Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Gewerbe
(mhd. ) Verbalabstraktum zu "werben".1 Zunächst auch ›Gegenstand, der sich dreht, und mit Hilfe dessen etwas anderes gedreht wird‹; entweder am menschlichen Körper im Sinne von ›Gelenkallwo das Schenkelbein sich im Gewerbe dreht (G.A.Bürger); oder an Pflanzen und Geräten: wenn… das Stielchen [der Mimose] wie an einem Gewerbe niederklappt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 29,13,8).
2 Ebenfalls ursprünglich ›Geschäft, Tätigkeit‹, auch für eine einzelne Besorgung gebraucht, die man für sich selbst oder im Auftrag eines andern ausführt, daher auch geradezu
3Auftrag, Sache, Anliegensein Gewerbe ausrichten, anbringen, bestellen (Schiller), was ist dein Gewerbe? (›dein Auftrag‹) (L004 Johann Christoph Adelung), welch Gewerbe treibt dich durch des Tages Hitze den staubigen Pfad her? (Goethe); speziell mit Bezug auf das Werben um eine Frau, in älterer Sprache und noch öfters bei Musäus, z. B. daß Libussa dem Gewerbe der blühenden Ritterschaft, die um ihr Herz buhlte, widerstehen konnte.
4 In neuerer Zeit eingeengt auf »berufsmäßige Erwerbstätigkeit« (L337 WdG), gewöhnlich bezogen auf Handwerk und Handel (früher auch Landwirtschaft, Fischerei umfassend), das Gewerbe eines Bäckers, Fleischers usw., das Bankgewerbe, "Kunstgewerbe", Handel und Gewerbe, ein einträgliches, ehrliches Gewerbe;
das horizontale GewerbeProstitution‹ (2. Hälfte des 20. Jahrhunderts; L258 Lutz Röhrich);
5 veraltend auch ›Handwerksbetrieb‹, ›kleineres Handelsunternehmen‹ (L092 GoeWb). Dazu
Gewerbeaufsicht (2. Hälfte des 19. Jahrhunderts; L059 DWb);
Gewerbefreiheit (1773; L059 DWb), ⇓ "S124" Lehnübersetzung von engl. freedom of trade;
Gewerbetreibende Mask. , heute auch Fem. , (1806 Jahn; L059 DWb), älter Gewerbsmann (15. Jahrhundert; L059 DWb). Ferner
gewerblich (1482; L059 DWb), gebräuchlich erst mit beginnender Industrialisierung (vgl. L033 Joachim Heinrich Campe);
gewerbsmäßig (1833 Jahn; L059 DWb).
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