Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
lehnen
⇢ "Lehen"2 vereinigt intransitives mhd. lenen (linen) und kausatives transitives mhd. leinen(zuweilen auch intransitiv gebraucht), verwandt mit griech. klinein›(sich) neigen, (an)lehnen, niederlegen, beugen‹, lat. clinare. Im Mittelhochdeutschen also nebeneinander: intransitives lenenund transitives leinen (zuweilen auch intransitiv).
1 Sicher Fortsetzung des ersten ist lehnen, wo es noch intransitiv als Zustandsbezeichnung gebraucht wird: Bacchus… ruht in Lauben, lehnt in Höhlen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,10018), da lehnen sie auf ihren Wanderstäben (Uhland), immer lehnet mein Haupt an ihren Knieen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Venezianische Epigramme 3,3), der Sommer stand und lehnte (A010 Gottfried Benn, Astern); im Partizip ich wollt, ich säng im sand der wüste, / gelehnt an eines rosses bug (Freiligrath; L059 DWb); vereinzelt auch mit Akkusativ, dann den Eintritt eines Zustandes bezeichnend.
2 Der transitive Gebrauch ist wahrscheinlich ausgegangen von der niederdeutsch-ostmitteldeutschen Form lenen (leinen, noch im 16./ 17. Jahrhundert, sogar bei Wieland). Übertragen an die Seite (jetzt veraltet), beiseite lehnen: uns ziemt jedoch, diese betrachtungen noch an die seite zu lehnen (Goethe; L059 DWb); vgl. auch ↑ "ablehnen".
3 Das Reflexivum, ursprünglich den Eintritt des Zustandes bezeichnend, jetzt auch für die Dauer desselben, hat das Intransitivum zurückgedrängt (siehe auch unter ↑ "an"). Übertragen im Sinne von ›an etwas vertrauend festhalten‹ bei Schiller: du kannst dich / auf dieses unstet schwanke rohr nicht lehnen (L059 DWb), vgl. auch ↑ "anlehnen"; im Sinne von ›jmdm. / einer Sache widerstehen‹: die sterne müssen selbst als feinde dem begegnen, der wider gott sich lehnt (Lohenstein; L059 DWb), vgl. ⇑ "auflehnen", "Leite", 2"Leiter".
Lehne ahd. (h)lina, mhd. lene (line)etwas, an das man sich lehnt‹ (urverwandt griech. klíne ›Ruhelager‹), jetzt allgemein üblich nur für die Rücken- und Armlehne eines Sitzes, früher auch ›Geländer‹ (ahd. ; L059 DWb; noch mehrfach bei A075 Johann Wolfgang von Goethe: Steg, nur an der einen Seite mit Lehne versehenI,251,120,8). Auch (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741) vereinzelt und heute noch süddeutsch/ österreichisch/ schweizerisch übertragen ›sanfter Bergabhang‹.
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