Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Gevatter
ahd. gifatero, mhd. gevater(e), ursprünglich schwaches Maskulinum (noch 17. Jahrhundert), jetzt gewöhnlich stark, mit kurzem abis ins Neuhochdeutsche, ⇓ "S124" Lehnübersetzung von mittellat. compater und insofern als »Übersetzungswort der christlichen Missionstätigkeit« (W.L244 Wolfgang Pfeifer)1.1 seit dem Althochdeutschen ›Taufzeuge‹ (in seinem Verhältnis zu den Eltern des Täuflings), dann auch
1.2Pate‹, noch im 16. Jahrhundert Gevatter stehenTaufzeuge sein‹ (Ayrer; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt),
zu Gevatter(n) stehen"S211" studentensprachlich ›im Pfandleihhaus, verpfändet sein‹ (1744; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), heute scherzhaft-ironisch ›helfend beteiligt sein‹ (L337 WdG), verliert es im Frühneuhochdeutschen die kirchenrechtliche Bedeutung (dafür "Pate"), und wird (schon im 15. Jahrhundert; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) zu
2.1vertrauliche Anrede unter Bekannten und Freunden‹, schriftlich: herzenslieber gevatter, landsmann, gönner und freund (Hamann an Herder; L059 DWb) und mündlich: Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam! / Was ist mit Euch geschehn? (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug 1);
2.2 »von der anrede aus geht der gebrauch… in die form der dritten person über« (L059 DWb), v. a. bei Handwerkern: gevatter maurer (Goethe; L059 DWb), gevatter kürschner (Freytag; L059 DWb); die abwertende Komponente: Laß sie gehen! sind Tiefenbacher, / Gevatter Schneider und Handschuhmacher (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Lager) wohl ⇓ "S211" studentensprachlich; insgesamt veraltet, teilweise scherzhaft, ironisch Gevatter Tod schon als Titel in den Fastnachtsspielen (L059 DWb); Gevattersmannder Ehemann der Gevatterin‹ (Sachs; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), dann auch ›Gevatter‹ (L308 Kaspar Stieler);
Gevatterin ahd. gifateraPatin‹ (sekundär zu gifatero), mhd. gevatere, ⇓ "S140" im 15. Jahrhundert Gevatterin (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), schon im Althochdeutschen »vertrauliche Anrede« (W.L244 Wolfgang Pfeifer), im 18. Jahrhundert wie Gevatter auch abwertend Frau Gevatterinn »heissen« die Studenten die »Obstweiber«, die sich mit Herr Gevatter revanchieren (L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 2,118). R.Hildebrandt, in: Festschrift für L.E.Schmitt 1988,672f.
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