Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kern
Pl. Kerne, mundartlich Kerner, früher auch schwach Kernen, ahd. kerno, mhd. kerne, verwandt mit ↑ "Korn". Neben der allgemein verbreiteten Bedeutung ›Kern von Nüssen oder Obst‹ finden sich landschaftlich, gewerblich und technisch beschränkte Verwendungsweisen. Vom Getreide ›einzelnes Korn‹ (einen Kern mit Kraft gefülltSchiller); ›das Innere der Getreidekörner‹ im Gegensatz zur ↑ "Hülse" (vgl. Grünkern); süddeutsch ›Getreide überhaupt‹, speziell ›Dinkel‹, besonders in enthülstem Zustand. Im Holz ›Mark‹ oder ›inneres, festeres Holz‹ im Gegensatz zu ↑ 1"Splint", das Kernholz, daher kernfaul, kernfest, kerngesund. In Salat- und Kohlköpfen ›Herz‹. Landschaftlich ist Kern ›Rahm der Milch‹. Bildlich überhaupt ›die inneren, durch Festigkeit oder Güte ausgezeichneten, auch die ursprünglichsten Teile einer Sache‹, vgl. das ⇓ "S074" geflügelte Wort des Pudels Kern ›Kern der Sache‹ nach A075 Johann Wolfgang von Goethe (Faust I,1323), daher auch kernhaft ›kräftig‹: eine fette und ziemlich kernhafte Figur (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 13.10.66), kernig (s.unten); so auch in Zusammensetzungen wie Stadtkern, Atomkern, Zellkern; dann auch ›besonders gute Art‹, auch mit Bezug »auf das menschenwesen« (L059 DWb, zuerst L308 Kaspar Stieler 1691) Hab' ich des Menschen Kern erst untersucht, / So weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 2, 3); vielfach in Zusammensetzungen: Kernmensch, Kernspruch, Kernlied usw. Auch von Metallen: Gold von reinstem Kerne (Uhland). Im 18. Jahrhundert ›gedrängter Auszug, Kompendium‹: Kern der deutschen Sprachkunst (Gottsched).kernen (ahd. kirnu›nucleo‹) in verschiedenem Gebrauch: Nüsse kernen im Sinne von ›auskernen‹; Schmalz kernt sich, wenn es erkaltet. Identisch das landschaftlich weit verbreitete kernen, auch hochdeutsch kirnen (von Margarine) ›buttern‹, das dann zu Kernin der Bedeutung ›Rahm‹ gehört. Es findet sich auch in den nördlichen germanischen Sprachen (engl. churn). Die niederdeutsche Form karnen erscheint auch bei Schriftstellern: frisch gekarnte Butter (Storm). Dazu Kernmilch landschaftlich ›Buttermilch‹ (niederdt. kernemelk, dän. kærnemælk).
kernig (Luther kirnig, L308 Kaspar Stieler 1691 kernicht, L003 Johann Christoph Adelung 1775 kernig) mit Bezug auf die Kerne im Obst (kernige Beeren, L004 Johann Christoph Adelung), auf Fleisch u.ä., aber auch übertragen auf Sprache (schon Luther kirnige wort) und Menschen (kerniger Knabe Jean Paul; L059 DWb).
Kernobst um 1700 (Apfel usw.) im Gegensatz zu Steinobst.
Kernseife ursprünglich um 1840 ›die beste Seife‹, dann Ende des 19. Jahrhunderts ›feste Seife‹ im Gegensatz zur Schmierseife, heute ›einfachste Seife‹ im Gegensatz zur Toilettenseife. Durch den Ausbau der ⇓ "S220" Atomtechnik zahlreiche neue Zusammensetzungen ⇓ "S149" :
Kernenergie Die Kernenergie ist nicht die Atombombe (A159 Heinar Kipphardt, Oppenheimer 204); Kernkraft, Kernphysik, Kernreaktor usw.; ↑ "nuklear".
kernig (Luther kirnig, L308 Kaspar Stieler 1691 kernicht, L003 Johann Christoph Adelung 1775 kernig) mit Bezug auf die Kerne im Obst (kernige Beeren, L004 Johann Christoph Adelung), auf Fleisch u.ä., aber auch übertragen auf Sprache (schon Luther kirnige wort) und Menschen (kerniger Knabe Jean Paul; L059 DWb).
Kernobst um 1700 (Apfel usw.) im Gegensatz zu Steinobst.
Kernseife ursprünglich um 1840 ›die beste Seife‹, dann Ende des 19. Jahrhunderts ›feste Seife‹ im Gegensatz zur Schmierseife, heute ›einfachste Seife‹ im Gegensatz zur Toilettenseife. Durch den Ausbau der ⇓ "S220" Atomtechnik zahlreiche neue Zusammensetzungen ⇓ "S149" :
Kernenergie Die Kernenergie ist nicht die Atombombe (A159 Heinar Kipphardt, Oppenheimer 204); Kernkraft, Kernphysik, Kernreaktor usw.; ↑ "nuklear".