Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
graben
ahd. graban, gemeingermanisch (engl. grave, verwandt altslaw. greba ›ich grabe‹);1eine Vertiefung ausheben‹,
1.1 mit dem Begriff der Tiefe (ahd. ), Er… grub tieff / vnd legete den grund auff den Fels(A180 Martin Luther, Lukas 6,48), verallgemeinert in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts: sie grub sich die nägel in die handflächen (1901; L059 DWb); bergmannssprachlich speziell ›schürfen, fördern‹ (ahd. ), silber graben (L080 Joannes Frisius 1556), präpositional mit nach (mhd. ): alle Egypter gruben nach wasser (A180 Martin Luther, 2.Mose 7,24), so erst neuer im Sinne von ›herausholen‹ übertragen umgangssprachlich (1937; L059 DWb); übertragen von geistiger Tätigkeit (mhd. ) die geschichtsforschung… grub sich in die urgeschichte (Gervinus; L059 DWb), von Gefühlslagen, reflexiv (frühnhd.) die Empfindungen der Männer… graben sich tiefer (Gellert; L033 Joachim Heinrich Campe); mit Bezug auf das Resultat: das ich diesen Brun gegraben habe (A180 Martin Luther, 1.Mose 21,30), dazu
⊚⊚ jmdm. eine Grube grabenjmdn. ins Verderben stürzen‹, biblischen Ursprungs: Jr… grabt ewern Nehesten gruben (A180 Martin Luther, Hiob 6,27), die Konstruktion des Sprichworts nach A180 Martin Luther, Sprüche Salomos 26,27; Sirach 27,29, gleichbedeutend jmdm. / etwas das Grab graben (1645; L059 DWb);
1.2 mit dem Begriff der Horizontale (ahd. ) so grept man ainen… graben (14. Jahrhundert; L059 DWb); auf eine Bewegung bezogen (ahd. ) durch den Acheron selbst grub sich Alcides arm (A121 Johann Gottfried Herder 26,227); daneben
2einritzen, stechengraben, bilden, schnitzlen (L105 Georg Henisch), allgemeiner Ich grüb es gern in jeden Kieselstein (W.Müller, Die schöne Müllerin), übertragen ›sich merken, behalten‹ (mhd. ) etwas ins Herz, in die Seele, ins Gedächtnis graben: die rede, die ich in din herze grabe (mhd. ; L059 DWb), so seit dem 18. Jahrhundert reflexiv; Zusammensetzungen ⇑ "abgraben", "begraben", "untergraben".
Grabahd. grab, mhd. grap; ›letzte Ruhestätte Verstorbener‹: Vnd sie kamen zum Grabe an einem Sabbather seer früe (A180 Martin Luther, Markus 16,2), dazu das Heilige GrabGrab Christi‹ (mhd. ), auch vom Ort des Todes: Das Wasser wird / Bald mein gewisses Grab (A121 Johann Gottfried Herder 15,296), im Vergleich
verschwiegen wie ein Grab: und davon schweigen… / o stumm wie ein grab (T.Körner; L059 DWb), Ich bin allein, wie im Grabe; wann erweckt mich deine Hand? (A030 Georg Büchner, Brief vom Februar 1834); in festen Verbindungen ihr zu frühes grab beweinen (Gottsched; L059 DWb), feuchtes Grab vom Tod durch Ertrinken, mit einem Bein/ Fuß im Grab stehen (frühnhd.; L059 DWb) zur Bezeichnung des nahen Todes, ein Geheimniß mit in das Grab nehmen (L033 Joachim Heinrich Campe); übertragen im Sinne von ›Untergang‹: der [Prozeß] wird mich noch… ins Grab bringen (A177 Gotthold Ephraim Lessing 2,3), Die Vertraulichkeit ist das Grab der Sitten (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung), etwas (eine Hoffnung, Vorstellung u.ä.) zu Grabe tragen (frühes 18. Jahrhundert; L059 DWb), zur Bezeichnung eines langen Zeitraums, im Sinne von ›Tod‹: treue Liebe bis zum Grabe (Hoffmann v. Fallersleben); zum Grab im ⇓ "S001" Aberglauben vgl. L140 HWDA;
Graben ahd. grabo, mhd. grabe, schwach flektiert bis ins 17. Jahrhundert (↑ "Backe"), Pl. Gräben (schon 1529; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt); ›längliche Vertiefung im Erdreich‹; militärisch Laufgraben (um 1600), "Schützengraben" (L059 DWb1899), besonders seit dem 1.Weltkrieg Grabenkampf usw. ⇑ "Gracht", "Grube", "grübeln".
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