Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Glied
ahd. gilid, mhd. gelit, daneben noch einfaches lit (-des), gemeingermanisch;1 ›Körperteil‹ (dazu Gliedmaßen, ↑ "Maß"), häufig im Plural Und hinein mit bedächtigem Schritt / Ein Löwe tritt / … Und streckt die Glieder (A222 Friedrich Schiller, Der Handschuh, 2.1,274), kollektiv (besonders seit dem 16. Jahrhundert) im Sinne von ›Körper‹,
⊚⊚ etwas fährt jmdm. in die Glieder von plötzlicher Betroffenheit, etwas steckt in den Gliedern von einer Krankheit, die auszubrechen droht, auch von einer unangenehmen, noch nicht vergessenen Erfahrung; im Singular speziell ›Penis‹ (ahd. );
2 seit dem Frühneuhochdeutschen ›Teil einer Kette‹: zwo Keten… die gelied in einander hengend (A180 Martin Luther, 2.Mose 28,14), danach übertragen, in der festen Verbindung das verbindende glied (Schleiermacher; L059 DWb), fügt sich… ein glied in die kette unserer beweisführung(Dilthey; L059 DWb), fachsprachlich in der Grammatik (16. Jahrhundert) im Sinne von ›Satzteil‹, dazu Gesetz der wachsenden Glieder(O.Behaghel, in: Zeitschrift für Deutschkunde 44,86); militärisch ›geordnete Reihe von Soldaten‹ (16. Jahrhundert), in der festen Verbindung: trat feuernd in das glied (Fouqué; L059 DWb), dazu auch
⊚ in Reih und Glied (↑ "Reihe"); mathematisch ›Teile der Gleichung, einer Proportion‹ (zuerst 1695 im Kompositum Hinterglied, Vorderglied; L276 Alfred Schirmer, Mathematik); seit dem Mittelhochdeutschen
3 ›der Einzelne in einer sozialen Gruppe‹, ursprünglich kirchlich-religiös, seit dem Frühneuhochdeutschen auch wie "Mitglied": achzig gliedere des raths (1774; L059 DWb), in der festen Formel ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem Frühneuhochdeutschen ›Generation‹, seit dem 17. Jahrhundert auch zur Bezeichnung der Verwandtschaftsbeziehung: Glid der Sippschaft (L308 Kaspar Stieler), Die Sünden seiner Väter werden heimgesucht im dritten und vierten Glied (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1,1).
Gliederreißen 1726 ›Rheumatismus‹, ursprünglich ⇓ "S212" süddeutsch (nicht bei L004 Johann Christoph Adelung und L033 Joachim Heinrich Campe);
gliedern, im 13. Jahrhundert das Partizip gelidert (L059 DWb), transitiv, seit dem 18. Jahrhundert auch reflexiv, häufig im Partizip Prät. ›geordnet‹: ein gegliedertes Ganzes (Herder; L033 Joachim Heinrich Campe);
Gliederung (16. Jahrhundert; L059 DWb), erst im 18. Jahrhundert verbreitet, bei L004 Johann Christoph Adelung und L033 Joachim Heinrich Campe nicht verzeichnet.
⊚⊚ etwas fährt jmdm. in die Glieder von plötzlicher Betroffenheit, etwas steckt in den Gliedern von einer Krankheit, die auszubrechen droht, auch von einer unangenehmen, noch nicht vergessenen Erfahrung; im Singular speziell ›Penis‹ (ahd. );
2 seit dem Frühneuhochdeutschen ›Teil einer Kette‹: zwo Keten… die gelied in einander hengend (A180 Martin Luther, 2.Mose 28,14), danach übertragen, in der festen Verbindung das verbindende glied (Schleiermacher; L059 DWb), fügt sich… ein glied in die kette unserer beweisführung(Dilthey; L059 DWb), fachsprachlich in der Grammatik (16. Jahrhundert) im Sinne von ›Satzteil‹, dazu Gesetz der wachsenden Glieder(O.Behaghel, in: Zeitschrift für Deutschkunde 44,86); militärisch ›geordnete Reihe von Soldaten‹ (16. Jahrhundert), in der festen Verbindung: trat feuernd in das glied (Fouqué; L059 DWb), dazu auch
⊚ in Reih und Glied (↑ "Reihe"); mathematisch ›Teile der Gleichung, einer Proportion‹ (zuerst 1695 im Kompositum Hinterglied, Vorderglied; L276 Alfred Schirmer, Mathematik); seit dem Mittelhochdeutschen
3 ›der Einzelne in einer sozialen Gruppe‹, ursprünglich kirchlich-religiös, seit dem Frühneuhochdeutschen auch wie "Mitglied": achzig gliedere des raths (1774; L059 DWb), in der festen Formel ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft (L003 Johann Christoph Adelung 1775), seit dem Frühneuhochdeutschen ›Generation‹, seit dem 17. Jahrhundert auch zur Bezeichnung der Verwandtschaftsbeziehung: Glid der Sippschaft (L308 Kaspar Stieler), Die Sünden seiner Väter werden heimgesucht im dritten und vierten Glied (A222 Friedrich Schiller, Räuber 1,1).
Gliederreißen 1726 ›Rheumatismus‹, ursprünglich ⇓ "S212" süddeutsch (nicht bei L004 Johann Christoph Adelung und L033 Joachim Heinrich Campe);
gliedern, im 13. Jahrhundert das Partizip gelidert (L059 DWb), transitiv, seit dem 18. Jahrhundert auch reflexiv, häufig im Partizip Prät. ›geordnet‹: ein gegliedertes Ganzes (Herder; L033 Joachim Heinrich Campe);
Gliederung (16. Jahrhundert; L059 DWb), erst im 18. Jahrhundert verbreitet, bei L004 Johann Christoph Adelung und L033 Joachim Heinrich Campe nicht verzeichnet.