Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kraft
ahd. / mhd. kraft, altgermanisch (engl. craft mit besonderer Bedeutungsentwicklung). Allgemein ›Fähigkeit, etwas zu bewirken aufgrund körperlicher oder geistiger Voraussetzungen‹. Der Begriff ist dadurch noch weiter ausgedehnt, daß nach Analogie der menschlichen Tätigkeit auch leblosen Dingen, von denen eine Wirkung ausgeht, Kraft beigelegt und schließlich die Kraft mit einer Art von Personifizierung verselbständigt wird. In der Rechtssprache (schon mhd. ) ›Gültigkeit‹, jetzt beschränkt auf bestimmte Formeln:⊚⊚ in Kraft bleiben/ treten/ setzen; außer Kraft setzen; mit rückwirkender Kraft; vgl. alle Kundige bestätigen mir Eures Anspruchs Kraft (Schiller); dazu rechtskräftig. Auch altes Fachwort der ⇓ "S169" Physik, vgl. I.A153 Immanuel Kants Schrift Von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte (1747); ↑ "Schwerkraft", Dampfkraft, Wasserkraft, Kernkraft; Kraftstoff, Kraftwerk usw. Für das jetzt und schon seit dem 16. Jahrhundert (wohl zunächst in der Kanzleisprache) wie eine Präposition verwendete
kraft erscheinen früher Verbindungen von Kraftmit einer Präposition: durch Kraft (durch Kraft der Zeichen und Wunder Luther); aus Kraft; besonders in Kraft, noch bei Lessing (in Kraft allein des Rings) und Schiller (in Kraft dieses angemaßten Rechts gab Ferdinand die Entscheidung). Schon althochdeutsche Ableitungen
kräftig und
kräftigen; dazu ⇑ "bekräftigen", "verkraften".
Kraftfahrzeug"S138" »Als Kraftfahrzeuge gelten Wagen oder Fahrräder, welche durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein« (Reichsgesetz 1909/ 10; L396 ZADS24,335), ⇓ "S094" kurz Kfz (L056 Duden 141954); älter
Kraftwagen"S149" (8L056 Duden 1905) ⇓ "S123" unter den Verdeutschungen für ↑ "Automobil". Das österreichische Armeeoberkommando führte am 14.8.1917 "Auto" statt Kraftwagen ein (L396 ZADS1917,242).
Kraftrad"S149" 1918 ⇓ "S071" L273 Otto Sarrazin für älteres Motorrad (↑ "Motor") (11L056 Duden 1934), in der Heeressprache etwa 1936 zu ⇓ "S112" Krad (Plural Kräder) verkürzt.
Kraftwort (L284 Justus Georg Schottelius 1663,455) hier im Plural ›Worte, die Gewicht haben‹, z. B. um einen Streit zu schlichten; dann v. a. wie Kraftausdruckvulgäres, derbes Wort‹ (Goethe; L059 DWb), schriftlich oft »punktiert«: »Sch… !«
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