Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kutsche
von Pferden gezogenes Fuhrwerk mit festem Verdeck‹ zu Beginn des 16. Jahrhunderts < ⇓ "S225" ungarisch kocsi, Verkürzung (1493) von kocsi szekér ›Wagen aus Kocs‹, einer Station zwischen Wien und Budapest mit Pferdewechsel (vgl. L320 Trübner, W.L244 Wolfgang Pfeifer); zunächst als verdeutlichende Umschreibung Cotschien Wägnen (1518; L320 Trübner), Gutschenwagen (1543; ebenda), das einfache Gotsche 1562 (ebenda). Vom 17. bis 19. Jahrhundert v. a. »vornehmer Wagen« (L109 Moriz Heyne), in stolzen kutschen fahren(Gellert; L059 DWb), sehr gut nimmt das Kütschchen sich aus, das neue; bequemlich säßen Viere darin und auf dem Bocke der Kutscher (Goethe; L264 Daniel Sanders); daneben erhält Kutsche im entsprechenden Kontext die Bedeutung ›Postwagen‹, vielfach aber mit präzisierendem Zusatz mit der ordinari Kutsche (1644; L320 Trübner), mit der gelben Kutsche (Goethe; ebenda). Kutsche »ist.. nun über seine glanzzeit hinaus und equipage an seiner stelle« (Hildebrand; L059 DWb1873). 1906 nennt L109 Moriz Heyne das Gefährt »bescheidener«: am hausthor harrte die leidige kutsche (P.Heyse; L109 Moriz Heyne); von daher übertragen ›untaugliches, oft veraltetes Fahrzeug, v. a. ein Auto‹ (L337 WdG). »Das Wort ist im ganzen deutschen Sprachgebiet verbreitet,.. in einer ganzen Reihe von Orten selten« (L171 Paul Kretschmer), in denen z. B. "Chaise" oder Kaless/ Kalesse (↑ "Kalesche") an die Stelle von Kutsche treten; andererseits bezeichnet Kutsche in einigen Umgangssprachen (z. B. »Württemberg, Nürnberg, Braunschweig« L320 Trübner) auch den ›städtischen Mietwagen‹, der gemeinhin "Droschke" heißt. Die wortgeographischen und synonymen Besonderheiten sind (eigentlich) unbedeutend gegenüber dem Aufkommen der Benzinkutsche (»um 1900«; L177 Heinz Küpper), die in lockerer Umschreibung auf das ›Automobil‹ hinweist, das Kutsche zum historischen Wort macht. Dazu Hochzeitskutsche (1873; L059 DWb), früher Brautkutsche (L169 Matthias Kramer 1701), "Postkutsche" (L308 Kaspar Stieler 1691), Retourkutsche »eine zurückfahrende Kutsche« (L264 Daniel Sanders), auch übertragen »die wohlfeile Art und Weise, einen witzigen Vorwurf etc. ohne Aufwand eigenen Geistes, mit derselben Wendung zurückzugeben« (ebenda; studentensprachlich 1813; L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 3, 85). »Nach der Verschiedenheit der Einrichtung und des Gebrauchs erhält die Kutsche verschiedene Namen« (L144 Johann Karl Gottfried Jacobsson 1782). ⇓ "S237" Sinnverwandte Wörter: ⇑ "Berline", "Chaise", "Droschke", "Einspänner", "Equipage", "Fahrzeug", "Fiaker", "Fuhrwerk", "Kabriolett", "Kalesche", "Karosse", "Karrete", "Karriole", "Kremser", "Landauer", "Tandem", "Wagen"; Halbkutsche (↑ "Chaise"),Komfortabel (↑ "Fiaker"),Verdeckwagen (↑ "Wagen").Kutscher (1589; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) So'n richtiger alter Kutscher (A210 Wilhelm Raabe, Horacker 12,400), Der Karren steckt zu tief im Dreck, die alten Kutscher müssen weg!"S046" Demospruch 1989 (L282 Wolfgang Schneider, Demontagebuch 1990, 60); als Zusammensetzung Müllkutscher (veraltet ›Müllmann‹, ↑ "Müll").
kutschieren (L169 Matthias Kramer 1678), im 16. Jahrhundert noch kutschen (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt),
Kutschbock (L033 Joachim Heinrich Campe 1808).
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