Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
laut
1 ahd. (h)lut, mhd. lut, westgermanisches Adjektiv (engl. loud), verwandt mit dem ersten Bestandteil von Ludwig und anderen Eigennamen, dem griech. klytós und lat. inclutus ›berühmt‹ entspricht. Es bezieht sich gewöhnlich auf ein starkes Geräusch als ⇓ "S012" Gegensatz zu ↑ "leise", bedeutet aber zuweilen nur überhaupt ›mit dem Gehör vernehmbar‹ (Gegensatz zu ↑ "still", auch ↑ "stumm"),z. B. laut denken, Wünsche laut werden lassen; daher ist es denn ebenso ›bekannt, öffentlich‹: da nun das Gebot und Gesetz des Königs laut ward (Luther), dieser verräterische Anschlag wurde noch zu rechter Zeit laut (Schiller), er fürchtet, daß es laut bei Hofe werde (Goethe), das Geheimnis unsers Umgangs laut zu machen (Schiller); im Sinne von ›sehr deutlich, offenkundigUnd warum leiden, Prinz? bei diesem lauten / Berufe[›Bestimmung‹] zum Genuß der Welt (A222 Friedrich Schiller, Karlos 2,8); ⇑ "vorlaut", "kleinlaut". Dazu 2lautals Präposition, sowie lautbar, lauten, läuten (s. unten); entfernter verwandt ↑ "Leumund".Laut mhd. lut, aus dem Adjektiv laut (s. oben) gebildet. In der ⇓ "S100" Jägersprache (der Hund gibt Laut) von einem Gebell, das als Zeichen dient. ⇓ "S208" Sprachwissenschaftlich »unspezifische Bezeichnung für kleinste auditiv, akustisch oder artikulatorisch unterscheidbare Elemente der gesprochenen Sprache« (L029 Hadumod Bußmann). Zur darstellung der laute in sämmtlichen deutschen sprachen bediene ich mich… der heutigen gangbaren buchstaben(J.L095 Jacob Grimm, Deutsche Grammatik 1822,3); zuvor auch in erweiterter Bedeutung wie auch sehr viel deutsche Wörter mit der griechischen an Laut und bedeutung übereinkommen (Gueintz; E.L188 Ernst Leser 23); viele Zusammensetzungen als grammatikalische Kunstausdrücke: Hauchlaut, Lippenlaut, Zungenlaut, Doppellaut; ↑ "Anlaut", Inlaut, ↑ "Auslaut", ⇑ "Ablaut", "Umlaut". In der älteren Sprache bezeichnet Lautden Inhalt eines (eigentlich vorgelesenen) Schriftstückes, so noch in Wortlaut.Häufig war nach Laut des Briefes; so noch bei Jean Paul in einer vom Gewöhnlichen abweichenden Verwendung: eines Weges, welcher vielleicht der Niclausische hätte können genannt werden, oder auch nach Laut von König- oder Kaiserstraße die Marggraf-Straße. Daraus hervorgegangen ist seit dem 15. Jahrhundert (vgl. mhd. nach lute [der briefe] ›nach dem Wortlaut‹)
laut2 als Präposition mit Genitiv, wofür zuweilen (durch Einfluß von nach, vgl. L012 Otto Behaghel, Syntax 2,31.48) auch der Dativ erscheint: laut dem Vorbericht (Goethe), laut Schreiben, Rechnung, Befehl.
