Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Korn
Neutr. , ahd. / mhd. korn, gemeingermanisch, verwandt mit ↑ "Kern", urverwandt lat. gleichbedeutend granum. Ursprünglich ›Samenkorn‹, vgl. Hanfkorn, Hirsekorn, Mohnkorn, Pfefferkorn, Senfkorn usw., insbesondere Samenkorn der verschiedenen Getreidearten. Daher der Plural Körner früher ›Getreide‹, in allgemeinerem Gebrauch aber ist statt dessen der Singular als Stoffbezeichnung: ein Scheffel Korn. Man bezeichnet auch das unausgedroschene Getreide einschließlich der Halme als Korn, ebenso das noch auf dem Feld stehende Getreide; vgl. die Flinte ins Korn werfen (↑ "Flinte"). Während einerseits Korndie verschiedenen Getreidesorten in sich vereinigt, wird es andererseits speziell auch von derjenigen gebraucht, aus der das landesübliche Brot gebacken wird, in den meisten Gegenden für den Roggen (vgl. L171 Paul Kretschmer 389,614). ⇓ "S023""S077" Auch der aus Getreide hergestellte Branntwein heißt einfach Korn, ist aber Maskulinum (⇑ "Kümmel", "Kirsch" usw.). Nach anderer Seite hin hat sich die Verwendung des Wortes ausgedehnt, indem es für die kleinsten fest zusammenhängenden Stücke anorganischer Massen gebraucht wird: Goldkorn, Hagelkorn, Sandkorn, Schrotkorn (↑ "Schrot"); dann auch für die Bestandteile eines größeren mineralischen Gefüges: je feiner das Korn ist, desto vollkommener ist der Marmor (Winckelmann); daher Korn früher Bezeichnung für den Feingehalt von Münzen (↑ "Schrot"); jetzt fachsprachlich für die feine bzw. grobe Beschaffenheit von Oberflächen (Film mit grobem Korn). Das Kornam Gewehrlaufe ist nach der ursprünglichen Gestalt benannt; dazu⊚⊚ aufs Korn nehmen; auf dem Korne habenseine Absichten auf etwas richten‹ (18. Jahrhundert). Korn als Gewicht für edle Metalle ist Verdeutschung von "Gran", "Grän" (lat. granum, franz. grain), einer Bezeichnung, die der wirklichen Verwendung von Getreidekörnern zum Wiegen entstammt. Einen krankhaften Auswuchs am Augenlid bezeichnet ↑ "Gerstenkorn". In der Terminologie der Meistersinger sind Körner Verse, die nicht innerhalb einer Strophe, sondern mit dem entsprechenden Vers einer anderen Strophe reimen; Ursprung dunkel.
Kornblume 15. Jahrhundert nach dem Standort (zu landschaftlichen Bezeichnungen vgl. L048 DWA V).
körnen heute fachsprachlich ›zerkleinern, körnig machen‹, ⇓ "S015" früher ›(Vögel, Wild) durch das Streuen von Körnern anlocken‹; bildlich das Mädchen selbst, mit welchem er mich körnt (Lessing); von allem abgetrennt, was die Sehnsucht möchte körnen (G.A.Bürger); wenn ich den Schlaf bis auf wenige Schritte herangekörnt hatte (Jean Paul). Zusammensetzung ankörnen, vgl. mit Eid und Pflicht soll mich niemand mehr ankörnen (Goethe); um durch einen Wink oder Blick mich anzukörnen (Musäus);
körnig (frühnhd.) ›in der Form von Körnern‹; auch körnicht (L059 DWb), übertragen wie ↑ "kernig" im Sinne von ›aufrichtig, das Wesentliche offenbarend‹, im 18. Jahrhundert besonders mit Bezug auf den sprachlichen Ausdruck ›ohne Umschweife, schnörkellos‹: Seine Worte sind überall der Sprache angemessen: nachdrücklich und körnicht, wenn er lehrt(C.W.Ramler/ G.E.Lessing: Wörterbuch, in: Friedrichs[!] von Logau Sinngedichte 1759, [Anhang],3).
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