Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kreuz
ahd. kruzi, mhd. kriuze < ⇓ "S120" lat. crux (crucem). ⇓ "S110" Es wurde zunächst von dem Kreuz Christi gebraucht, dann von dessen Nachbildungen, vgl. Kreuzfahrer (weil mit dem Zeichen des Kreuzes versehen), Kreuzfahrt, Kreuzritter; auch für bloße symbolische Andeutungen, daher auch ein Kreuz schlagen (mit der Hand oder dem Zeigefinger) als Segen, als Schutz vor bösen Geistern (zum Volksglauben ausführlich L140 HWDA5,478ff.). An das Kruzifix ist auch gedacht in⊚ zu(früher zum) Kreuze kriechen ›sich unterwerfen‹ (Luther), ursprünglich wörtlich zu nehmen als Teil der Karfreitagsliturgie, um den Kreuzablaß (Fischart) zu erlangen (vgl. L360 ZDW12,210ff.). In Flüchen findet Kreuz Verwendung: Kreuzdonnerwetter u.dgl.; daher wohl abgeblaßt der Gebrauch als ⇓ "S228" Verstärkung: kreuzgut (Fischart), kreuzbrav (1749; L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 2,20), kreuzfidel (1808; L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 3,29). Im Anschluß an die Bibel (Markus 8,34, 10,21 u. a.) ist Kreuz schon mittelhochdeutsch Symbol für auferlegte Leiden; scherzhaft heißt die Frau Ehekreuz, Hauskreuz. Jünger ist Kreuz ohne christliche und daraus abgeleitete Bedeutung auf die bloße Gestalt bezogen: Kreuzotter (s. unten), Kreuzspinne (weil mit einer kreuzartigen Zeichnung versehen); Fensterkreuz, Kreuzweg (s. unten), Kreuzfeuer (s. unten) usw.; Kreuz statt Unterschrift: Er kann nicht schreiben, doch sein Kreuz ist gut (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 4,6); Kreuz »der Rücken bis zu den Lenden« (L305 Christoph Ernst Steinbach 1734). Als Richtungsbezeichnung übers Kreuz, zunächst von zwei Richtungen gebraucht, die sich durchkreuzen, dann ›schräg‹. Formelhaft verbunden ⇓ "S007"
⊚ kreuz und quer: Thüringen kreuz und quer durchwandernd (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 32,131; L059 DWb); die Einheitlichkeit der Verbindung zeigt sich darin, daß man Zusammensetzungen damit bildet: Kreuz- und Quersprünge u.dgl.; ferner, daß man den femininen Artikel davor setzt, der nur zu "Quere" paßt: wir reiten in die Kreuz und Quer(Goethe); und nicht etwa die Kreuz und Quer irrlichteliere hin und her (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1916); daraus dann wieder die Kreuz und die Quer (Wieland). Von unterschiedlicher Form Andreaskreuz, ↑ "Hakenkreuz" usw.
kreuzen (ahd. )
1 veraltet intransitiv ›ein Kreuz schlagen‹ dann kreuz' und segn' ich (Voß); sich kreuzen ›sich durch Kreuzschlagen vor bösen Geistern schützen‹, jetzt sich bekreuzen, bekreuzigen;
2 transitiv ›kreuzweis übereinanderschlagen‹ (Beine, Arme) 19. Jahrhundert.
3.1 ›kreuzweis überschneiden, durchschneiden‹ (18. Jahrhundert); häufig reflexiv sich kreuzen; zuweilen durch einfaches kreuzen wie sich kreuzen: dieser kreuzenden Linien und Strahlen (Jean Paul); kreuzen mit dem Nebensinn des Störens: er kreuzt (noch üblicher durchkreuzt) meine Pläne; entsprechend
3.2 in der Tierzucht ›Rassen usw. über Kreuz paaren‹ (wie franz. croiser, engl. cross) L264 Daniel Sanders 1860.
4 ›sich kreuz und quer bewegen‹, ⇓ "S196" besonders von Schiffen (1627 nach niederländ. kruisen), ↑ "aufkreuzen"; zu kreuzen(4)
Kreuzer1 ⇓ "S087" ⇓ "S196" ›kreuzendes Schiff‹ 1662, wohl nach ⇓ "S151" niederländ. cruiser (vgl. L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache); zu kreuzen(4) auch touristisch Kreuzfahrt (im Sinne von Kreuzzug [s. unten] schon mittelhochdeutsch).
