Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Grund
ahd. / mhd. grunt(wurzelverwandt mit "Grind", "Grand"), gemeingermanisch (engl. ground); ›Unterlage, von der etwas getragen wird, auf der etwas ruht‹ (↑ "Boden"); so zunächst1 ›Erdboden‹,
1.1 auf den Besitz kultivierter Erde bezogen grunt und eigen (ahd. ; L059 DWb), ⇓ "S243" grund und boden (1429; L059 DWb), in diesem Sinn in der Zusammensetzung Grundbirne (besonders südwestdt. für ›Kartoffel‹, ⇑ "Birne", "Kartoffel"); dazu Grundstück (1571), Grundbesitz (s. unten), Grundeigentum, Grundherr, Grundsteuer; daneben
1.2 ›Vertiefung‹, von Gewässern: Still ist der Grund meines Meeres: wer erriethe wohl, dass er scherzhafte Ungeheuer birgt! (A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 150); auch im Sinne von ›Tal‹: auf Bergen und in Gründen (Luther); in einem kühlen Grunde(Eichendorff); häufig in Ortsnamen Plauenscher Grund, Taubergrund; ↑ "Abgrund"; auch auf Gefäße bezogen: Das Dicke setzt sich auf den Grund (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem 17. Jahrhundert auch auf die Substanz selbst bezogen; in festen Verbindungen Biß auff den Grund (L105 Georg Henisch), Auff den Grund komen / die warheit gwißlich finden (ebenda), gleichbedeutend auf den Grund gehen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), zugrunde gehen (mhd. ), seit dem 18. Jahrhundert »figürlich, verderbt werden« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), Etwas zu Grunde richten (L308 Kaspar Stieler) ›ruinieren‹; redensartlich zunächst ›völlig‹: er ist im Grunde / in Grund und Boden nichts nutz (L169 Matthias Kramer), abgeblaßt ›eigentlich‹: im Grunde meynt er es… gut (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem 19. Jahrhundert im Grunde genommen; seit dem Mittelhochdeutschen übertragen wie "Tiefe": des herzen grunt (L320 Trübner), von Grund seines Hertzen… lieben (L169 Matthias Kramer), seit der ⇓ "S142" Mystik des 14. Jahrhunderts Grund der Seele (H.Kunisch, in: L062 DWGI2,256); seit dem Mittelhochdeutschen
1.3 ›Fundament‹, seit dem 16. Jahrhundert übertragen mit dem Begriff von ›wesentlich‹, ›unentbehrlich‹ im Sinne von ›Voraussetzung‹: Grund fundament legen (L105 Georg Henisch), seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitet: Den Grund zu seinem Glücke legen (L003 Johann Christoph Adelung 1775), fest in den Verbindungen von Grund aus/ auf (mhd. ), aus dem Grund; dazu Grundlegung, zugrunde legen, Grundzüge, Grundlinien, Grundgedanke, Grundsatz, Grundbegriff (s. unten),auch ⇓ "S228" verstärkend bei Adjektiven (mhd. ) grundbrav, grundehrlich, grundgescheit, grundgütig, grundgelehrt; seit dem 18. Jahrhundert ⇓ "S168" philosophisch speziell ›letztes Prinzip‹: Gott ist der Grund (L003 Johann Christoph Adelung 1775), gott als einem moralischen grunde (I.Kant; L059 DWb); daneben auch
1.4 im Sinne von »argument« (L105 Georg Henisch): Mit guten gründen… berichten(ebenda), Grunde vorbringen (L169 Matthias Kramer), Wichtige Gründe haben (L003 Johann Christoph Adelung 1775), dazu "Beweggrund"; im Sinne von
1.5 ›Ursache‹ Der Grund… daran die sach gelegen ist (L105 Georg Henisch), häufig in der Litotes Ich sage es nicht ohne Grund (L308 Kaspar Stieler), was hast du vor Grund dazu? (L305 Christoph Ernst Steinbach), Aus was für einem Grund glaubst du das? (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit der Aufklärung in der festen Verbindung im Plural: aus Gründen der Vernunft (A177 Gotthold Ephraim Lessing 7,9); auch im Sinne von
1.6 ›Anfang‹ Die ersten Gründe der Weltweisheit (L003 Johann Christoph Adelung 1775), Anfangsgründe; ohne den Begriff der Tiefe
2 ›Fläche, von der sich etwas abhebt‹: Grund eines Gemahls [›Gemäldes‹] (L169 Matthias Kramer) »die erste Farbe, womit die Fläche überzogen wird« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), den Grund auftragen (ebenda), Blaue Blumen auf rothem Grunde (ebenda), so auch bei Stickarbeiten (L169 Matthias Kramer); hierher auch »der hinterste Theil eines Gemähldes« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), dazu "Vordergrund", "Hintergrund", Mittelgrund; zum philosophischen Begriff vgl. L138 HWbPh.
