Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Knecht
ahd. / mhd. kneht, westgermanisch (engl. knight ›Ritter‹), berührt sich in der Bedeutung ursprünglich nahe mit ⇑ "Knabe", "Knappe". Die Bedeutungen ›männliches Kind‹ und ›junger Mann‹ setzen sich in der Literatur bis ins 16. Jahrhundert fort und leben in Resten noch mundartlich. Doch tritt frühzeitig der Bezug auf dienende Stellung in den Vordergrund. Mittelhochdeutsch erscheint Knecht häufig in dem gewöhnlichen Sinn von ↑ "Knappe", auch für den ritterbürtigen (edeler kneht, Edelknecht). Mit dem Aufkommen des Söldnerwesens die Bedeutung ›Soldat‹, nicht bloß in Zusammensetzungen wie "Landsknecht", Kriegsknecht, Fußknecht (frühnhd.), sondern auch für sich stehend. Wie Knappe war Knecht Bezeichnung für den Gesellen in verschiedenen Handwerken; J.A008 Johann Beckmann, Technologie (1777) VI nennt Müller, Bäcker, Schuster, Brauer, Gerber; Müllerknecht noch bei Goethe. Auch Beamte in öffentlichen Diensten hießen Knecht: Amtsknecht, Kirchenknecht, Stadtknecht u.dgl. Allmählich wurde es auf niedrige Stellungen beschränkt, nicht mehr den Gegensatz zu ↑ "Meister", sondern nur zu ↑ "Herr" bildend, außerdem durch das als vornehmer geltende ↑ "Diener" zurückgedrängt (bis in die wilhelminische Zeit fortlebend). Es blieb für die in der Landwirtschaft beschäftigten Leute: Hofknecht, Pferdeknecht, Stallknecht (vergleichbar ↑ "Magd", veraltend), aber auch für andere Stellungen: Bootsknecht, Brauknecht, Fuhrknecht, Hausknecht, Reitknecht, Schinderknecht. Andererseits ist Knecht in der älteren Zeit auch geradezu ›Unfreier, Sklave‹, genauer (leib)eigener Knecht. In freierem Sinn konnte auch jeder Untergebene im Verhältnis zu dem Übergeordneten als Knechtbezeichnet werden, vgl. der Herzog bleibt doch, wie wir alle, des Kaisers Knecht (Schiller); die Kinder Israel sind meine Knechte(A180 Martin Luther, 3.Mose 25,55); Knecht RuprechtDiener Jesu Christi‹ (L059 DWb). Vgl. weiter L046 DRWb. Bildlich der Sünde Knecht (Johannes 8,34); Kapitalistenknecht (1929 A040 Alfred Döblin, Alexanderplatz 314). Gerätschaften, die dem Menschen dienen, heißen Knecht: "Stiefelknecht", ⇓ "S239" früher Lichtknecht, und manches andere in der Handwerkersprache. Auf die Tierwelt übertragen WeberknechtSpinne mit langen Beinen, die kein Netz baut‹ (landschaftlich auch ↑ "Schuster", ↑ "Schneider", Zimmermann, Opa Langbein, Habergeiß, Hochbeiner, ↑ "Kanker" usw., vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 4–55; ⇑ "weben", "Geiß", "hoch", "lang", "Mann", "Opa"); teilweise auch ›Mücke mit langen Beinen‹ (↑ "Schneider"). AbgeleitetKnechtschaft, A180 Martin Luther, Emilia Galotti 4,24,
knechtisch, um 1500 (im 18. Jahrhundert gebraucht, wo wir jetzt "sklavisch" vorziehen),
knechtenzum Knecht machen, unterdrücken‹ erst seit dem 19. Jahrhundert
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