Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Geschlecht
ahd. gislahti, mhd. gesleht(e) zu ↑ "schlagen"; Plural Geschlechter, früher Geschlechte (literarisch noch im 18. Jahrhundert); der Anwendungsbereich ist weitgehend bestimmt durch lat. genus;1Familie, Sippe‹: ich bin aus Tantalus' Geschlecht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 1,3); in den Reichsstädten GeschlechterPatrizierfamilien‹ (lat. genus nobile u.ä.), dazu Geschlechter Mask. ›Patrizier‹; im Sinne von ›Gesamtheit der Menschen‹ verallgemeinert das menschliche Geschlecht (lat. genus humanum); auf die Tierwelt bezogen ›Gattungdas Geschlecht der Katzen; übertragen zumeist abwertend wie SorteMenschenklasse von bestimmter Artdies Geschlecht von Mäklern (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 5,1); [ein] Galanteriehändler, der… jede Sorte seiner Waren mit einer diesem Geschlechte eigenen Zudringlichkeit vorwies (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 21,267,2);
2Generationein Geschlecht vergeht, das andere kommt (Luther), die Welt mit allen kommenden Geschlechtern (Schiller);
3 seit dem Mittelhochdeutschen ›sämtliche Merkmale, die ein Wesen als weiblich oder männlich kennzeichnen‹, männliches, weibliches Geschlecht, Lehnübersetzung von genus masculinum, femininum; ⇓ "S208" danach seit etwa 1400 (W.L244 Wolfgang Pfeifer) grammatisches Geschlecht, Gegensatz natürliches Geschlecht: Die Nahmen der Weiber / der weiblichen ampter / weiblichen Laster / … sind weibliches Geschlechtes (L284 Justus Georg Schottelius 265); für die Frauen
⊚⊚ das schöne Geschlecht (J.F.Reichardt, Gesänge für das schöne Geschlecht, 1775), das schwache Geschlecht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 6,102);
4 in botanischer und zoologischerTerminologie dem lat. genus entsprechende Kategorie: da man bei Linné's Lebzeiten schon manche Geschlechter in sich getrennt… ja sogar Classen aufgehoben hatte (A075 Johann Wolfgang von Goethe, II.6,117,11), ↑ "Gattung".
Geschlechtsteil 1794 Nemnich, ⇓ "S124" Lehnübersetzung von pars genitalis, gleichbedeutend
GeschlechtsorganI.Kant;
Geschlechtstrieb (L003 Johann Christoph Adelung 1775); Seine Ideen über Schönheit holt er ziemlich tief von unten herauf, denn er ruft dabei den Geschlechtstrieb zu Hülfe (A222 Friedrich Schiller an Goethe 12.9.94);
Geschlechtsverkehr (1915/ 16 S.A063 Sigmund Freud I,167);
Geschlechtswort"S071" L284 Justus Georg Schottelius 1641 für "Artikel" (L360 ZDW 15,44).
geschlechtlich (L033 Joachim Heinrich Campe 1808); zunächst zu Geschlecht(1,2); dann auch zu Geschlecht(3) ›sexuell‹: geschlechtliche unsittlichkeit (1839; L059 DWb), geschlechtliche liebe (L059 DWb);
Geschlechtlichkeit ein impertinenter geselle, der… eine… übertriebene geschlechtlichkeit zur schau trug (Heine; L059 DWb).
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