Grundanschauung Ende des 18. Jahrhunderts zunächst im Sinne von ›Bewußtwerdung‹, dann allgemeiner ›Haltung, Einstellung‹: politische grundanschauung (D.F.Strauß; L059 DWb);
Grundbegriff früheres 18. Jahrhundert »bey den neuern Weltweisen… ein Begriff… aus welchem viele andere begreiflich und erweislich werden«: wie in der Metaphysik Raum, Zeit und Kraft drei Grundbegriffe sind (A121 Johann Gottfried Herder 3,137), Geschichtliche Grundbegriffe, Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland (1972ff., = L086 GG); speziell auf die wissenschaftlichen Einzeldisziplinen bezogen ›das Wesen einer Wissenschaft beschreibendes terminologisches Inventar‹: die grundbegriffe der physik und chemie (Goethe; L059 DWb);
Grundbesitz (L003 Johann Christoph Adelung 1775), zuvor Grundbesitzer (1696; L046 DRWb4,1173);
Grundfeste ahd. gruntfesti, mhd. gruntveste; ursprünglich ›Fundament‹; seit dem Frühneuhochdeutschen übertragen, besonders im Plural und in der Verbindung mit erschüttern: die grundfeste… des erdreichs wird sich müssen erschüttert… haben (Schottel; L059 DWb);
Grundgesetz 1645 im Plural als ⇓ "S124" Lehnübersetzung von lat. leges fundamentales; im Sinn des Staatsrechts: nach den grundgesetzen des reiches (1758; L059 DWb), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland(23.5.1949); naturwissenschaftlich grundgesetz der vegetation (1818; L059 DWb); auch allgemein ›Prinzip‹: der liebe grundgesätzen(Lohenstein; L059 DWb);
Grundlage (1588; L059 DWb); besonders seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts verbreitet für Grund(1.3); zunächst
1 konkret ›Fundament‹; daneben zumeist übertragen
2 ›bestimmende Kraft, Wesenszug‹: Die Grundlagen deines Glückes (L003 Johann Christoph Adelung 1775); auch im Sinne von ›Voraussetzung‹: der chor die grundlage des griechischen dramas (Platen; L059 DWb);
grundlos mhd. gruntlos, grundelos; konkret zu Grund(1); seit dem 18. Jahrhundert übertragen zu Grund(1.3) ›ohne Berechtigung‹, ›ohne Motiv‹: ein grundloses Vorgeben (L003 Johann Christoph Adelung 1775);
Grundrecht (1292; L059 DWb); ursprünglich ›Grundzins‹, dann auch ›Recht des Grundherrn‹; allgemein ›unangreifbares Recht, Naturrecht‹, seit Mitte des 19. Jahrhunderts die definierten Freiheiten und Rechte des Staatsbürgers: Die Grundrechte des deutschen Volkes (20.12.1848), vgl. L086 GG2, 1047ff.;
Grundriß (1632, L164 Friedrich Kluge), besonders bautechnisch, dem ↑ "Aufriß" entsprechend; übertragen ›Entwurf‹ einen Grundriß gemachet, an dem ich künftig fortarbeiten kann (L091 Johann Christoph Gottsched, Sprachkunst, Vorrede);
