Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
gießen
ahd. giozan, mhd. giezen, gemeingermanisch (got. giutan), urverwandt lat. fundo/ fudi und griech. choe ›Guß‹; literarisch die älteren Formen du geuß(e)st, er geußt, geuß (↑ "bieten"); auf Flüssigkeiten bezogen ›schütten1 mit Richtungsbezeichnungen präpositional mit auf, in, über: einem den Nachtscherben über den Kopf gießen (L169 Matthias Kramer); mundartlich auch von festen Stoffen, so auch bei Voß: die gefiederten Pfeile goß er vor die Füße sich hin; seit dem Mittelhochdeutschen häufig auf Wunden bezogen, übertragen im Sinne von ›Schmerz stillen‹: was für Balsam… hast du mir… in mein verwundetes Herz gegossen (A177 Gotthold Ephraim Lessing 2,314,7);im Sinne von ›ganz erfüllen‹ seit dem Mittelhochdeutschen, zunächst unter Einfluß der ⇓ "S142" Mystik, seit dem 18. Jahrhundert reich belegt: giesse in mich… deinen starck vnnd grossen geist (Spee; L059 DWb), dazu ausgießen, allgemeiner von Licht und Sonne, von nichtreligiösen Empfindungen: geusz mir lieb in die brust(Hölty; L059 DWb); fachsprachlichem Gebrauch folgend ›formen‹, auch abwertend ›zwängen, verunstaltenreligionen… in ein model gießen(Grimmelshausen; L059 DWb);seit dem 17. Jahrhundert auch reflexiv wie "ergießen": nun goßen die Mengen… wie Bäche / Sich in den kommenden Strom (Sonnenberg; L033 Joachim Heinrich Campe); umgangssprachlich im Sinne von ›trinkensich einen hinter die Binde gießen (1901; L059 DWb) / sich einen auf die Lampe gießen (L320 Trübner);
2 transitiv als Kausativum,
2.1 fachsprachlich (ahd. ) eine Glocke gissen (L305 Christoph Ernst Steinbach), Kugeln gießen (1754; L059 DWb), im Druckwesen (16. Jahrhundert; L059 DWb); allgemeiner im abergläubischen Neujahrsbrauch Blei gießen;
2.2 seit dem Frühneuhochdeutschen ›wässernSalat gießen (L308 Kaspar Stieler);
3 seit dem Mittelhochdeutschen ohne Objekt, umgangssprachlich es wird starck gießenregnen‹ (L169 Matthias Kramer).
Gießkanne"S155" (1587; L059 DWb), ⇓ "S149" neu
Gießkannenprinzip (L097 GWb) meist abwertend von der gleichmäßigen, daher oft nicht nach Bedürftigkeit gehenden Verteilung öffentlicher Gelder.
Gießerei (1678; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) zu gießen(2.1) ›Betrieb zum Schmelzen und Verarbeiten von Metallen‹.
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