15. Jahrhundert; L059 DWb), daher ›flink, gewandt‹: Ein leichtfußiger Tanzer (L033 Joachim Heinrich Campe); bei diesem auch übertragen ›leichtsinnig, leichtfertig‹; dazu
Leichtfuß ⇓ "S027" übertragen ›leichtsinniger Mann‹ (L033 Joachim Heinrich Campe 1809, hier als »niedriges Wort« verzeichnet): er ist ein Bruder Leichtfuß, oft auch im Sinne von ›Frauenheld‹; ↑ "Fuß";
leichthin (Tieck; L059 DWb) eigentlich ›in leichter Art und Weise‹ jedoch das essen war schlecht. dieses erwähnte ich leichthin gegen meinen nachbar (Heine; L059 DWb);
leichtsinnig (1553 Sachs; L320 Trübner).
1 ›leichten Sinnes, unbeschwert, fröhlich‹; seit dem 17. Jahrhundert zunehmend und im 18. Jahrhundert schon (heute durchweg) negativ, einerseits moralisch wertend
2 ›leichtlebig‹, nahe an unbeständig (L311 Samuel Johann Ernst Stosch 1785) und "flatterhaft" (L063 Johann August Eberhard 1800), andererseits
3 die Neigung zum Spiel mit der Gefahr akzentuierend (»setzt das Wichtigste aufs Spiel« L063 Johann August Eberhard) ›unnötigerweise ein hohes persönliches Risiko eingehend‹ (↑ "mutig"): mit seiner Gesundheit, seinem Leben, Vermögen leichtsinnig umgehen, heute v. a. statt ↑ "verwegen"(2.2.1), anders als leichtfertig (s. oben) kaum auf sprachliche Äußerungen bezogen. Zu leichtsinnig(2 und 3)
Leichtsinn (L308 Kaspar Stieler 1691) »Zustand des Gemüthes, da man Dinge aus vorsetzlicher Unterlassung der gehörigen Überlegung geringer schätzet, für unwichtiger hält, als sie sind« (L003 Johann Christoph Adelung 1777); angeborne sorglosigkeit, die ziemlich nahe an leichtsinn gränzen mag(Wieland; L059 DWb); Goethe spielt noch mit der alten Bedeutung von leichtsinnig(1) und Leichtsinnigkeit (1541; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt): Nur das Leichtere trägt auf leichten Schultern der Leichtsinn, Aber der leichte Sinn trägt das Gewichtige leicht (L338 Friedrich Karl Ludwig Weigand), vgl. auch In der Jugend ist ihm ein froher Gefährte der Leichtsinn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 1,93); phraseologisch jugendlicher Leichtsinn. Als Substantiv zu leicht (s. oben) ist
Leichtigkeit (mhd. lihtec[h]eit) häufiger als
Leichtheit (1787–91 W. F.v.Meyern; L059 DWb). Das Verb leichten ›leicht machen‹ frühneuhochdeutsch und literarisch (Klopstock, Voß), ↑ 2"lichten"; auch
leichtern (ahd. lihteron), Leichterung (mhd. lihterunge) in der neueren Zeit nur bei Dichtern, allgemein ↑ "erleichtern", "Erleichterung".
Leichter auch in niederdeutscher Form Lichter Mask. , ⇓ "S196" ›kleines Hafenfahrzeug, das zur Entladung größerer Schiffe verwendet wird‹ (1614 Pl. Leichtere; L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache) zu leichten (s. oben).