Grundsatz ⇓ "S071" L283 Justus Georg Schottelius 1641 für den grammatischen Begriff lex vel regula fundamentalis; seit etwa 1700 ›Prinzip‹, auf persönliches Handeln bezogen Er hat seine eigenen Grundsätze über Tugend (L033 Joachim Heinrich Campe), ein mann von grundsätzen(1797; L059 DWb); im Sinne von ›Axiom‹ (Wolff) die drey grundsätze in der ontologie (Gottsched; L059 DWb), abgeblaßt ›Regel‹; dazu zuvor grundsätzlich (Fischart; L059 DWb);
Grundton (1735; L059 DWb); ursprünglich in der ⇓ "S141" Musik ›Ton, auf dem ein Akkord aufbaut‹, ›tiefster Ton‹, übertragen ›bestimmender Wesenszug‹; auf den optischen Eindruck bezogen ›Hauptfarbe, Basis bildende Farbe‹;
Grundwortschatz (1955; P.Kühn, Der Grundwortschatz 1979) ⇓ "S208" »ein unter bestimmten Gesichtspunkten systematisch reduzierter Wortschatz« (L189 Theodor Lewandowski), dafür u. a. Kernwortschatz, Mindestwortschatz, Minimalwortschatz, Bedarfswortschatz, auch Grunddeutsch (J.A.Pfeffer, in: L093 GQ1962), vgl. engl. basic English.
Grundzug (1780 Schiller) »der vornehmste, wesentliche Theil eines Dinges«: Grundzüge des Charakters (L004 Johann Christoph Adelung);
gründen ahd. grunten, mhd. gründen; veraltet
1 intransitiv konkret ›Grund finden‹: es [das Wasser] war so tief, daß ich nicht mehr gründen konnte (Luther); auch ›sondieren‹ (vom Schiffer), dazu ergründen eigentlich ›bis auf den Grund von etwas kommen‹; anders im Sinne von ›Grund haben‹ stille Wasser gründen tief (Wieland), daß unter dem Abgrunde der Abgrund gründet (Immermann); vereinzelt ›festen Grund fassen‹: das Herz, in dem die Wesen alle gründen (Lenau);
2 transitiv zu Grund(1.3) ›im Grund fest machen‹: im tiefen Boden bin ich gegründet (spricht ein Blümchen) (Goethe), häufiger in bezug auf Gebäude ›fundamentieren‹, worin dann leicht auch schon die Fertigstellung mit einbegriffen erscheint: es [das Haus] war auf einen Felsen gegründet(Luther), an der Schwelle der starkgegründeten Wohnung(Voß), feste Mauern will sie gründen (Schiller), übertragen du hast vorhin die Erde gegründet (Luther), danach bei Goethe auf der wohlgegründeten, dauernden Erde; übertragen ›sicher sein‹ so ihr anders bleibt im Glauben gegründet und fest (Luther), Rechtswissenschaft, in der er schon gut gegründet war (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 18.3.16), die topographische Karte… welche der Hauptmann durch einige trigonometrische Messungen sicher zu gründen wußte (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,41,7); seit dem 15. Jahrhundert abgeblaßt ›neu schaffen, ins Leben rufen‹: eine Stadt, ein Reich gründen, einen Verein, eine Aktiengesellschaft gründen; übertragen ›untermauern‹, ›stützen‹: Theorien, welche man auf die Natur zu gründen vorgibt (Wieland), Ansprüche, Forderungen auf etwas gründen; häufiger reflexiv ›sich auf etwas stützen‹ (mhd. ) Liebe, die sich nicht auf Achtung gegen mein Selbst gründet (Schiller); seit dem 15. Jahrhundert häufig adjektivisch im Partizip Prät. ›berechtigt‹ gegründete (ungegründete) Hoffnungen haben, ↑ "begründen"; bis ins 19. Jahrhundert
