Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Hof
(ahd. ) gemeingermanisch (verwandt mit HübelHügel‹), altnordisch und altenglisch auch ›Tempel‹. Plural ursprünglich ohne Umlaut, daher noch der Dativ Plural in Ortsnamen wie Königshofen usw.; zunächst1eingefriedeter Raum, der das Haus umgibt oder von diesem teilweise mit eingeschlossen wird‹, dazu ↑ "Friedhof", Kirchhof (L037 Petrus Dasypodius), Gefängnishof (L218 Muret/ Sanders), Hinterhof (L308 Kaspar Stieler), häufig verbunden Haus und Hof; übertragen Hof um die Sonne, den Mond (1350 Konrad von Megenberg; L059 DWb);
2 mit den zugehörigen Gebäuden, v. a. ›landwirtschaftlicher Betrieb‹, "Bauernhof" (mit zugehörigem Grundbesitz); ↑ "Gehöft"; speziell Gebäudekomplex des Grundherrn (Herrenhof), danach auch der eines Fürsten, daher übertragen als Personalkollektivum ›Fürst mit seiner Umgebung‹ (mhd. , Lehnbedeutung nach franz. cour?), dazu Hof haltenden Hof um sich versammeln‹,
den Hof machen (nach franz. faire la cour); ↑ "hübsch";
3 übertragen auf die Funktion "Gasthof" (L308 Kaspar Stieler), wie einfaches Hof mit näherer Bezeichnung z. B. Frankfurter Hof, Gerichtshof (L308 Kaspar Stieler), ↑ "Bahnhof", Betriebshof (L265 Daniel Sanders Erg.), "Schlachthof", auch Bauhof (L264 Daniel Sanders), Geflügelhof (L320 Trübner).
Hofmeister (historisch) mhd. hovemeister, wohl ⇓ "S125" Lehnübertragung von lat. maior domus (über mittelniederdt. hovemester ins Dänische und Schwedische entlehnt: hovemester, hovmästareKellner‹), unterschiedlich nach den Bedeutungen von Hof:
1Aufseher, der die Wirtschaftsräume eines Gutes unter sich hat‹, norddeutsch in der Form Homeister;
2Aufseher über Hofhaltung eines Fürsten‹, gewöhnlich Oberhofmeister;
3Erzieher der Kinder in einem Hause‹ (1642; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt): Du must doch eine Absicht haben, wenn Du einen Hofmeister nimmst und den Beutel… so weit aufthust (J.M.R.A174 Jakob Michael Reinhold Lenz, Der Hofmeister oder Vortheile der Privaterziehung 1,2); danach dann auch nach der Sitte des 18. Jahrhunderts ›erziehender Begleiter eines jungen Adeligen auf der Universität‹.
hofmeistern um 1600: ein würdiger Mann, der, ohne mich eben zu hofmeistern,.. (Goethe).
Hofstaat (1626; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) ›die Personen, die zum fürstlichen Hof gehören‹, übertragen [Lucianes] hofstaat vermehrte sich täglich(Goethe; L059 DWb), spöttisch der Minister… mit… Hofstaat (L337 WdG).
Hofstatt ahd. hovastat veraltet
1Stätte zu einem Gehöft‹ und
2Stätte, wo ein Fürst Hof hält‹: Eure Hofstatt ist der Sitz der Minne(Schiller); z. T. synonym mit Hofstaat (s. oben).
hofieren mhd. hovieren, zu Hof, um 1250. Zunächst
1bei Hofe aufwarten‹, daher bereits mittelhochdeutsch ›sich unterwürfig, schmeichlerisch gegen jmdn. benehmen‹ (mit Dativ) wie den Hof machen (s. Hof[2]); veraltet
2prächtig, gesellig leben‹ (mhd. ), die ihr alle Tage hofiert, alle Tage zu Gaste seid (Lessing). Veraltet
3seine Notdurft verrichten‹ (16. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) wahrscheinlich wortspielerisch an Hof(1) angelehnt, da man sich zu diesem Zweck auf den Hof begab.
höfisch mhd. hövesch, ⇓ "S124" Lehnübersetzung von altfranz. curteis, ↑ "hübsch"; mit Beziehung auf einen Fürstenhof, speziell für das am Hof als schicklich geltende Benehmen ein so schlechter Hausrath fordert nicht auf, sich höfisch zu unterhalten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wanderjahre 24,346,11).
höflich mhd. hovelich, ursprünglich synonym zu höfisch (s. oben): höfliches Benehmen daher eigentlich ein Benehmen, wie es sich bei Hof geziemt, seit dem 15. Jahrhundert nur noch im Sinne von ›wohlerzogen‹ (vgl. L059 DWb); dazu P.F.Ganz, Der Begriff des »Höfischen« bei den Germanisten, in: Wolfram Studien 4,16ff.
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