Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Gewalt
ahd. giwalt, mhd. gewalt, zu "walten", Fem. , althochdeutsch und mittelhochdeutsch auch häufig Maskulinum, noch bei Pestalozzi diesen verderblichen Gewalt. 1 Zunächst ›die Fähigkeit oder Befugnis, mit jmdm. oder etwas zu verfahren‹: väterliche, obrigkeitliche, gesetzgebende Gewalt; in jmds. Gewalt sein, etwas in seiner Gewalt haben, auch sich (selbst) in der Gewalt haben; Gewalt über etwas haben, frühneuhochdeutsch mit Genitiv, vgl. der des Todes Gewalt hatte (Luther). Wie "Macht" wird es zuweilen für das Wesen gebraucht, an dem die Gewalt haftet, vgl. mit sämtlichen Potentaten, größern und geringern Mächten und Gewalten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 27,304,25). Häufig geht Gewalt einher mit der Anwendung von Zwang: er mußte mit Gewalt dazu gebracht werden, man mußte Gewalt anwenden, er tat sich Gewalt an, er will mit aller Gewalt durch, jmdm. / etwas Gewalt antun, der Recht schaffet denen, so Gewalt leiden (Luther);
2 dann auch (gehoben) ›elementare Kraft‹ die Gewalt eines Sturms, Unwetters; höhere Gewalt um 1500 (wohl Lehnbedeutung nach lat. vis maior, franz. force majeure); übertragen die Gewalt der Leidenschaft, der Rede. ⇓ "S048" Zusammensetzungen Amtsgewalt, Befehlsgewalt, Brachialgewalt, Polizeigewalt, Regierungsgewalt, Schlüsselgewalt, "Staatsgewalt", Waffengewalt, Gewaltandrohung, Gewaltanwendung, Gewalteinwirkung, Gewaltfrieden, Gewaltmarsch, Gewaltmonopol, Gewaltverbrechen, Gewaltverzicht usw.; ferner
Gewaltakt (1866 G.Freytag; L059 DWb);
Gewaltenteilung 1.Hälfte des 20. Jahrhunderts (vgl. E. v.Beckerath (Hg.),Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Bd. 4, 1962ff.,502), vgl. Zerteilung der Gewalt (1761; L086 GG); Gewaltentrennung zunächst in der Form Gewaltstrennung (1846 L262 Carl von Rotteck/ L262 Carl Welcker);
gewaltfrei (1690; L059 DWb);
Gewaltherrschaft wohl 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts als Verdeutschung für Despotie (vgl. L032 Joachim Heinrich Campe Erg.);
gewaltlos (1711; L059 DWb);
Gewalttat (1.Hälfte des 16. Jahrhunderts; W.L244 Wolfgang Pfeifer),
Gewalttäter (1610; L059 DWb),
gewalttätig (1599; L059 DWb),
Gewalttätigkeit (1661 Zesen; L059 DWb).
gewaltig ahd. giwaltig, mhd. gewaltec, gewaltic, geweltic ›mächtig‹, teils relativ: über etwas gewaltig, frühneuhochdeutsch mit Genitiv; teils absolut, z. B. die gewaltige Hand Gottes (Luther). In der neueren Sprache ist die ursprüngliche Bedeutung etwas verdunkelt, so daß es zur Bezeichnung eines hohen Grades geworden ist: eine gewaltige Hitze, ein gewaltiger Schmerz; adverbial ›überaus, sehr‹ Ich schreibe gewaltig eilfertig (A101 Johann Georg Hamann, Briefe 1,86); Man irrt sich gewaltig (L092 GoeWb), Kurz darauf hörte Bill Brook seine beiden Kameraden gewaltig männlich schnarchen (A019 Wolfgang Borchert, Hundeblume 92); Zusammensetzungen allgewaltig, sprachgewaltig, stimmgewaltig, wortgewaltig.
