Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Ironie
Fem. , < ⇓ "S081" griech. eironía, lat. ironiaursprünglich ›Verstellung beim Reden‹, dazu sokratische Ironiedie Kunst so zu fragen, daß die Sprechermeinung verborgen bleibt‹, ⇓ "S127" aber schon seit der Antike in der Rhetorik »Ein verspottung / da man mit den geberden / oder außsprechung & rede / ein anders meint / weder die wort lautend« (L037 Petrus Dasypodius 1536), d. h. ›eine Äußerung so benutzen, daß sie aufgrund eines flagranten Widerspruchs zur normalerweise zu unterstellenden Sprechermeinung nur als (indirekte) Mitteilung ihres Gegenteils verstanden werden kann‹; Campe (L032 Joachim Heinrich Campe Erg.) schlägt als Eindeutschung »Schalksernst« vor; bis ins 18. Jahrhundert noch in der lateinischen Form: per Ironiam und Schertzweiß (1654 Abele; L081 FWb), ebenso L330 Johann Christian Wächtler (1714; vgl. L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), danach wohl unter dem Einfluß des gleichlautenden franz. ironie in der heute üblichen Form: Warum wagte er sich an die Ironie eine Figur, die ihm zu hoch war (1739 Liscow; L081 FWb); durchaus bedient er [Rabener] sich der directen Ironie zu viel, daß er namlich das Tadelnswurdige lobt und das Lobenswurdige tadelt, welches rednerische Mittel nur hochst selten angewendet werden sollte (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 25,75 LH); Ironie haben wir nicht rief Nannerl, die schlanke Kellnerin, die in diesem Augenblick vorbeysprang aber jedes andre Bier können Sie doch haben… So, liebes Kind, avanzirt alles in dieser Welt, die Dummheit wird Ironie, verfehlte Speichelleckerey wird Satyre, natürliche Plumpheit wird kunstreiche Persiflage, wirklicher Wahnsinn wird Humor, Unwissenheit wird brillanter Witz, und du wirst am Ende noch die Aspasia des neuen Athens (A118 Heinrich Heine, Reisebilder, 6,14); er schrieb »einbauen« in Anführungsstrichen, als Zeichen, daß ihn die Ironie in seinem Angebot bewußt war (1990 Ch.A317 Christa Wolf, Was bleibt 62f.), ⇑ "Satire", "Polemik".ironischin der Weise der Ironie‹, schon im 16. Jahrhundert < lat. ironicus: Es ward vil darab verspottet, als es auch ain ironis ostentatio ist(1564 Zimmersche Chronik; L081 FWb); Wir konnen uns hier der Bemerkung nicht enthalten, daß das Gedicht [›Die Tatzenlecken‹ von Casti]… nicht sowohl poetisch ironisch, als direct satyrisch ist (A074 Johann Wolfgang von Goethe, 39,222 LH); seine Anspielung, ich hätte Ferien sehr nötig, konnte ja nur ironisch gemeint sein, denn ich war sonnengebräunt wie noch selten (M.A064 Max Frisch, Homo Faber 97);
ironisierenjmdn. oder etwas in ironischer Weise behandeln‹, im 18. Jahrhundert < franz. ironiser, vgl. Selbstironisierung (1845 Gutzkow; L081 FWb): Dabei hatte ich… das Gefühl, daß er mich ironisiere(Hesse; L337 WdG); ich suchte nach einer distanzierenden, ironisierenden Wendung (1996 U.A313 Uwe Timm, Johannisnacht 112).
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