3 von Malern, Kupferstechern, Färbern ›den Grund zurechtmachen, auf den etwas aufgetragen werden soll‹, dafür jetzt nur noch
grundieren ›die erste Farbe auftragen‹ (Ende des 18. Jahrhunderts);
Gründer (L308 Kaspar Stieler), erst im 18. Jahrhundert geläufig ›Begründer, Stifter‹, »nach 1870 in den sog. ›gründerjahren‹ als bezeichnung für einen unreellen, schwindelhaften und betrügerischen unternehmer« (L059 DWb; vgl. L181 Otto Ladendorf); dazu Gründerära oder
Gründerzeit Schultze, der in der Gründerzeit mit dreihundert Talern spekuliert und in zwei Jahren ein Vermögen erworben hatte (1891 A060 Theodor Fontane, Mathilde Möhring 2), auch Gründungsperiode (1892 H.Normann, Politisches Konversations-Lexikon) für die hektische wirtschaftliche Aufbauphase, heute gewöhnlich ohne den pejorativen Nebensinn;
gründlich ahd. gruntlihho, mhd. grüntlich, gruntlich; ›völlig, gänzlich‹, häufig zur Bezeichnung von Zerstörung, abgeblaßt ›sorgfältig‹; seit dem Mittelhochdeutschen v. a. auf Geistiges bezogen: des titels gründlich erkentnis(Luther; L059 DWb), adverbial gruntlich von uns underrichtet(frühnhd.; L059 DWb); seit spätem 19. Jahrhundert umgangssprachlich ›gehörig, tüchtig‹: hier mal recht gründlich zwischen zu fahren (G.Hauptmann; L059 DWb);
Gründling (Anfang des 15. Jahrhunderts) für ahd. gruntula, mhd. grundel;
1 ›kleiner, auf dem Grund des Wassers lebender Fisch‹; nach engl. groundling
2 ›Zuschauer im Parterre‹ (im Globe Theatre): den Gründlingen im Parterre (Schlegel/ A239 William Shakespeare, Hamlet 3,2).
1.1 auf den Besitz kultivierter Erde bezogen grunt und eigen (ahd. ; L059 DWb), ⇓ "S243" grund und boden (1429; L059 DWb), in diesem Sinn in der Zusammensetzung Grundbirne (besonders südwestdt. für ›Kartoffel‹, ⇑ "Birne", "Kartoffel"); dazu Grundstück (1571), Grundbesitz (s. unten), Grundeigentum, Grundherr, Grundsteuer; daneben
1.2 ›Vertiefung‹, von Gewässern: Still ist der Grund meines Meeres: wer erriethe wohl, dass er scherzhafte Ungeheuer birgt! (A200 Friedrich Nietzsche, Zarathustra 150); auch im Sinne von ›Tal‹: auf Bergen und in Gründen (Luther); in einem kühlen Grunde(Eichendorff); häufig in Ortsnamen Plauenscher Grund, Taubergrund; ↑ "Abgrund"; auch auf Gefäße bezogen: Das Dicke setzt sich auf den Grund (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem 17. Jahrhundert auch auf die Substanz selbst bezogen; in festen Verbindungen Biß auff den Grund (L105 Georg Henisch), Auff den Grund komen / die warheit gwißlich finden (ebenda), gleichbedeutend auf den Grund gehen (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch), zugrunde gehen (mhd. ), seit dem 18. Jahrhundert »figürlich, verderbt werden« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), Etwas zu Grunde richten (L308 Kaspar Stieler) ›ruinieren‹; redensartlich zunächst ›völlig‹: er ist im Grunde / in Grund und Boden nichts nutz (L169 Matthias Kramer), abgeblaßt ›eigentlich‹: im Grunde meynt er es… gut (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem 19. Jahrhundert im Grunde genommen; seit dem Mittelhochdeutschen übertragen wie "Tiefe": des herzen grunt (L320 Trübner), von Grund seines Hertzen… lieben (L169 Matthias Kramer), seit der ⇓ "S142" Mystik des 14. Jahrhunderts Grund der Seele (H.Kunisch, in: L062 DWGI2,256); seit dem Mittelhochdeutschen
1.3 ›Fundament‹, seit dem 16. Jahrhundert übertragen mit dem Begriff von ›wesentlich‹, ›unentbehrlich‹ im Sinne von ›Voraussetzung‹: Grund fundament legen (L105 Georg Henisch), seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitet: Den Grund zu seinem Glücke legen (L003 Johann Christoph Adelung 1775), fest in den Verbindungen von Grund aus/ auf (mhd. ), aus dem Grund; dazu Grundlegung, zugrunde legen, Grundzüge, Grundlinien, Grundgedanke, Grundsatz, Grundbegriff (s. unten),auch ⇓ "S228" verstärkend bei Adjektiven (mhd. ) grundbrav, grundehrlich, grundgescheit, grundgütig, grundgelehrt; seit dem 18. Jahrhundert ⇓ "S168" philosophisch speziell ›letztes Prinzip‹: Gott ist der Grund (L003 Johann Christoph Adelung 1775), gott als einem moralischen grunde (I.Kant; L059 DWb); daneben auch
1.4 im Sinne von »argument« (L105 Georg Henisch): Mit guten gründen… berichten(ebenda), Grunde vorbringen (L169 Matthias Kramer), Wichtige Gründe haben (L003 Johann Christoph Adelung 1775), dazu "Beweggrund"; im Sinne von
1.5 ›Ursache‹ Der Grund… daran die sach gelegen ist (L105 Georg Henisch), häufig in der Litotes Ich sage es nicht ohne Grund (L308 Kaspar Stieler), was hast du vor Grund dazu? (L305 Christoph Ernst Steinbach), Aus was für einem Grund glaubst du das? (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit der Aufklärung in der festen Verbindung im Plural: aus Gründen der Vernunft (A177 Gotthold Ephraim Lessing 7,9); auch im Sinne von
1.6 ›Anfang‹ Die ersten Gründe der Weltweisheit (L003 Johann Christoph Adelung 1775), Anfangsgründe; ohne den Begriff der Tiefe
2 ›Fläche, von der sich etwas abhebt‹: Grund eines Gemahls [›Gemäldes‹] (L169 Matthias Kramer) »die erste Farbe, womit die Fläche überzogen wird« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), den Grund auftragen (ebenda), Blaue Blumen auf rothem Grunde (ebenda), so auch bei Stickarbeiten (L169 Matthias Kramer); hierher auch »der hinterste Theil eines Gemähldes« (L003 Johann Christoph Adelung 1775), dazu "Vordergrund", "Hintergrund", Mittelgrund; zum philosophischen Begriff vgl. L138 HWbPh.
