Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Jugend
gemeingermanisches Abstraktum zu ↑ "jung" (vgl. engl. youth, got. junds; weiter lat. iuventus), ahd. jugund.1Zeit des Lebens, in der man jung ist‹, in älterer Zeit oft Gegensatz zu ↑ "Alter", weniger zu ↑ "Kindheit" (schon ahd. ). L200 Josua Maaler 1561 spricht von der (vorpubertären) jugendt die kein bart hat; Steinbach 1734 übersetzt von Jugend auf mit a pueritia (›Knabenalter, Kindheit‹) bzw. a parvulo (puero). Andererseits gibt es früh Eingrenzungen aus juristischen Motiven, z. B. bei Serranus 1539 und Dasypodius 1536 auf die Jahre 21–28 (vgl. weiter DRWb, HRG). Als besondere Phase der Persönlichkeitsentwicklung wurde die Jugend dann Gegenstand der Pädagogik (Rousseau), der (Jugend-)Psychologie und Soziologie.
2 Kollektivum ›junge Leute‹ (Maaler 1561), z. B. Schul-Jugend (Kramer 1700), Dorfjugend (1782; 2DWb). ⇓ "S145" Hitlerjugend (HJ). Die Hitlerjugend [usw.] ist aus unserer Zeit gar nicht mehr wegzudenken (L320 Trübner 1943). Neuprägung DDR: Freie Deutsche Jugend (FDJ).
3Jugendlichkeit‹, sei es negativ als Unreife: man muß seiner Jugend was zu gute halten (L308 Kaspar Stieler 1691), sei es als Idealzustand: ewige jugend bei niemals versiegender fülle (Schiller; L059 DWb). Zu Jugend(1 und 2):
Jugendbewegung vgl. H.Blüher, Wandervogel. Geschichte einer Jugend (1912);
Jugendkultur vgl. G.Wyneken, Schule und Jugend (1913);
Jugendliteratur vgl. H.Wolgast, Das Elend unserer Jugend (1896), weiter L256 2RL1,770ff.;
Jugendsprache
1 die Jugend Goethes, die Sprache seiner Schriften, die etwa bis zum Jahre 1776 entstanden sind (1885 K.Burdach, in: Ders., Vorspiel 2,39), danach etwa S.Waetzoldt, Die Jugend Goethes (1888);
2"S208"jugendliche Gruppensprache‹, z. B.H.Küpper, Wörterbuch.der deutschen Umgangsspr., Bd. 6: Jugenddeutsch von A bis Z, 1970, Einleitung; Jugend bezeichnet spezifische Sprech- und Schreibweisen, mit denen Jugendliche ihre Sprachprofilierung und damit ein Stück Identitätsfindung betreiben(H.Henne, in: Jahrbuch des Instituts für deutsche Sprache 1981,373); Jugend.. ist also ein spielerisches Sekundärgefüge(ders. , Jugend 1986,208); dafür zuvor u. a. Pennälersprache, "Schülersprache", "Studentensprache"; Sprache der Jugend bei H.Hirt, Etymologie der neuhochdeutschen Sprache 1909,243;
Jugendstil"S061" benannt nach der entsprechend illustrierten Zeitschrift ›Jugend‹ (ab 1896), verbreitet seit der Leipziger Kunstgewerbeausstellung von 1897 (L181 Otto Ladendorf);
jugendlich als Adjektiv schon althochdeutsch; die Substantivierung
Jugendlicher zuerst 1875 in juristischem Kontext: Wir zählen zu den sogenannten Jugendlichen unter unseren Gefangenen all diejenigen, welche bei ihrer Einlieferung das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (H.Wiessner, Blätter für Gefängniskunde 1875,146; vgl. L.Roth, Die Erfindung des Jugendlichen 1983,107).
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