Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
klein
ahd. kleini, mhd. kleine. Als ⇓ "S012" Gegensatz zu ↑ "groß" entspricht es diesem in allen seinen Verwendungsweisen fast genau. Gleichbedeutend ahd. luz(z)il, mhd. lützel endet im 16./ 17. Jahrhundert (noch in Luxemburg < Lützelburg). Von Besonderheiten sind noch anzumerken: ein klein wenig, flexionslose Form des Adjektivs, die man auch in ein klein (neben kleines) bißchen zu gebrauchen pflegt, neben dem substantivierten wenig, das sonst kein Adjektiv neben sich leidet; von klein auf wie von Kind auf; meine Kleinemein Schatz‹ (18. Jahrhundert); umgangssprachlich etwas Kleines (›ein Kind‹) bekommen, haben; A180 Martin Luther-Bibel über ein Kleinesnach Verlauf einer kleinen Zeit‹ (Johannes 16,16); es ist noch um ein Kleineses wird nicht mehr lange dauern‹; gelegentlich noch 20. Jahrhundert bei kleinemallmählich‹ (vgl. franz. peu à peu); klein beigeben (↑ "beigeben"). Wendungen mit prädikativem kleinwie kleinhacken, kleinmachen, kleinmahlen, kleinschneiden (bei Luther auch klein zermalmen) haben den Sinn ›in kleine Stücke schneiden‹ usw. Entsprechend kurz und klein schlagen. An diese Verwendung schließt sich das Verb zerkleinern gegenüber ↑ "verkleinern". Die unsinnliche Verwendung entspricht gleichfalls der von ↑ "groß", vgl. kleiner Geist, Sinn; kleine Leute (um 1850 ⇓ "S192" Schlagwort; L181 Otto Ladendorf); ein kleiner Bauer usw. In der älteren Sprache hat kleinauch die Bedeutung ›fein, kostbar‹, die in Kleinschmied, Kleinod nachlebt (s. unten). Sie muß wohl als die ältere betrachtet werden. Das entsprechende altenglische Wort clœ̅ne (engl. clean) bedeutet ›rein‹, urverwandt griech. (Hesych) glainoí ›Schmuck‹.klitzeklein die Verstärkung im Sinne von ›sehr klein, winzig‹ aus dem Niederrheinischen (L059 DWb1873), wohl lautsymbolischen Ursprungs (L176 2Kluge/ Seebold), frühes 20. Jahrhundert umgangssprachlich und literarisch Mariefred ist eine klitzekleine Stadt am Mälarsee (A266 Kurt Tucholsky, Schloß Gripsholm 1931,40), gebucht 15L056 Duden 1961.
-klein in "Gänseklein", Hasenklein usw. ›Kopf, Füße, Eingeweide usw.‹, die nicht mitgebraten, sondern besonders zubereitet werden, zum Adjektiv klein. Südostdeutsch dafür -jung.
Kleinbahnschmalspurige Eisenbahn‹ 1892 amtlich.
Kleinbürger im Sinne von ›Spießbürger‹ wohl zuerst bei Börne um 1830, vorher vereinzelt im 18. Jahrhundert ›Arbeiter‹ (L059 DWb5,1106);
kleinbürgerlich 1838 Immermann,
Kleinbürgertum 1866 G.G.Gervinus.
KleindeutschlandDeutschland ohne Österreich‹ und Gegensatz Großdeutschland 1849 (L181 Otto Ladendorf).
kleinfügig (veraltet) bis ins 18. Jahrhundert wie ↑ "geringfügig"; dann auch gebraucht wie unser jetziges kleinlich (s. unten), vgl. laß kleinen Seelen solche kleinfügige Sorgen (Wieland); vielleicht scheint es kleinfügig, daß ich über das Wesen der Fabel zu reden fortfahre (Herder); auf so kleinfügige, schielende Weise (derselbe). Schon früher ⇓ "S239" untergegangen die einfachere Bildung kleinfüge.
Kleingärtner geht von Sachsen aus (L004 Johann Christoph Adelung 1796), der den KleingärtnerHäusler mit Garten«) von Großgärtnern unterscheidet; abwertend geistiger Kleingärtner (L098 2GWb).
Kleingeist Nicht von einem Kleingeiste, sondern von einem Manne von Genie (1774 A232 Christian F. Schubart, Deutsche Chronik 151).
Kleingeld Voß (L059 DWb).
Kleinhändler L031 Joachim Heinrich Campe Erg. 1801 für Detailhändler.
Kleinigkeit ist früher gleichbedeutend mit Kleinheit, das andererseits zuweilen in der heutigen Bedeutung von Kleinigkeit vorkommt. Im 18. Jahrhundert wird Kleinigkeiten oft als Übersetzung des franz. petite poésie für kleinere Gedichte heiteren Inhalts gebraucht. Umgangssprachlich
in Kleinigkeiten groß seinauf Unwichtiges sehr achten‹ (A054 Hans Fallada, Blechnapf 462).
Kleinkunst um 1860 als kunstgeschichtlicher Fachausdruck für Miniaturen usw.; ›Kabarett‹ nach dem 1. Weltkrieg.
kleinlaut (15. Jahrhundert) ursprünglich ›schwachklingend‹, vgl. seine Stimme ward kleinlaut (vor Rührung) (Voß). Heute nur als Gegensatz von großsprecherisch.  
kleinlich (mhd. ), im 18. Jahrhundert nicht bloß ›engherzig, pedantisch‹, sondern noch ›klein, unbedeutendform eines kleinlichen obelisken (Goethe; L059 DWb).
Kleinmeister (veraltet) bezeichnet im 18. Jahrhundert als Lehnübersetzung von franz. petit-maître einen Menschen, der sich durch allerhand Künste in der Gesellschaft angenehm zu machen sucht; dann auch jemand, der sich mit Wissenschaft und Literatur in kleinlicher Weise befaßt.
Kleinmut (16. Jahrhundert), ursprünglich Femininum, so noch im 18. Jahrhundert (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 14.12.89), ↑ "Demut". ⇓ "S183" Rückbildung aus mhd. kleinmuotic, ⇓ "S124" Lehnübersetzung von mittellat. pusillanimis.
Kleinod Ableitung aus klein, mhd. kleinœte. Der Plural lautete früher Kleinod, Kleinote, Kleinoter, der jetzige Plural Kleinodien ist an die latinisierte Form clenodium angelehnt. ⇓ "S226" Darin klein in der früheren Bedeutung ›fein‹ (s. oben); -od ist Ableitungssilbe ahd. odi, wie in ⇑ "Einöde", "Heimat". Es bezeichnet einen Gegenstand von geringem Umfang, aber von Wert durch Stoff oder darauf verwendete Arbeit, häufig im Mittelalter gebraucht für ein Gastgeschenk; ferner für ein Geschenk, das der Ritter von seiner Dame als Zeichen ihrer Gunst erhält und dann beständig bei sich trägt; für den Preis bei Wettkämpfen, vgl. 1.Korinther 9,24, danach öfter bei Klopstock. –
Kleinschmied (veraltet) ›Schmied, der feinere Arbeiten macht‹ (s. oben klein), im Gegensatz zum "Grobschmied", insbesondere ›Schlosser‹.
Kleinstaat,
Kleinstaaterei 1814 Jahn (L360 ZDW3,314).
Kleinstadt um 1840 nach älterem
Kleinstädter (1787) und
kleinstädtisch (1673 Chr.Weise).
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