Grundanschauung Ende des 18. Jahrhunderts zunächst im Sinne von ›Bewußtwerdung‹, dann allgemeiner ›Haltung, Einstellung‹: politische grundanschauung (D.F.Strauß; L059 DWb);
Grundbegriff früheres 18. Jahrhundert »bey den neuern Weltweisen… ein Begriff… aus welchem viele andere begreiflich und erweislich werden«: wie in der Metaphysik Raum, Zeit und Kraft drei Grundbegriffe sind (A121 Johann Gottfried Herder 3,137), Geschichtliche Grundbegriffe, Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland (1972ff., = L086 GG); speziell auf die wissenschaftlichen Einzeldisziplinen bezogen ›das Wesen einer Wissenschaft beschreibendes terminologisches Inventar‹: die grundbegriffe der physik und chemie (Goethe; L059 DWb);
Grundbesitz (L003 Johann Christoph Adelung 1775), zuvor Grundbesitzer (1696; L046 DRWb4,1173);
Grundfeste ahd. gruntfesti, mhd. gruntveste; ursprünglich ›Fundament‹; seit dem Frühneuhochdeutschen übertragen, besonders im Plural und in der Verbindung mit erschüttern: die grundfeste… des erdreichs wird sich müssen erschüttert… haben (Schottel; L059 DWb);
Grundgesetz 1645 im Plural als ⇓ "S124" Lehnübersetzung von lat. leges fundamentales; im Sinn des Staatsrechts: nach den grundgesetzen des reiches (1758; L059 DWb), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland(23.5.1949); naturwissenschaftlich grundgesetz der vegetation (1818; L059 DWb); auch allgemein ›Prinzip‹: der liebe grundgesätzen(Lohenstein; L059 DWb);
Grundlage (1588; L059 DWb); besonders seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts verbreitet für Grund(1.3); zunächst
1 konkret ›Fundament‹; daneben zumeist übertragen
2 ›bestimmende Kraft, Wesenszug‹: Die Grundlagen deines Glückes (L003 Johann Christoph Adelung 1775); auch im Sinne von ›Voraussetzung‹: der chor die grundlage des griechischen dramas (Platen; L059 DWb);
grundlos mhd. gruntlos, grundelos; konkret zu Grund(1); seit dem 18. Jahrhundert übertragen zu Grund(1.3) ›ohne Berechtigung‹, ›ohne Motiv‹: ein grundloses Vorgeben (L003 Johann Christoph Adelung 1775);
Grundrecht (1292; L059 DWb); ursprünglich ›Grundzins‹, dann auch ›Recht des Grundherrn‹; allgemein ›unangreifbares Recht, Naturrecht‹, seit Mitte des 19. Jahrhunderts die definierten Freiheiten und Rechte des Staatsbürgers: Die Grundrechte des deutschen Volkes (20.12.1848), vgl. L086 GG2, 1047ff.;
Grundriß (1632, L164 Friedrich Kluge), besonders bautechnisch, dem ↑ "Aufriß" entsprechend; übertragen ›Entwurf‹ einen Grundriß gemachet, an dem ich künftig fortarbeiten kann (L091 Johann Christoph Gottsched, Sprachkunst, Vorrede);
Grundsatz ⇓ "S071" L283 Justus Georg Schottelius 1641 für den grammatischen Begriff lex vel regula fundamentalis; seit etwa 1700 ›Prinzip‹, auf persönliches Handeln bezogen Er hat seine eigenen Grundsätze über Tugend (L033 Joachim Heinrich Campe), ein mann von grundsätzen(1797; L059 DWb); im Sinne von ›Axiom‹ (Wolff) die drey grundsätze in der ontologie (Gottsched; L059 DWb), abgeblaßt ›Regel‹; dazu zuvor grundsätzlich (Fischart; L059 DWb);
Grundton (1735; L059 DWb); ursprünglich in der ⇓ "S141" Musik ›Ton, auf dem ein Akkord aufbaut‹, ›tiefster Ton‹, übertragen ›bestimmender Wesenszug‹; auf den optischen Eindruck bezogen ›Hauptfarbe, Basis bildende Farbe‹;
Grundwortschatz (1955; P.Kühn, Der Grundwortschatz 1979) ⇓ "S208" »ein unter bestimmten Gesichtspunkten systematisch reduzierter Wortschatz« (L189 Theodor Lewandowski), dafür u. a. Kernwortschatz, Mindestwortschatz, Minimalwortschatz, Bedarfswortschatz, auch Grunddeutsch (J.A.Pfeffer, in: L093 GQ1962), vgl. engl. basic English.