Lautgesetz (W.Humboldt; Festschrift für H.Suchier 1900,349ff.) ›Regularität, nach der sich ein Lautwandel vollzieht‹, Zentralbegriff der historischen Sprachbeschreibung der "Junggrammatiker", deren Vorstellung von der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze in der Folgezeit relativiert wurde. Lit.: G.Schneider, Zum Begriff des Lautgesetzes, 1973;
lauthals (L056 Duden 101929) nach ⇓ "S150" niederdt. ludhalsaus voller Kehle, überaus laut‹, zuvor schon lauthalsig bei Voß (L059 DWb);
Lautmalerei (Wackernagel; L059 DWb) ›Wortbildung durch Klangnachahmung, wobei, in unterschiedlicher Intensität, die Arbitrarität des Sprachzeichens aufgehoben ist‹, dafür auch
Onomatopöie (L031 Joachim Heinrich Campe Erg. 1801), von griech. ónoma ›Wort, Name‹ und poieín ›machen, dichten‹, »Eigenschaft einiger Wörter, vermöge welcher sie Naturtöne nachahmen« (ebenda), z. B. ⇑ "papperlapapp", "Kuckuck", "wimmern";
Lautsprecher (L056 Duden 101929), ⇓ "S124" Lehnübersetzung von engl. loudspeaker,
1 »Vorrichtung, drahtlose Wellen laut hörbar werden zu lassen« (ebenda) und insofern Teil eines Radios, wohl auch – als Teil fürs Ganze – im Sinne von ›Radio‹, dazu übertragen ›Schreier, Schreihals‹ (L177 Heinz Küpper 1,1926), dann
2Vorrichtung zur verstärkten Wiedergabe von Sprache und Musik‹, dazu Lautsprecheranlage (L337 WdG);
Lautverschiebung Die ganze für geschichte der sprache und strenge der etymologie folgenreiche zweifache lautverschiebung stellt sich tabellarisch so dar (⇓ "S032" J.L095 Jacob Grimm, Deutsche Grammatik 1822,584), ›systematische und regelhafte Veränderung indogermanischer und germanischer Konsonantengruppen, die zur Ausgliederung des Germanischen (erste oder germanische Lautverschiebung, engl. Grimm's law 1841; L228 OED) und des Hochdeutschen (zweite oder althochdeutsche Lautverschiebung) führt‹;
lautbar laszt eure stimme lautbar sein(Opitz; L059 DWb), auch in lautbar werdenbekannt werden‹ (veraltet), dazu ↑ "verlautbaren";  
lauten ahd. (h)luten zu 1laut(s. oben).
1 Als Subjekt steht ein Gegenstand, der einen Laut von sich gibt. Absolut ist es veraltet: an welchem Ort ihr die Posaunen lauten höret (Luther). Speziell von Glocken (wofür jetzt läuten [s. unten]): die Glocke zur Hora lautet(Schiller), zwanzig lautenden Glocken (Jean Paul), es scheint zu lauten im Gebirge(Immermann); redensartlich (veraltet) freilich hat er lauten hören: nur zusammenschlagen hat er nicht gehört (Lessing) (›er hat eine dunkle Kunde, aber keine gründliche Kenntnis‹; das Zusammenschlagen bezieht sich wohl auf das letzte, für den Beginn des Gottesdienstes entscheidende Zusammenläuten der Glocken gegenüber dem vorausgehenden Läuten einzelner Glocken, vgl. L019 Wilhelm Borchardt 302). Länger hat sich lautengehalten mit einer Bestimmung der Art und Weise, wiewohl auch da ↑ "klingen" vorgezogen wird: die Harfe lautet nicht übel, ist sehr wohllautend.
2 Häufiger steht als Subjekt der Ton, der erklingt: was auch… für Töne lauten (Goethe), weniger auffällig noch der Gesang lautet schön. Die Sprachlaute werden von älteren Grammatikern als selbstlautende und mitlautende (Selbstlauter [Bellin 1657: Selblauter; E.L188 Ernst Leser 22] und Mitlauter [ebenda]) unterschieden; ⇑ "Mitlaut", "Selbstlaut".
3 Wirklich üblich ist lautennur noch in der Bedeutung, die auf Laut (s. oben) ›Wortlaut‹ beruht, indem es den Wortlaut, dann auch den Inhalt einer Rede oder eines (ursprünglich laut verlesenen) Schriftstücks wiedergibt: der Brief lautete so, das Urteil lautete auf Freispruch.
4 Ungewöhnlich wie es zu Meinungen lautetwie es kund wird, wie das Gerücht umgeht‹ (Schiller); dafür jetzt ↑ "verlauten".
läuten ahd. (h)lut(t)en, mhd. liuten, ursprünglich allgemein ›laut machen, ertönen lassen‹. Frühzeitig ist es speziell auf das Ertönenlassen der Glocken bezogen. Diese werden als Objekt hinzuverstanden, dadurch wird läuten intransitiv, und man sagt dann auch mit den Glocken läuten. Schließlich wird die Glocke als Subjekt zu läuten gesetzt, und es tritt anstelle des älteren lauten(s. oben). Von der Glocke landschaftlich (besonders ⇓ "S212""S164" süddeutsch/ österreichisch) übertragen: es läutet an der Tür, vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 27 (↑ "klingeln"); der Wecker, das Telefon läutet; auch nach dem Kellner läuten. Redensartliche Wendungen:
jmd. hat etwas läuten hörennichts Genaues von einer Sache wissen‹, verkürzte Form von jmd. hat's läuten hören, aber nicht zusammenschlagen (s. oben lauten), schon bei Luther und L019 Wilhelm Borchardt: mit ähnlichem Sinn veraltet jmd. hat läuten hören, ohne zu wissen, wo die Glocken hängen.
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