Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Geschmack
ahd. gismac, mhd. gesmac, zu ↑ "schmecken", Plural Geschmäcke, scherzhaft seit Ende des 19. Jahrhunderts auch Geschmäcker; wie "schmecken"(2) ursprünglich, seit dem 19. Jahrhundert nur noch oberdeutsch auch1 auf den Geruchssinn bezogen; daneben und v. a.
2 auf die »Empfindung mittels Zunge und Gaumen« (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) bezogen, als Eigenschaft Geschmack verbessern (L105 Georg Henisch), einen Geschmack haben nach etwas (L169 Matthias Kramer), als allgemeinere Kennzeichnung: Ein Koch von einem schlechten Geschmacke (L003 Johann Christoph Adelung 1775);
3 seit Mitte des 17. Jahrhunderts (1651 Harsdörffer, 1687 Thomasius) als Lehnbedeutung nach franz. goût, span./ ital. gusto übertragen im Sinn eines ästhetischen Begriffs ›Schönheitssinn‹, L308 Kaspar Stieler bucht Kunstgeschmack; im 18. Jahrhundert weit verbreitet gleichsam als Epochenmerkmal: im groszen jahrhundert des geschmacks (1779; L059 DWb); in der philosophischen Reflexion: Ästhetik… was andere Kritik des Geschmacks heißen (I.A153 Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft; AA 3,50);
3.1 auf die individuelle Empfindung bezogen: Nur der Geschmack genießt, was die Gelehrsamkeit pflanzt (A222 Friedrich Schiller, Tab.Vot. 16, Der Philister), Der Geschmack allein bringt Harmonie in die Gesellschaft, weil er Harmonie in dem Individuum stiftet (A222 Friedrich Schiller, Ästhetische Erziehung; 20,410), ein guter, von gutem Geschmack (L169 Matthias Kramer), es ist nicht nach meinem Geschmacke(L305 Christoph Ernst Steinbach); das Subjektive redensartlich fest: über den Geschmack darf man nicht streiten(L033 Joachim Heinrich Campe) und Die Geschmäcke sind… verschieden(1824 Holtei; L320 Trübner);
3.2 hinsichtlich einer bestimmten Zeit der herrschende Geschmack (L003 Johann Christoph Adelung 1775), dazu Zeitgeschmack; in ethischer Deutung
3.3TonDas ist wider… den guten Geschmack(L033 Joachim Heinrich Campe); abgeblaßt
3.4Gefallen, Dafürhaltenfür meinen geschmack ist er zu jung (Freytag; L059 DWb).
geschmacklos (L003 Johann Christoph Adelung 1775) zu Geschmack(2); übertragen zu Geschmack(3) Geschmacklose Kleidungen (L033 Joachim Heinrich Campe); heute speziell auch zu Geschmack (3.3) ›anstößig‹: ein geschmackloser Witz; dazu Geschmacklosigkeit (Lessing);
geschmackvoll (Herder) zu Geschmack(3) ›von Schönheitssinn zeugend‹, ursprünglich auch auf Menschen bezogen dem geschmackvollen autor (Herder; L059 DWb); im Sinn einer Stilbeschreibung: geschmackvoll,… einfach und glatt; nicht Schnitzwerk oder Vergoldung (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea III,100);
geschmäcklerisch zu Geschmack(3) abwertend ›in übertriebener Weise auf den Schönheitssinn gerichtet‹, heute häufig in der Kunstkritik; abgeleitet aus
Geschmäckler (1776) »der in Sachen des Geschmackes zu wahlig ist, so daß ihm oft recht gute Sachen anekeln« (L033 Joachim Heinrich Campe).
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