Grundzug (1780 Schiller) »der vornehmste, wesentliche Theil eines Dinges«: Grundzüge des Charakters (L004 Johann Christoph Adelung);
gründen ahd. grunten, mhd. gründen; veraltet
1 intransitiv konkret ›Grund finden‹: es [das Wasser] war so tief, daß ich nicht mehr gründen konnte (Luther); auch ›sondieren‹ (vom Schiffer), dazu ergründen eigentlich ›bis auf den Grund von etwas kommen‹; anders im Sinne von ›Grund haben‹ stille Wasser gründen tief (Wieland), daß unter dem Abgrunde der Abgrund gründet (Immermann); vereinzelt ›festen Grund fassen‹: das Herz, in dem die Wesen alle gründen (Lenau);
2 transitiv zu Grund(1.3) ›im Grund fest machen‹: im tiefen Boden bin ich gegründet (spricht ein Blümchen) (Goethe), häufiger in bezug auf Gebäude ›fundamentieren‹, worin dann leicht auch schon die Fertigstellung mit einbegriffen erscheint: es [das Haus] war auf einen Felsen gegründet(Luther), an der Schwelle der starkgegründeten Wohnung(Voß), feste Mauern will sie gründen (Schiller), übertragen du hast vorhin die Erde gegründet (Luther), danach bei Goethe auf der wohlgegründeten, dauernden Erde; übertragen ›sicher sein‹ so ihr anders bleibt im Glauben gegründet und fest (Luther), Rechtswissenschaft, in der er schon gut gegründet war (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 18.3.16), die topographische Karte… welche der Hauptmann durch einige trigonometrische Messungen sicher zu gründen wußte (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,41,7); seit dem 15. Jahrhundert abgeblaßt ›neu schaffen, ins Leben rufen‹: eine Stadt, ein Reich gründen, einen Verein, eine Aktiengesellschaft gründen; übertragen ›untermauern‹, ›stützen‹: Theorien, welche man auf die Natur zu gründen vorgibt (Wieland), Ansprüche, Forderungen auf etwas gründen; häufiger reflexiv ›sich auf etwas stützen‹ (mhd. ) Liebe, die sich nicht auf Achtung gegen mein Selbst gründet (Schiller); seit dem 15. Jahrhundert häufig adjektivisch im Partizip Prät. ›berechtigt‹ gegründete (ungegründete) Hoffnungen haben, ↑ "begründen"; bis ins 19. Jahrhundert
3 von Malern, Kupferstechern, Färbern ›den Grund zurechtmachen, auf den etwas aufgetragen werden soll‹, dafür jetzt nur noch
grundieren ›die erste Farbe auftragen‹ (Ende des 18. Jahrhunderts);
Gründer (L308 Kaspar Stieler), erst im 18. Jahrhundert geläufig ›Begründer, Stifter‹, »nach 1870 in den sog. ›gründerjahren‹ als bezeichnung für einen unreellen, schwindelhaften und betrügerischen unternehmer« (L059 DWb; vgl. L181 Otto Ladendorf); dazu Gründerära oder
Gründerzeit Schultze, der in der Gründerzeit mit dreihundert Talern spekuliert und in zwei Jahren ein Vermögen erworben hatte (1891 A060 Theodor Fontane, Mathilde Möhring 2), auch Gründungsperiode (1892 H.Normann, Politisches Konversations-Lexikon) für die hektische wirtschaftliche Aufbauphase, heute gewöhnlich ohne den pejorativen Nebensinn;
gründlich ahd. gruntlihho, mhd. grüntlich, gruntlich; ›völlig, gänzlich‹, häufig zur Bezeichnung von Zerstörung, abgeblaßt ›sorgfältig‹; seit dem Mittelhochdeutschen v. a. auf Geistiges bezogen: des titels gründlich erkentnis(Luther; L059 DWb), adverbial gruntlich von uns underrichtet(frühnhd.; L059 DWb); seit spätem 19. Jahrhundert umgangssprachlich ›gehörig, tüchtig‹: hier mal recht gründlich zwischen zu fahren (G.Hauptmann; L059 DWb);
Gründling (Anfang des 15. Jahrhunderts) für ahd. gruntula, mhd. grundel;
1 ›kleiner, auf dem Grund des Wassers lebender Fisch‹; nach engl. groundling
2 ›Zuschauer im Parterre‹ (im Globe Theatre): den Gründlingen im Parterre (Schlegel/ A239 William Shakespeare, Hamlet 3,2).