Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Hut
1"S087" Fem. , ahd. huota, mhd. huote, verwandt mit ↑ 2Hut , wohl postverbale Bildung zu "hüten", ursprünglich ›aufmerksames Beobachten‹, in der neuern Sprache eingeschränkt auf Beobachtung zum Schutz vor drohender Schädigung, ↑ "Obhut"; veraltet speziell auf das Vieh bezogen; nach einer anderen Spezialisierung »militärisches Wachehalten« (mhd. ; vgl. L190 Lexer), danach wie ↑ "Wache" auch ›die wachthabende Mannschaft‹: sie gingen durch die erste und andere Hut (Luther); so noch in ⇑ "Vorhut", "Nachhut"; daran anknüpfend hie stehe ich auf meiner Hut und ich stelle mich auf meine Hut alle Nacht (beide Luther), abgeblaßt noch bei Lessing die Hut, auf der er desfalls beständig standdie Vorsicht, die er in dieser Beziehung beachtete‹, daher das jetzt allgemein übliche auf der (seiner) Hut sein, bei J. L.L078 Johann Leonhard Frisch auf der Hut stehen, »sich vorsehen, daß man nicht einen Fehler begehe, oder nicht Schaden leide« (L004 Johann Christoph Adelung).
hüten ahd. huotan, mhd. hueten, westgermanisch (engl. heed); nach 1Hutaufpassen, auflauern‹: sie hüeteten Tag und Nacht an den Toren, daß sie ihn töteten (Luther), im Sinne von ›bewachen, um Entrinnen, Anstiften von Unheil zu verhindern‹: fluchvolles Amt, die unheilbrütend Listige zu hüten (Schiller), sehr gebräuchlich in bezug auf Vieh. Statt der »moderner[en]… transitive[n] fügung« (L059 DWb) früher mit Genitiv: du sollst meines Volks Israel hüten (Luther), wo Freundlichkeit und Treu' der offnen Türe hüten (Wieland), ich hütete seiner (H. v.Kleist); abgeblaßt das Bett hüten »krank seyn« (L004 Johann Christoph Adelung), das Zimmer hütenes nicht verlassen‹, danach bei Goethe daß ich die Alten nicht hinter mir ließ, die Schule zu hüten; ↑ "Ladenhüter"; reflexiv ›sich in acht nehmen‹: Man kann sich vor ihm nicht genugsam hüten (L308 Kaspar Stieler), Hüthe dich, daß du nicht fällst (L004 Johann Christoph Adelung), als warnender Ausruf Hüte dich! (L308 Kaspar Stieler), als energische Zurückweisung eines Ratschlags ich werde mich hüten (L059 DWb); Zusammensetzungen ↑ "behüten", verhüten.
Hüter ahd. huotari, mhd. hüetære wie ↑ "Wächter" und Wärter (↑ "warten"), in Komposita bevorzugt (Torhüter, Türhüter, Feldhüter, "Ladenhüter" alle L308 Kaspar Stieler); seit dem 18. Jahrhundert nur noch »in der höhern und dichterischen Schreibart« (L004 Johann Christoph Adelung) und so übertragen im Sinne von ›BewahrerHüter des Gesetzes (frühnhd.; L059 DWb), der Ordnung, des Rechts etc.
2"S087" Mask. , ahd. / mhd. huot, westgermanisch, urverwandt lat. cassis›Helm‹; im Gegensatz zu ↑ "Haube" und ↑ "Mütze" ›steife Kopfbedeckung mit Krempe‹: Den Hut aufsetzen, Ohne Hut gehen (L004 Johann Christoph Adelung), als Bestandteil der Garderobe in der festern Verbindung in Hut und Mantelfertig zum Ausgehen‹, von alters her Freiheitssymbol: Man soll ihn [den Hut] mit gebognem Knie und mit / Entblößtem Haupt verehren (A222 Friedrich Schiller, Tell 1,3) und damit Herrschaftszeichen: wer / Den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaiser / Und Königen, der ist kein Mann der Freiheit (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 4,5), daher »zum Zeichen des Grußes oder der Ehrerbietung« (L004 Johann Christoph Adelung) den Hut vor jmdm. abnehmen, ziehen (mhd. sinen huot er abe nam; L258 Lutz Röhrich),
⊚⊚ vor einer Leistung / einem Menschen den Hut ziehen (L337 WdG) als Ausdruck der Anerkennung, ebenso umgangssprachlich Hut ab! (L320 Trübner); den Hut nehmen »sich bei jemandem verabschieden« (L059 DWb) und weitergehend den Hut nehmen müssenein Amt aufgeben müssen‹ (vgl. L337 WdG); als Ausdruck einer energischen Zurückweisung sich etwas an den Hut stecken können nach Das kannst du dir auf den Hut stecken(letztes Drittel des 19. Jahrhunderts; L258 Lutz Röhrich) zu einer militärischen Sitte der Ausgemusterten, sich eine Papierblume auf den Hut zu stecken; unter einen Hut bringeneinigen‹, bei L004 Johann Christoph Adelung noch anschaulicher Viele Köpfe unter Einen Hut bringen wollen »Eines Sinnes machen wollen« (L004 Johann Christoph Adelung); mit jmdm. / etwas nichts am Hute haben (L259 2Röhrich) ›mit jmdm. , etwas nichts zu schaffen, zu tun haben‹, die positive Version mit jmdm. , etwas am Hute haben(ebenda) ungebräuchlich; wohl eine Variation der Redensart alle unter einen Hut bringen: und wenn ihr halbweg ehrbar tut, / dann habt ihr sie all unterm hut (Goethe; L059 DWb); Hut symbolisch auch in Bischofshut, Doktorhut, Kardinalshut (L308 Kaspar Stieler); übertragen auf Hutähnliches: Hut des Pilzes, "Fingerhut", Zuckerhut; in der Zusammensetzung Hutschnur,
das geht über die Hutschnurdas geht zu weit‹ steht diese ursprünglich für die zulässige Stärke des Wasserstrahls eines Quellenmitbesitzers (L239 PBB58,296). ⇑ "Haube", "Kappe", "Mütze".Foltin, in: L061 DWEB 3, 204ff.
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