Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Kanon
(1701; L081 FWb) < ⇓ "S082" griech.-lat. canon, wie dieses allgemein1Richtschnur, Maßstab‹, vgl.
"S211" unter aller Kanonesehr schlecht‹ analog älterem unter aller Kritik (I.A153 Immanuel Kant, AA 8,156) und entsprechend lat. sub omni canone ›unter aller Richtschnur‹ (1905 L360 ZDW7,361; A040 Alfred Döblin, Alexanderplatz 88), mit wohl sekundärer Anlehnung an ↑ "Kanone"; früh
2 speziell ›Vorgabe für einen Kettengesang‹, auch ›dieser selbst‹;
3 vielfach im ⇓ "S110" kirchlichen Bereich (vgl. 3L252 RGG), z. B. kurz für »Meß=Canon, die sacramentlichen Gebethe und Worte der Messe«, »Verzeichniß der… Heiligen, die Regel der Mönchsorden, kirchliche Decrete und Satzungen, besonders die Schlüsse der Concilien«,
4 ferner im Druckwesen »Name der dicksten deutschen Schrift« (L004 Johann Christoph Adelung);
5"S127" im 19. Jahrhundert »bei den alten Grammatikern das Verzeichnis der als mustergültig anerkannten oder klassischen Schriftsteller« (L264 Daniel Sanders 1871),
6 schließlich schulisch ›verbindliche Texte (als Pensum)Lektürekanon. Älter
kanonisch (1525; L081 FWb) ›maßgebend, anerkannt‹ < lat. (liber) canonicus, Gegensatz zu (liber)apocryphus, kanonisches RechtKirchenrecht‹; spätmittelhochdeutsch
kanonisierenheiligsprechen‹ (L215 Paul Möller).
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