gewaltsam (15. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), vgl. mittelhochdeutsches Substantiv gewaltsam Mask. ›Macht‹; ›durch Gewaltanwendung bewirkt‹ jmdn. gewaltsam festhalten, sich gewaltsam wach halten, ein gewaltsames Ende nehmen; dazu
Gewaltsamkeit um 1600 (1614; L059 DWb).
gewältigen
1 veraltet ›überwältigen, bezwingen‹, öfter bei Goethe (L092 GoeWb),
2 noch ⇓ "S033" bergmannssprachlich ›(einen Stollen) wieder zugänglich machen‹. ⇑ "bewältigen", "überwältigen", "vergewaltigen".
2 dann auch (gehoben) ›elementare Kraft‹ die Gewalt eines Sturms, Unwetters; höhere Gewalt um 1500 (wohl Lehnbedeutung nach lat. vis maior, franz. force majeure); übertragen die Gewalt der Leidenschaft, der Rede. ⇓ "S048" Zusammensetzungen Amtsgewalt, Befehlsgewalt, Brachialgewalt, Polizeigewalt, Regierungsgewalt, Schlüsselgewalt, "Staatsgewalt", Waffengewalt, Gewaltandrohung, Gewaltanwendung, Gewalteinwirkung, Gewaltfrieden, Gewaltmarsch, Gewaltmonopol, Gewaltverbrechen, Gewaltverzicht usw.; ferner
Gewaltakt (1866 G.Freytag; L059 DWb);
Gewaltenteilung 1.Hälfte des 20. Jahrhunderts (vgl. E. v.Beckerath (Hg.),Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Bd. 4, 1962ff.,502), vgl. Zerteilung der Gewalt (1761; L086 GG); Gewaltentrennung zunächst in der Form Gewaltstrennung (1846 L262 Carl von Rotteck/ L262 Carl Welcker);
gewaltfrei (1690; L059 DWb);
Gewaltherrschaft wohl 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts als Verdeutschung für Despotie (vgl. L032 Joachim Heinrich Campe Erg.);
gewaltlos (1711; L059 DWb);
Gewalttat (1.Hälfte des 16. Jahrhunderts; W.L244 Wolfgang Pfeifer),
Gewalttäter (1610; L059 DWb),
gewalttätig (1599; L059 DWb),
Gewalttätigkeit (1661 Zesen; L059 DWb).
gewaltig ahd. giwaltig, mhd. gewaltec, gewaltic, geweltic ›mächtig‹, teils relativ: über etwas gewaltig, frühneuhochdeutsch mit Genitiv; teils absolut, z. B. die gewaltige Hand Gottes (Luther). In der neueren Sprache ist die ursprüngliche Bedeutung etwas verdunkelt, so daß es zur Bezeichnung eines hohen Grades geworden ist: eine gewaltige Hitze, ein gewaltiger Schmerz; adverbial ›überaus, sehr‹ Ich schreibe gewaltig eilfertig (A101 Johann Georg Hamann, Briefe 1,86); Man irrt sich gewaltig (L092 GoeWb), Kurz darauf hörte Bill Brook seine beiden Kameraden gewaltig männlich schnarchen (A019 Wolfgang Borchert, Hundeblume 92); Zusammensetzungen allgewaltig, sprachgewaltig, stimmgewaltig, wortgewaltig.
gewaltsam (15. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), vgl. mittelhochdeutsches Substantiv gewaltsam Mask. ›Macht‹; ›durch Gewaltanwendung bewirkt‹ jmdn. gewaltsam festhalten, sich gewaltsam wach halten, ein gewaltsames Ende nehmen; dazu
Gewaltsamkeit um 1600 (1614; L059 DWb).
gewältigen
1 veraltet ›überwältigen, bezwingen‹, öfter bei Goethe (L092 GoeWb),
2 noch ⇓ "S033" bergmannssprachlich ›(einen Stollen) wieder zugänglich machen‹. ⇑ "bewältigen", "überwältigen", "vergewaltigen".