Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kritik
(1688 Thomasius; L081 FWb) < franz. critique (griechischen Ursprungs wie ↑ "Krise"),1.1 ⇓ "S127" ›abwägende Beurteilung‹, in bezug auf Werke der Literatur, Kunst und Wissenschaft ausgebildet v. a. durch Lessing; es gibt eine zerstörende kritik und eine productive (Goethe; L059 DWb); vgl. weiter L256 2RL2,63ff. Literarische Kritik, "Rezension";
⊚ unter aller Kritik ›wertlos‹ (1769; L081 FWb), ↑ "Kanon". ⇓ "S030" Im 18. Jahrhundert auch schon metonymisch
1.2 ›die eine Kritik(1.1) enthaltende Schrift‹,
1.3 (veraltet) ›Fähigkeit zur Kritik(1.1)‹ und kollektivierend
1.4 ›Gesamtheit der Kritik(1.1) bzw. der Kritiker‹. I.Kant: Kritik der reinen Vernunft (1781) unternimmt nicht eine Kritik der Bücher und Systeme, sondern die des Vernunftvermögens überhaupt (L138 HWbPh 4,1267); vgl. noch K.Röttgers: Kritik und Praxis. Zur Geschichte des Kritikbegriffs von Kant bis Marx (1975). Umgangssprachlich heute
1.5 ›Tadel, Einwand‹ an etwas/ jmdm. Kritik üben; keine Kritik vertragen können.
kritisch
1 ›Kritik(1.1) übend oder enthaltend‹ (1662; L081 FWb), früh in Titeln beliebt; vgl. A080 Johann Christoph Gottsched, Critische Dichtkunst (1730), J.J.Bodmer, Critische Briefe (1746), usw.; zugleich entsprechend ↑ "Krise"
2 ›entscheidend, gefährlich‹ die Lage ist kritisch. Mit ⇓ "S037" bildungssprachlichem Suffix -isieren
kritisieren (1663 L284 Justus Georg Schottelius, HaubtSprache 186)
1.1 ›Kritik(1.1) üben‹ Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden. Ein Kunsturteil, welches nicht selbst ein Kunstwerk ist,… hat gar kein Bürgerrecht im Reiche der Kunst (F.A223 Friedrich Schlegel, Lyceumsfragmente; 2,162); daneben
1.2 tendierend zu ›Unwillen, Mißfallen äußern‹, umgangssprachlich: so viel zankens und critisierens (L284 Justus Georg Schottelius 1663,186), im Gegensatz zu ↑ "schimpfen" emotionslos konkret und sachlich wie ⇑ "tadeln", "rügen": Während die Justizräthin… ihre scharfe Kritik… kritisierte (Gutzkow; L264 Daniel Sanders).
Kritiker 1774 Schubart (L081 FWb), gebucht L286 Friedrich August Schröter 1788, bis ins 19. Jahrhundert meist in lateinischer Form Criticus (L004 Johann Christoph Adelung, L033 Joachim Heinrich Campe); Ein Kritiker ist ein Leser, der wiederkäut. Er sollte also mehr als einen Magen haben (F.A223 Friedrich Schlegel, Lyceumsfragmente; 2,149).
Kritikaster (1767 Lessing; L081 FWb) ›kleinlicher, unbedeutender Kritiker‹ analog Philosophaster, Poetaster usw.
Kritizismus 1790 Kriticism bei ⇓ "S032" I.Kant zur Charakterisierung der eigenen ⇓ "S168" Philosophie (wohl nach engl. criticism), vgl. F.W.D.Snell, Über philosophischen Critizismus in Vergleichung mit Dogmatismus und Skeptizismus (1802); L138 HWbPh 4,1294ff.
⊚ unter aller Kritik ›wertlos‹ (1769; L081 FWb), ↑ "Kanon". ⇓ "S030" Im 18. Jahrhundert auch schon metonymisch
1.2 ›die eine Kritik(1.1) enthaltende Schrift‹,
1.3 (veraltet) ›Fähigkeit zur Kritik(1.1)‹ und kollektivierend
1.4 ›Gesamtheit der Kritik(1.1) bzw. der Kritiker‹. I.Kant: Kritik der reinen Vernunft (1781) unternimmt nicht eine Kritik der Bücher und Systeme, sondern die des Vernunftvermögens überhaupt (L138 HWbPh 4,1267); vgl. noch K.Röttgers: Kritik und Praxis. Zur Geschichte des Kritikbegriffs von Kant bis Marx (1975). Umgangssprachlich heute
1.5 ›Tadel, Einwand‹ an etwas/ jmdm. Kritik üben; keine Kritik vertragen können.
kritisch
1 ›Kritik(1.1) übend oder enthaltend‹ (1662; L081 FWb), früh in Titeln beliebt; vgl. A080 Johann Christoph Gottsched, Critische Dichtkunst (1730), J.J.Bodmer, Critische Briefe (1746), usw.; zugleich entsprechend ↑ "Krise"
2 ›entscheidend, gefährlich‹ die Lage ist kritisch. Mit ⇓ "S037" bildungssprachlichem Suffix -isieren
kritisieren (1663 L284 Justus Georg Schottelius, HaubtSprache 186)
1.1 ›Kritik(1.1) üben‹ Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden. Ein Kunsturteil, welches nicht selbst ein Kunstwerk ist,… hat gar kein Bürgerrecht im Reiche der Kunst (F.A223 Friedrich Schlegel, Lyceumsfragmente; 2,162); daneben
1.2 tendierend zu ›Unwillen, Mißfallen äußern‹, umgangssprachlich: so viel zankens und critisierens (L284 Justus Georg Schottelius 1663,186), im Gegensatz zu ↑ "schimpfen" emotionslos konkret und sachlich wie ⇑ "tadeln", "rügen": Während die Justizräthin… ihre scharfe Kritik… kritisierte (Gutzkow; L264 Daniel Sanders).
Kritiker 1774 Schubart (L081 FWb), gebucht L286 Friedrich August Schröter 1788, bis ins 19. Jahrhundert meist in lateinischer Form Criticus (L004 Johann Christoph Adelung, L033 Joachim Heinrich Campe); Ein Kritiker ist ein Leser, der wiederkäut. Er sollte also mehr als einen Magen haben (F.A223 Friedrich Schlegel, Lyceumsfragmente; 2,149).
Kritikaster (1767 Lessing; L081 FWb) ›kleinlicher, unbedeutender Kritiker‹ analog Philosophaster, Poetaster usw.
Kritizismus 1790 Kriticism bei ⇓ "S032" I.Kant zur Charakterisierung der eigenen ⇓ "S168" Philosophie (wohl nach engl. criticism), vgl. F.W.D.Snell, Über philosophischen Critizismus in Vergleichung mit Dogmatismus und Skeptizismus (1802); L138 HWbPh 4,1294ff.