Kreuzer2 ⇓ "S087" ›Geldmünze‹, mhd. kruizer (vgl. mittellat. denarius cruciatus). Die Münze heißt so nach dem ursprünglich (im 13. Jahrhundert in Verona und Meran) aufgeprägten Kreuz. Jung
Kreuzung zu kreuzen(3.1): Gleiskreuzung; Kreuzungspunkt (L059 DWb1873), bzw. zu kreuzen(3.2).
Kreuzungswort ⇓ "S208" aus Bestandteilen zweier Wörter gebildetes Kurzwort, z. B. ↑ "Grusical" < Grusel und Musical, ↑ "jein" < ja und nein.
Kreuzfeuer ›Beschuß von mehreren Seiten‹ (L264 Daniel Sanders 1860), schon im 19. Jahrhundert übertragen »das Kreuzfeuer von Redensarten« (ebenda), auch redensartlich im Kreuzfeuer der Kritik stehen;
Kreuzgang mhd. kriuz(e)ganc
1 früher ›Gang mit dem Kreuz, Prozession‹.
2 ›quadratischer Arkadengang, der sich an eine Kloster- oder Stiftskirche anschließt und einen Innenhof, den Kreuzgarten, umgibt‹ (als Prozessionsweg nach [1] benannt).
Kreuzhacke (L059 DWb 16. Jahrhundert) sah [die kluge Else] oben an die Wand hinauf und erblickte… eine Kreuzhacke… , welche die Maurer da… hatten steckenlassen(Brüder A087 Jacob und Wilhelm Grimm 34).
Kreuzotter »die giftigste der bei uns einheimischen Schlangen« L033 Joachim Heinrich Campe 1809.
Kreuzschnabel 1557, auch Krummschnabel, Christvogel; älter Krinitz (schles. 14.Jahrhundert grinis aus dem ⇓ "S200" Slawischen), Krünitz, Grünitz.
Kreuzverhör ⇓ "S124" Lehnübersetzung nach engl. cross-examination (L059 DWb1873) ›besondere Form des Verhörs nach englischem Recht‹, übertragen ›intensives Verhör‹ Konnte der Heizer überhaupt noch reden, ja und nein sagen, wie es bei dem Kreuzverhör… nötig sein würde (A149 Franz Kafka, Der Verschollene, 33), auch redensartlich jmdn. ins Kreuzverhör nehmen.
Kreuzweg
1 ›Stelle, wo sich Wege kreuzen‹ (1640),
2 ›Prozessionsweg mit den 14 Leidensstationen‹.
Kreuzzug ersetzt älteres (mhd. ) Kreuzfahrt seit dem 18. Jahrhundert (L305 Christoph Ernst Steinbach 1734), vgl. J.G.Hamann, Kreuzzüge des Philologen (1762);
kreuzigen ›ans Kreuz schlagen‹, ahd. cruzigon, mhd. kriuzigen, symbolisch nach Galater 5,24 ›abtöten‹: Liebeswerke und Bußübungen, womit sie ihre Eitelkeit kreuzigte (Schiller). Veraltet sich kreuzigen ›ein Kreuz zum Schutz gegen böse Geister schlagen‹; uneigentlich weil eure Bürger sich vor den Faustrechtszeiten kreuzigen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götter, Helden und Wieland, 38,33,21), jetzt nur noch sich bekreuzigen.
⊚ kreuz und quer: Thüringen kreuz und quer durchwandernd (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 32,131; L059 DWb); die Einheitlichkeit der Verbindung zeigt sich darin, daß man Zusammensetzungen damit bildet: Kreuz- und Quersprünge u.dgl.; ferner, daß man den femininen Artikel davor setzt, der nur zu "Quere" paßt: wir reiten in die Kreuz und Quer(Goethe); und nicht etwa die Kreuz und Quer irrlichteliere hin und her (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1916); daraus dann wieder die Kreuz und die Quer (Wieland). Von unterschiedlicher Form Andreaskreuz, ↑ "Hakenkreuz" usw.
kreuzen (ahd. )
1 veraltet intransitiv ›ein Kreuz schlagen‹ dann kreuz' und segn' ich (Voß); sich kreuzen ›sich durch Kreuzschlagen vor bösen Geistern schützen‹, jetzt sich bekreuzen, bekreuzigen;
2 transitiv ›kreuzweis übereinanderschlagen‹ (Beine, Arme) 19. Jahrhundert.
