Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Glück
mhd. gelücke (erstmals 1160), Etymologie unklar; ursprüngliche Bedeutung1Art, wie etwas ausschlägt, gelingt‹; es liegt zunächst nicht darin, ob zum Guten oder Bösen, daher wechselndes, schlechtes Glück usw.; häufig personifiziert (entsprechend lat. fortuna), wie mittelhochdeutsch häufig auch sælde; vgl. gelükke daz enhœret niht (Walther von der Vogelweide; L059 DWb), das blind glück (Luther; L059 DWb), das glück lacht mich an (1541; L059 DWb), das Glücke will mir wohl (L305 Christoph Ernst Steinbach); O die Kinder des Glüks, die frommen! (A131 Friedrich Hölderlin, Der Archipelagus);
2 schon mittelhochdeutsch auch enger ›günstiges Geschick, guter Ausgang, Erfolg‹, »auf jeden Fall bedeutete es etwas Schönes, etwas Gutes und Wünschenswertes« (H.Hesse, Glück, 1986,45), Gegensatz jetzt "Pech";
3 schließlich verinnerlicht im Sinn der seelischen Empfindung von Zufriedenheit, Freude, Wonne: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden! / Und lieben, Götter, welch ein Glück! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Willkommen und Abschied), unbestimmt in der steigernden Reihe: Nenn's Glück! Herz! Liebe! Gott! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,3454); in karger philosophischer Bestimmung bei Schopenhauer: Kommt zu einem schmerzlosen Zustand noch Abwesenheit der Langeweile, so ist das irdische Glück im wesentlichen erreicht (zitiert L138 HWbPh 3,705). In festen Verbindungen häufig abgeblaßt: sein Glück versuchen (ursprünglich ›herausfordern‹; mhd. ) ›etwas wagen, unternehmen‹, seit spätem 17. Jahrhundert sein Glück machenErfolg haben‹, im Partizip Prät. auch ›reich geworden sein‹; im Sinne von ›Erfolg, GunstGlück bei Frauen (Anfang des 18. Jahrhunderts); einem Glück bringen (L169 Matthias Kramer), z. B. beim Spielen (L003 Johann Christoph Adelung 1775); kleines Glück zur Bezeichnung von Bescheidenheit: Ich will auch mein kleines Glück, / neben meiner Karriere (A169 Franz Xaver Kroetz, Maria 104); im Gruß Glück auf! (1621; ↑ "wiedersehen", vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–45) seit dem 17. Jahrhundert bergmannssprachlich, substantivisch Glückauf: ein dreimaliges Glückauf! ertönte (Goethe, Die Schriften zur Naturwissenschaft [Leopoldina] I.1,64,5); im 17. und 18. Jahrhundert in der Höflichkeitsfloskel ›Vorzug, Gunst, Gelegenheit‹: wann ich das Glück hätte sie zu sehen (L169 Matthias Kramer); in Wunschformeln (viel Glück! usw.) zunehmend ⇓ "S227" verblaßt zum Ausdruck von Anteilnahme; von Glück sagen können(mhd. ) ›froh sein können‹; auf gut Glück (frühnhd.) ›auf Verdacht‹; im Sinne von ›günstiger Umstand, Zufaller hatte noch das Glück, sich fortzumachen(L169 Matthias Kramer); ironisch: mit vielem glück lächerlich gemacht (Lessing; L059 DWb); zum Glück seit Mitte des 18. Jahrhunderts abgeschwächt ›erfreulicherweise‹; elliptisch ein Glück (›gut‹), daß. ↑ "Unglück".
Glückskind (L200 Josua Maaler 1561) vielleicht nach lat. fortunae filius (Horaz, Satiren 2,6,49);
Glückspilz (1785; L059 DWb) zunächst und bis Mitte des 19. Jahrhunderts abwertend ›Parvenue‹, wohl nach engl. mushroom (›Pilz‹, auch ›Emporkömmling‹), dann synonym mit Glückskind: von glückspilzen und pechvögeln (1899; L059 DWb);
Glücksrad mhd. gelückes rat, heutige Form 17. Jahrhundert, Sinnbild des Glücks(1).
glückselig mhd. gelücksælec; bis Ende des 18. Jahrhunderts auch Eigenschaftsbezeichnung ›erfolgreich‹: wie er in allen stücken… vortrefflich glückselig gewesen (Bodmer; L059 DWb); zumeist wie glücklich(2) auf den Zustand bezogen: diese glückselige schwärmerey meiner… jugend (Wieland; L059 DWb), speziell religiös gedeutet: Vnd der Herr war mit Joseph / das er ein glückseliger Man ward (A180 Martin Luther, 1.Mose 39,2); dazu
Glückseligkeitmhd. gelücksælecheit; im 18. Jahrhundert philosophischer Gegenstand: Glückseligkeit ist die Befriedigung aller unserer Neigungen (I.Kant; L138 HWbPh 3,703);
Glückwunsch (1556; L059 DWb) abgeblaßt zur Bezeugung der Anteilnahme an einem freudigen Ereignis, häufig elliptisch: vor allem meinen glückwunsch(Schiller; L059 DWb);
glücken mhd. g(e)lücken; Perfekt mit sein, landschaftlich mit haben; ursprünglich bis ins 19. Jahrhundert allgemeiner ›enden, ausgehen‹; im heutigen Sinn ›gelingen‹, zunächst intransitiv mit sächlichem Subjekt: Solch ein Ragout es muß euch glücken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,100); häufig unpersönlich Villeicht glückt mir's auch (L105 Georg Henisch); seit spätem 17. Jahrhundert mit Infinitiv: manchem glückt es überall, ein idyll zu finden (Fontane; L059 DWb); ↑ "verunglücken".
glücklich mhd. gelückelich;
1 im Sinn einer Eigenschaft ›erfolgreich, geschickt‹: eine krankheit glücklich heilen(Paracelsus; L059 DWb), eine glückliche Hand zu spilen(L105 Georg Henisch), so glücklich in sonnetten(Fleming; L059 DWb);
2 bezogen auf Sachen, Verhältnisse ›gelungen, trefflich, angemessenglückliche verse (Ramler; L059 DWb);
3 auf einen emotionalen Zustand bezogen selten vor dem 18. Jahrhundert: Glücklich allein / Ist die Seele, die liebt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Egmont; 8,236f.), So glücklich wie ich… gibt es keinen Menschen unter der Sonne (Brüder A087 Jacob und Wilhelm Grimm, Hans im Glück); jmdn. glücklich machenerfreuenbücher… die ihn glücklich machen können (Moscherosch; L059 DWb), speziell ›lieben, heiraten‹ (1771; L059 DWb); abgeblaßt in der Floskel Ich bin noch nicht so glücklich gewesen, ihn zu sehen (L003 Johann Christoph Adelung 1775) ›hatte noch nicht den Vorzug‹, sich glücklich schatzen/ achten (L033 Joachim Heinrich Campe) ⇓ "S075" ;
4 seit dem 18. Jahrhundert abgeblaßt ›endlich, schließlich‹, häufig ironisch glücklich wieder an dem punkte, von welchem wir ausgiengen (Lessing; L059 DWb).
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