3.1 ›kreuzweis überschneiden, durchschneiden‹ (18. Jahrhundert); häufig reflexiv sich kreuzen; zuweilen durch einfaches kreuzen wie sich kreuzen: dieser kreuzenden Linien und Strahlen (Jean Paul); kreuzen mit dem Nebensinn des Störens: er kreuzt (noch üblicher durchkreuzt) meine Pläne; entsprechend
3.2 in der Tierzucht ›Rassen usw. über Kreuz paaren‹ (wie franz. croiser, engl. cross) L264 Daniel Sanders 1860.
4 ›sich kreuz und quer bewegen‹, ⇓ "S196" besonders von Schiffen (1627 nach niederländ. kruisen), ↑ "aufkreuzen"; zu kreuzen(4)
Kreuzer1 ⇓ "S087" ⇓ "S196" ›kreuzendes Schiff‹ 1662, wohl nach ⇓ "S151" niederländ. cruiser (vgl. L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache); zu kreuzen(4) auch touristisch Kreuzfahrt (im Sinne von Kreuzzug [s. unten] schon mittelhochdeutsch).
Kreuzer2 ⇓ "S087" ›Geldmünze‹, mhd. kruizer (vgl. mittellat. denarius cruciatus). Die Münze heißt so nach dem ursprünglich (im 13. Jahrhundert in Verona und Meran) aufgeprägten Kreuz. Jung
Kreuzung zu kreuzen(3.1): Gleiskreuzung; Kreuzungspunkt (L059 DWb1873), bzw. zu kreuzen(3.2).
Kreuzungswort ⇓ "S208" aus Bestandteilen zweier Wörter gebildetes Kurzwort, z. B. ↑ "Grusical" < Grusel und Musical, ↑ "jein" < ja und nein.
Kreuzfeuer ›Beschuß von mehreren Seiten‹ (L264 Daniel Sanders 1860), schon im 19. Jahrhundert übertragen »das Kreuzfeuer von Redensarten« (ebenda), auch redensartlich im Kreuzfeuer der Kritik stehen;
Kreuzgang mhd. kriuz(e)ganc
1 früher ›Gang mit dem Kreuz, Prozession‹.
2 ›quadratischer Arkadengang, der sich an eine Kloster- oder Stiftskirche anschließt und einen Innenhof, den Kreuzgarten, umgibt‹ (als Prozessionsweg nach [1] benannt).
Kreuzhacke (L059 DWb 16. Jahrhundert) sah [die kluge Else] oben an die Wand hinauf und erblickte… eine Kreuzhacke… , welche die Maurer da… hatten steckenlassen(Brüder A087 Jacob und Wilhelm Grimm 34).
Kreuzotter »die giftigste der bei uns einheimischen Schlangen« L033 Joachim Heinrich Campe 1809.
Kreuzschnabel 1557, auch Krummschnabel, Christvogel; älter Krinitz (schles. 14.Jahrhundert grinis aus dem ⇓ "S200" Slawischen), Krünitz, Grünitz.
Kreuzverhör ⇓ "S124" Lehnübersetzung nach engl. cross-examination (L059 DWb1873) ›besondere Form des Verhörs nach englischem Recht‹, übertragen ›intensives Verhör‹ Konnte der Heizer überhaupt noch reden, ja und nein sagen, wie es bei dem Kreuzverhör… nötig sein würde (A149 Franz Kafka, Der Verschollene, 33), auch redensartlich jmdn. ins Kreuzverhör nehmen.
Kreuzweg
1 ›Stelle, wo sich Wege kreuzen‹ (1640),
2 ›Prozessionsweg mit den 14 Leidensstationen‹.
Kreuzzug ersetzt älteres (mhd. ) Kreuzfahrt seit dem 18. Jahrhundert (L305 Christoph Ernst Steinbach 1734), vgl. J.G.Hamann, Kreuzzüge des Philologen (1762);
kreuzigen ›ans Kreuz schlagen‹, ahd. cruzigon, mhd. kriuzigen, symbolisch nach Galater 5,24 ›abtöten‹: Liebeswerke und Bußübungen, womit sie ihre Eitelkeit kreuzigte (Schiller). Veraltet sich kreuzigen ›ein Kreuz zum Schutz gegen böse Geister schlagen‹; uneigentlich weil eure Bürger sich vor den Faustrechtszeiten kreuzigen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götter, Helden und Wieland, 38,33,21), jetzt nur noch sich bekreuzigen.